Monnier

[75] Monnier (spr. monnjē), 1) Henri, franz. Schriftsteller und Maler, geb. 6. Juni 1799 in Paris, gest. daselbst 3. Jan. 1877, war erst Gehilfe bei einem Notar, erhielt dann eine Stelle im Justizministerium und wandte sich schließlich der Malerei zu, indem er in das Atelier Girodets eintrat und sich zu einem ausgezeichneten Karikaturenzeichner ausbildete. Seine Illustrationen zu Bérangers Liedern und Lafontaines Fabeln, besonders aber seine »Scènes populaires, dessinées à la plume« (1835, mit den stereotyp gewordenen Figuren von Mr. Prudhomme, dem pedantischen, gespreizt feierlichen Schreiblehrer, und Mad. Gibou, der naiven, redseligen Pförtnerin) fanden großen Beifall und erhielten mehrere Fortsetzungen (neue Ausg. 1890). Später brachte er auch mehrere seiner Volkstypen mit Erfolg auf die Bühne und spielte dann selbst, namentlich in der Provinz, die Hauptrolle. Hierher gehören namentlich die Lustspiele: »Grandeur et décadence de Joseph Prudhomme« (1852), »Joseph Prudhomme, chef de brigands« (1860) u.a. Vgl. Champfleury, Henri M., sa vie, son œuvre (2. Aufl., Par. 1890).

2) Marc, franz. Schriftsteller, geb. 7. Dez. 1829 in Florenz als Kind eines Franzosen und einer Genferin, gest. 18. April 1885 in Genf, brachte einen großen Teil seines Lebens in Italien zu und erwarb sich gründliche Kenntnisse von den Zuständen und der Geschichte dieses Landes. Zeuge davon ist unter anderm sein berühmtes Pamphlet »L'Italie est-elle la terre des morts?« (Par. 1859). Durch seine Mutter kam er auch mit der Schweiz in nähere Verbindung. Er wirkte lange Jahre als Professor der Literatur in Genf. Außer seinen dramatischen Versuchen, worunter seine »Comédies de marionnettes« (gesammelt, Genf 1871) an Gozzis Manier erinnern, seiner Übersetzung von Goethes »Faust« (1875) und seinen NovellenLes amours permises«, 1861; »Nouvelles napolitaines«, 1879; »Le charmeur«, »Gian et Hans«, 1882; »Un détraqué«, 1883; »Le roman de Gaston Renaud«, 1884; »Après le divorce«, 1885) erwähnen wir von seinen Schriften: »Étude historique de la conquête de Sicile par les Sarrasins« (1847); »Le protestantismeen France« (1854); »Garibaldi, histoire de la conquête des Deux-Siciles« (1861); »Histoire du prigandage dans l'Italie méridionale« (1862); »La Camorra, mystères de Naples« (1863); »Pompéi et les Pompéiens« (1864); die ebenso geistreiche wie gelehrte Geschichtsstudie über das Theater: »Les aïeux de Figaro« (1868); »Poésies« (1871, 2. Aufl. 1877); »Genève et ses poètes« (1873, 2. Aufl. 1885); eine gereimte »Vie de Jésus« (1873); »Les contes populairesen Italie« (1880); »Récits et monologues« (1880); »Un aventurier italien du siècle dernier: le comte Jos. Gorani« (1884); das literargeschichtliche Werk »La Renaissance, de Dante à Luther« (1884, preisgekrönt von der französischen Akademie; deutsch, Nördling. 1888) und »La Réforme, de Luther à Shakespeare« (1885). Nach seinem Tod erschien noch »Vers bellettriens« (hrsg. von Ph. Godet, 1888). Vgl. Rambert, Écrivains nationaux suisses, Bd. 1 (Genf 1874).

3) Philippe, Sohn des vorigen, geb. 2. Nov. 1864 in Genf, studierte an der dortigen Universität und in München die Rechte und erwarb sich 1888 den Grad eines licenciéen droit. Von 1889–97 hielt er sich abwechselnd in Paris und Florenz auf, hauptsächlich mit literarhistorischen Studien beschäftigt, auch redigierte er während dieser Zeit die Chronique italienne der in Genf erscheinenden »Bibliothèque Universelle«. Seit 1897 lebt er wieder in Genf als Mitarbeiter des »Journal de Genève« und andrer Zeitungen. Er debütierte mit der reizenden Gedichtsammlung »Rimes d'écoliers« (Genf 1891) und veröffentlichte mehrere Bände geistvoller Skizzen meist novellistischer Natur: »Vieilles femmes« (Genf 1895), »Jeunes ménages« (das. 1899), »Causeries Genevoises« (das. 1902), »Le livre de Blaise« (das. 1904). Sein von der französischen Akademie preisgekröntes Hauptwerk ist »Le Quattrocento, essai sur l'histoire littéraire du XV. siècle italien« (Par. 1901, 2 Bde.). M. ist ein Meister des Stils und gilt als einer der ersten Schriftsteller der welschen Schweiz.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 75.
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