Pfleiderer

[743] Pfleiderer, 1) Otto, prot. Theolog, geb. 1 Sept. 1839 in Stetten bei Kannstatt, ward nach Reisen in England und Schottland Stiftsrepetent in Tübingen, wo er sich 1865 habilitierte. Nach einjähriger pastoraler Wirksamkeit in Heilbronn wurde er 1870 in Jena zum Oberpfarrer gewählt, vertauschte jedoch diese Stellung noch in demselben Jahre mit der eines ordentlichen Professors an der dortigen theologischen Fakultät und ward 1875 nach Twestens Tod als Professor der systematischen Theologie nach Berlin berufen. Er schrieb: »Moral und Religion« (gekrönte Preisschrift, Haarlem 1872); »Die Religion, ihr Wesen und ihre Geschichte« (Leipz. 1869, 2 Bde.; 2. Aufl. 1878); »Der Paulinismus« (das. 1873, 2. Aufl. 1890); »Religionsphilosophie auf geschichtlicher Grundlage« (Berl. 1878; 2. Aufl. 1883–84, 2 Bde.; 3. Aufl. in 1 Bd., 1896); »Zur religiösen Verständigung«, Vorträge (das. 1879); »Grundriß der christlichen Glaubens- und Sittenlehre« (das. 1880, 6. Aufl. 1898); »Das Urchristentum« (das. 1897; 2. Aufl.[743] 1902, 2 Bde.); »The development of theology in Germany since Kant« (Lond. 1890), in erweiterter deutscher Ausgabe: »Die Entwickelung der protestantischen Theologie in Deutschland seit Kant und in England seit 1825« (Freiburg 1891); »Die Ritschlsche Theologie kritisch beleuchtet« (Braunschw. 1891); »Philosophy and development of religion« (Gifford-Vorlesungen an der Edinburger Universität, Edinb. 1894, 2 Bde.); »Das Christusbild des urchristlichen Glaubens in religionsgeschichtlicher Beleuchtung« (Berl. 1903); »Die Vorbereitung des Christentums in der griechischen Philosophie« (Halle 1904); »Die Entstehung des Christentums« (Münch. 1905).

2) Edmund, philosoph. Schriftsteller, Bruder des vorigen, geb. 12. Okt. 1842 in Stetten, gest. 3. April 1902 in Tübingen, besuchte gleichfalls das Tübinger Stift, an dem er 1867–72 Repetent war, machte den deutsch-französischen Krieg als Feldgeistlicher mit und wurde nach kurzer pfarramtlicher Tätigkeit 1873 Professor der Philosophie an der Universität Kiel und 1878 in Tübingen. Er schrieb: »G. W. Leibniz als Patriot, Staatsmann und Bildungsträger« (Leipz. 1870); »Leibniz als Verfasser von zwölf anonymen Flugschriften« (das. 1870); »Erinnerungen und Erfahrungen eines Feldpredigers« (Stuttg. 1874); »Empirismus und Skepsis in David Humes Philosophie« (Berl. 1874); »Die Idee eines goldenen Zeitalters« (das. 1877); »Eudämonismus und Egoismus« (Leipz. 1880); »Kantischer Kritizismus und englische Philosophie« (Halle 1881); »Arnold Geulinx« (Tübing. 1882); »Leibniz und Geulinx« (das. 1884); »Lotzes philosophische Weltanschauung« (2. Aufl., Berl. 1884); »Die Philosophie des Heraklit von Ephesos im Lichte der Mysterienidee« (das. 1886); »Zur Lösung der platonischen Frage« (Freiburg 1888); »Erlebnisse eines Feldgeistlichen im Kriege 1870/71« (Münch. 1890); »Sokrates und Plato« (Tübing. 1896). In seinen philosophischen Ansichten nähert er sich Lotze.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 743-744.
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