[743] Pflegschaft ist die auf einzelne Angelegenheit oder einen besondern Kreis von Angelegenheiten einer Person oder einer Vermögensmasse gerichtete staatlich geregelte Fürsorge. Im Gegensatze zu ihr ist die Vormundschaft (s. d.) eine allgemeine, die Person und das Vermögen einer geschäftsunfähigen oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person betreffende Fürsorge. Die P. tritt also da ein, wo aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen eine bestehende elterliche Gewalt oder Vormundschaft nicht ausgeübt, bez. nicht eingesetzt werden kann. Für sie gelten im allgemeinen die gleichen Vorschriften wie für die Vormundscha ft (s. d.). Sobald der Grund der P. wegfällt, ist sie vom Vormundschaftsgericht aufzuheben (§ 1919). Zur Ausübung der P. wird vom Vormundschaftsgericht eine hierzu geeignete Persönlichkeit, der sogen. Pfleger, bestellt. Man unterscheidet nachstehende Arten der P.: 1) Ersatzpflegschaft, die für eine unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehende Persönlichkeit einzusetzen ist, zur Besorgung von Angelegenheiten, welche die Eltern oder der Vormund aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht besorgen kann. Dies wäre z. B. der Fall, wenn die Eltern oder der Vormund erkrankt oder abwesend, oder wenn sie gegen das Kind oder den Mündel einen Prozeß führen wollen (Bürgerliches Gesetzbuch, § 1909). 2) Gebrechlichkeitspflegschaft liegt vor, wenn einem Volljährigen, der infolge körperlicher Gebrechen (taub, stumm, blind) seine Angelegenheiten nicht versorgen kann und zur Besorgung seiner Angelegenheiten einen Pfleger erhält. Diese P. darf jedoch, falls Verständigung möglich, nur mit Einwilligung des Gebrechlichen angeordnet werden und ist auf seinen Antrag wieder aufzuheben (§ 1910 u. 1920). Sie endigt kraft Gesetzes mit Erledigung der betreffenden Angelegenheit, für deren Besorgung sie angeordnet wurde (§ 1919). 3) Abwesenheitspflegschaft wird für einen abwesenden Volljährigen, dessen Aufenthalt unbekannt oder dessen Rückkehr unbestimmt ist, zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten angeordnet, soweit eine Fürsorge sich nötig erweist (§ 1901). 4) Leibespflegschaft wird für eine Leibesfrucht zur Wahrung ihrer künftigen Rechte eingesetzt, falls sich eine Fürsorge notwendig erweist. In erster Linie steht diese Fürsorge jedoch den Eltern zu, falls das Kind, wenn es bereits geboren wäre, unter elterlicher Gewalt stehen würde. Sie endigt mit der Geburt des Kindes (§ 1912 und 1918). 5) P. für unbekannte Beteiligte ist einzusetzen, falls unbekannt oder ungewiß ist, wer bei einer Angelegenheit beteiligt ist (z. B. wer bei einem Unglücksfall beteiligt ist) und zwar auch hier nur sofern und inwieweit eine Fürsorge erforderlich ist (§ 1913). 6) P. für öffentlich gesammeltes Vermögen ist anzuordnen, falls ein durch öffentliche Sammlungen zusammengebrachtes Vermögen vorhanden ist, die Personen aber weggefallen sind, die zu dessen Verwaltung und Verwendung berufen waren (§ 1914). 7) Nachlaßpflegschaft, s. Nachlaßverwaltung. Zur Anordnung der P. ist das Vormundschaftsgericht, falls bereits eine Vormundschaft über die betreffende Person anhängig ist, zuständig, sonst das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Person ihren Wohnsitz und Aufenthaltsort hat, die Verwaltung des gesammelten Vermögens sich befindet. Hält es das Gericht für notwendig, so hat der Pfleger eine Sicherungshypothek auf seinen Liegenschaften eintragen zu lassen, durch welche die P. vor eventuellem Schaden, den der Pfleger zu tragen hätte, geschützt wird. Unter Pfleger versteht man vielfach auch eine Person, die zur Verwaltung einer Stiftung oder eines Stiftungsvermögens aufgestellt ist, d.h. Kirchenpfleger, Gemeindepfleger etc. Vgl. Bürgerliches Gesetzbuch, § 1909 ff., und Reichsgesetz in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 37 ff., und die bei Vormundschaft angegebene Literatur.