Philippson

[787] Philippson, 1) Ludwig, jüd. Gelehrter und Schriftsteller, geb. 28. Dez. 1811 in Dessau, gest. 29. Dez. 1889 in Bonn, studierte in Halle und Berlin klassische Wissenschaften und jüdische Theologie und folgte 1833 einem Ruf als Lehrer und Prediger an der Synagogengemeinde zu Magdeburg, der er später als Rabbiner vorstand, bis er 1861 krankheitshalber seine Tätigkeit aufgab und seinen Wohnsitz nach Bonn verlegte. An beiden Orten hat P. unermüdlich für die bürgerliche Gleichberechtigung seiner Glaubensgenossen und an der Hebung und Reform des Judentums gearbeitet, unter anderm durch das von ihm 1834 begründete »Israelitische Predigt- und Schulmagazin«, die 1837 an dessen Stelle gesetzte »Allgemeine Zeitung des Judentums«, mehrere Predigtsammlungen, das »Jüdische Volksblatt«, »Die israelitische Religionslehre« (Leipz. 1861–65, 3 Tle.) und »Israelitisches Gebetbuch« (2. Aufl., Berl. 1864); 1855 begründete er den Verein zur Förderung der jüdischen Literatur. Als Früchte von öffentlichen Vorlesungen erschienen: »Die Entwickelung der religiösen Idee im Judentum, Christentum und Islam« (Leipz. 1847–48, 2. Aufl. 1874; ins Englische und ins Französische übersetzt); »Über die Resultate in der Weltgeschichte« (das. 1860); »Die Religion der Gesellschaft« (das. 1848). Von seinen übrigen Schriften sind noch hervorzuheben die kritische Ausgabe der »Israelitischen Bibel« (2. Aufl., Leipz. 1859–62), »Wellbewegende Fragen in Politik und Religion aus den letzten 30 Jahren« (das. 1868–69, 2 Tle.), »Haben die Juden wirklich Jesum gekreuzigt?« (2. Aufl., das. 1901); »Rhetorik und jüdische Homiletik« (das. 1890; aus dem Nachlaß hrsg. von M. Kayserling). Seine »Gesammelten (belletristischen) Schriften« erschienen in 4 Bänden (Bresl. 1891–92). Vgl. Kayserling, Ludwig P. (Leipz. 1898).

2) Martin, Geschichtschreiber, Sohn des vorigen. geb. 27. Juni 1846 in Magdeburg, machte als Freiwilliger den Krieg gegen Frankreich mit, habilitierte sich 1871 in Bonn, ward 1875 außerordentlicher Professor für Geschichte daselbst, 1878 ordentlicher Professor an der Universität in Brüssel und 1886 Mitglied der belgischen Akademie der Wissenschaften. Im Dezember 1890 legte er, als Rektor der Universität Brüssel mit dem radikalen und deutschfeindlichen Teile der Studentenschaft in Konflikt geraten, seine Professur nieder und siedelte nach Berlin über. Er schrieb: »Geschichte Heinrichs des Löwen« (Leipz. 1868, 2 Bde.); »Heinrich IV. und Philipp III., die Begründung des französischen Übergewichts in Europa« (Berl. 1871–76, 3 Bde.); »Das Zeitalter Ludwigs XIV.« (in Onckens »Allgemeiner Geschichte«, 2. Aufl., das. 1889) und »Westeuropa im Zeitalter von Philipp II., Elisabeth und Heinrich IV.« (ebenda 1883; auch franz., Brüssel 1884); »Geschichte des preußischen Staatswesens vom Tode Friedrichs d. Gr. bis zu den Freiheitskriegen« (Leipz. 1880–82, Bd. 1 u. 2); »Histoire du règne de Marie Stuart« (Par. 1891–92, 3 Bde.); »Ein Ministerium unter Philipp II. Der Kardinal Granvelle am spanischen Hofe« (Berl. 1895); »Der Große Kurfürst« (das. 1897–1903, 3 Bde.); »Max von Forckenbeck« (Dresd. 1898); »Das Leben Kaiser Friedrichs III.« (Berl. 1893; 2. Ausg., Wiesb. 1900); die Biographien Philipps II. von Spanien und Heinrichs IV. von Frankreich in Gottschalls »Neuem Plutarch« u.a. In Grotes »Allgemeiner Weltgeschichte« bearbeitete er die neuere Zeit (Bd. 7–9, Berl. 1886–89).

3) Alfred, Geograph, Bruder des vorigen, geb. 1. Jan. 1864 in Bonn, studierte Geographie und Geologie und unternahm wiederholt größere Studienreisen nach Griechenland, Kleinasien und Rußland;[787] 1892 habilitierte er sich an der Universität Bonn; 1904 wurde er ordentlicher Professor der Geographie an der Universität in Bern, 1906 in Halle. Seine Hauptarbeiten sind: »Studien über Wasserscheiden« (Leipz. 1886); »Der Peloponnes« (Berl. 1892); »Thessalien und Epirus« (das. 1897); »Beiträge zur Kenntnis der griechischen Inselwelt« (Ergänzungsheft 134 zu »Petermanns Mitteilungen«, 1901); »Forschungsreisen im westlichen Kleinasien« (Berl. 1903); »Das Mittelmeergebiet, seine geographische und kulturelle Eigenart« (Leipz. 1904). Für Sievers »Allgemeine Länderkunde« schrieb er den allgemeinen Teil von »Europa«, das er dann in zweiter Auflage (Leipz. 1905) selbständig herausgab.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 787-788.
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