Analŏgie

[448] Analŏgie (v. gr.), Verhältnißmäßigkeit, Übereinstimmung von Dingen in bekannten Eigenschaften, bes. in bekannten Verhältnissen, sofern sich darauf die Annahme gründet, daß auch in anderer Beziehung gleiche Übereinstimmung Statt finden werde. Das Wort A. ist ein Kunstwort fast in allen Wissenschaften: 1) in der Grammatik die Gleichmäßigkeit der Wortbildung, im Gegensatz der Anomalie derselben; 2) in den schönen Künsten die Einheit u. Gleichförmigkeit der Darstellung etc.; 3) in der Hermeneutik die Übereinstimmung des Sinnes einer Stelle mit den bekannten Grundsätzen u. der Schreibart eines Schriftstellers, mit seiner Vorstellungsweise, seinen Sitten etc., die zur Zeit, wo er schrieb, u. unter der Nation, zu der er gehörte, herrschend waren etc. 4) In der Philosophie sind Analogien der Erfahrung Verstandesgrundsätze zur Erkenntniß von Erfahrungsgegenständen, die als solche nie zu völliger Gewißheit, sondern nur zur Wahrscheinlichkeit führen können. Die Schlußfolge nach A. drückt überhaupt aus, daß man in Erfahrungswissenschaften, also in dem ganzen Bereich der Naturlehre, bei vorhandener Ähnlichkeit u. unter übereinstimmenden Verhältnissen, dasselbe in nicht erkannten Bestimmungen (nach Wahrscheinlichkeit) erwartet od. voraussetzt; wo man[448] dann das Gegentheil erfährt, bezeichnet man dieses als Ausnahmen. 5) In der Mathematik bezieht sich A. rein auf Größenverhältnisse u. bezeichnet die Übereinstimmung dieser; s. Proportion. 6) In der Dogmatik die Analogie des Glaubens (Analogĭa fidĕi, Glaubensanalogie), aus Röm. 12, 6 entlehnt, bezieht sich auf einzelne Aussprüche der Bibel u. ist das gegenseitige Verhältniß derselben, nach welchem sich. dieselben nicht widersprechen, vielmehr gegenseitig sich erläutern, bestimmen u. begründen, od. die innere Übereinstimmung der wesentlichen Glaubensartikel. Die Analogie der heiligen Schrift bezieht sich auf alle Aussprüche der Bibel u. ist die Übereinstimmung der einzelnen Aussprüche in derselben, wonach die einen durch die andern erläutert u. bestimmt werden. 7) Die Rechts-A. in der Jurisprudenz leitet die Bestimmung des Rechts, beim Mangel eines wirklichen Gesetzes, aus der Vergleichung wirklicher Entscheidungen in einem ähnlichen Falle ab, deren Gegensatz dann Antinomie ist. 8) In der Medicin bedient man sich häufig der A., um bei Ähnlichkeit von Krankheitserscheinungen Übereinstimmungen derselben ihrer Natur nach vorauszusetzen, od. von, einander ähnlichen Heilstoffen gleiche Wirkung in ihrer Anwendung zu erwarten; sie ist, sofern sie nur Wahrscheinlichkeit zum Resultat hat, eine nur unvollkommene Induction. Daher Analogismus (Analogistik), Theorie u. Heilmethode, welche sich auf Analogien stützt; wesentlich die empirische.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 448-449.
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