Literat

[425] Literat (v. lat. Literatus), 1) eigentlich Gelehrter; bes. 2) Schriftsteller (s.d.), welche ohne amtliche Stellung od. sonstigen bestimmten Lebensberuf nur für u. von Schriftstellerei leben, namentlich wenn sich dieselbe auf Theilnahme an Zeitungen u. Zeitschriften, Besprechung von Tagesfragen, auf Romane u. andere belletristische Arbeiten, Übersetzungen u. populäre wissenschaftliche Schriften für das große Publicum beschränkt, nicht aber zu eigentlich gelehrten u. wissenschaftlichen Werken erhebt. Schriftsteller dieser Art finden sich schon gegen Ausgang des 17. Jahrh.; ihre Zahl hat aber namentlich seit der Zeit der Befreiungskriege so zugenommen, daß sie in größeren Städten (Berlin, Leipzig, Wien u.s.w.), bes. wenn dieselben für den Buchhandel von Bedeutung sind, einen eigenen Stand bilden, welcher in mehreren Fällen seine Interessen sowie die der Literatur u. Presse durch Zusammentreten zu Vereinen zu wahren gesucht hat. Der erste Verein dieser Art war der Leipziger, später Deutscher Literatenverein, welcher 1840 in Leipzig, als dem Mittelpunkte des deutschen Buchhandels, entstand, sich 1842 förmlich constituirte, aber mit den Bewegungen von 1848 zerfiel. Bei der großen Anzahl von Männern ohne Talent u. höhere Bildung, welche sich der Schriftstellerei zum großen Theile nur aus Scheu vor ernstern Pflichten od. gründlichern Studien zuwandten, konnte es nicht fehlen, daß Viele bald in ökonomische Verlegenheiten geriethen, auf diese Weise ihre Unabhängigkeit verloren u. ihre Feder jedem zahlenden Unternehmer verkauften, so daß eine Art von literarischem Proletariat entstand, welches dem an sich sehr achtbaren Namen eines Literaten bereits viel Eintrag gethan hat. Als Muster eines unabhängigen Schriftstellers ist Lessing zu betrachten, durch dessen ernste u. erfolgreiche Thätigkeit das Schriftstellerthum in den Augen des gelehrten Standes wie des großen Publicums in Deutschland erst seine volle Anerkennung gefunden hat. Vgl. Hitzig, Über belletristische Schriftstellerei als Lebensberuf, Berl. 1838.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 425.
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