Stiftshütte

[829] Stiftshütte (Hütte des Bundes, Zelt Jehovahs, heiliges Zelt, hebr. Ohel Moed, gr. Σκηνή od. Σκήνωμα τοῦ μαρτυρίου, lat. Tabernaculum od. Tentorium testimonii), das bewegliche, zeltartige Heiligthum, welches die Israeliten auf ihrem Zuge durch die Arabische Wüste erbauten, auf ihren Zügen mit sich führten u. zuletzt in Palästina aufstellten. Sie war (nach 2. Mos. 25–27, 36–38) 30 Ellen lang, 10 Ellen breit, 10 Ellen hoch; das Gerüst des Ganzen war aus 48 11/2 Elle breiten, vergoldeten u. mit goldenen Ringen zusammengehaltenen Bretern von Akazienholz (Mimosa nilotica L.); darüber hing eine vierfache Decke, welche das ganze Breterhaus oben u. auf den drei Seiten umgab, die erste aus weißem Byssus, war dunkelblau, purpur- u. cochenillfarbig mit Cherubsbildern durchwirkt, die zweite aus[829] Ziegenhaaren, die dritte aus Tachaschleder, die vierte, die kostbarste, diente zur inneren Verzierung; die Decke am Eingange war an fünf vergoldeten Säulen befestigt. Der Theil der S. nach Osten hin war von Bretern u. Decken frei u. bildete den durch einen Vorhang aus gezwirntem Byssus mit Buntstickerei geschlossenen Eingang. Das Innere war in zwei Theile getheilt. Der erste Raum, das Heilige, maß 2/3 der Länge, das Übrige war für das Allerheiligste, welches von dem Heiligen durch einen mit Cherubsbildern durchwebten Vorhang getrennt wurde, übrig. Um das Ganze lief der 100 Ellen lange u. 50 Ellen breite Vorhof, welcher von 60, je fünf Ellen von einander entfernten u. fünf Ellen hohen Säulen gebildet wurde u. mit Umhängen aus gezwirntem Byssus umzogen war. Im Vorhof stand vor der Thür der S. der Brandopferaltar (s.u. Altar 1) a), auf welchem das immerwährende Feuer brannte; zwischen diesem Altar u. dem Eingang in die S. selbst stand das kupferne, kesselförmige, auf einem Fuße ruhende Handfaß od. Becken, in welchem Wasser war, damit die Priester sich Hände u. Füße waschen konnten, ehe sie ins Heilige eingingen. Auf zwei Seiten hatte es Röhren, durch welche das Wasser in einen unten dasselbe umgebenden Kasten ausfloß u. von da wieder aus dem Tempel hinaus. Im Heiligen befand sich gegen Mitternacht der Schaubrodtisch; gegen Mittag der goldene, aus einem Stücke gearbeitete, sechsarmige Leuchter, in der Mitte der Rauchaltar. Im Allerheiligsten stand nur die Bundeslade (s.d.). Die S. wurde unter der Oberleitung Bezaleels aus Juda u. Ohaliabs aus Dan, eines gerühmten Künstlers, u. der Beihülfe aller Kunstverständigen im Volke gemacht; das nöthige Material war durch freiwillige Gaben herbeigeschafft; vollendet wurde sie nach sechsmonatlicher Arbeit am 1. Tage des 1. Monats des 2. Jahres nach dem Auszuge u. darnach durch Moses eingeweiht. Bei der jedesmaligen Lagerung wurde die S. aufgeschlagen; beim Weiterziehen auseinander genommen u. die Geräthschaften eingepackt. Den Transport auf dem Zuge besorgten drei Geschlechter aus dem Stamm Levi, u. zwar trugen die Kahathiten die Geräthe des Allerheiligsten auf den Schultern, die Gersoniten transportirten alle Decken, Vor- u. Umhänge, die Merariten das Holz- u. Erzwerk auf von Rindern gezogenen Wagen. Dieselben Leviten schlugen die S. auf dem neuen Lagerplatz wieder auf. Als sich die Juden in Palästina niederließen, wurde die S. zuerst in Silo aufgestellt, wo sie 41/2 Jahrh. (wahrscheinlich unter einem festen Gebäude) stand. Dann kam sie unter Saul nach Nob im Stamm Benjamin u. unter David u. in der ersten Zeit Salomos befand sie sich in Gibeon, u. Salomo ließ nach der Erbauung des Tempels die Überreste der S. u. die Geräthschaften nach Jerusalem bringen. u. dort im Tempel aufstellen. Vgl. Konr. Mel, Über die S., Frankf. 1712; B. Conradi, De generali tabernaculi Mosis structura et figura, Offenb. 1712; B. Lamy, De tabernaculo foederis, Par. 1720, Fol.; J. G. Tymp, Tabernaculum e monumentis Mosis descriptum, Jena 1731; Graf, De templo Silonensi, Meißen 1855; Driessen, Mosaicum tabernaculum in typo et antitypo, Utr. 1717; J. Wessel, De tabernaculi lev. myster., Leyd. 1722; Schultens, Mysterium tabernaculi Mos., Frankf. 1729; Bähr, Symbolik des Mosaischen Cultus, 1837; F. Friedrich, Symbolik der Mosaischen S., Lpz. 1841.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 16. Altenburg 1863, S. 829-830.
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