Jerusălem

[791] Jerusălem (griech. Hierosolyma [das heilige Solyma], türk. Soliman, gewöhnlich Kudschi Scherif, arab. El Kods [die Heilige]), sonst Hauptstadt Judäas, im Stamm Benjamin gelegen, aber dem Stamme Judäa gehörig, jetzt Stadt im Ejalet Damask. J. lag in einer bergigen, wasserarmen Gegend auf einem hügeligen Boden, der nach allen Seiten, bes. gegen Süden u. Osten, steil abfällt. Es hatte zur Zeit des Josephos noch 4/5 deutsche Meile im Umfang, jetzt blos 4630 Schritte. Das alte J. lag auf drei Hügeln; der höchste derselben war der südliche, Zion, mit der obern Stadt; vor diesem lag nördlich u. östlich im Halbkreis ein zweiter Hügel, Akra, an u. auf welchem die untere Stadt lag; Zion gegenüber, in Osten, lag der Hügel Morija, auf welchem der Tempel stand; zwischen den beiden Haupthügeln zog das Thal Tyropöon (Thal der Käsemacher) hindurch, über welches von dem südwestlichen Theile des Tempels eine Brücke nach Zion führte; das Thal zwischen Akra u. Morija wurde unter Simon Makkabäos ausgeschüttet u. hieß dann Millo. Da sich die Einwohnerzahl vermehrte, so wurde später unter Herodes Agrippa ein vierter Hügel Bezetha (d.i. Neustadt, gr. Kainopolis) über Akra, nordwestlich vom Tempel, angebaut. Der befestigte Hügel Ophel lag nach Einigen auf dem südlichen Theil von Zion, nach Andern auf Morija, östlich vom Tempel; auf ihm war das von Salomo gebaute Zeughaus (Beth Jaar); ein fünfter Hügel, Golgatha, war westlich von Akra, er diente als Richtstätte.

Jeder der drei Stadttheile hatte eine eigne Mauer, welche aber mit einander in Verbindung standen. Die älteste umschloß den Berg Zion u. ging außerdem nördlich oberhalb der Brücke bis hinüber nach Akra an die Westhalle des Tempels, auf der andern Seite ging sie auch unterhalb der Brücke durch das Thal Tyropöon u. umzog die Südspitze von Akra u. endigte an der Osthalle des Tempels. Sie hatte 60 Thürme, darunter auf der Nordseite Phasael, Mariamne, in der Nordwestecke, wo sie ausging, den Thurm Davids (Hippikos, jetzt Thurm der Pisaner [weil er zur Zeit der Kreuzzüge von den Pisanern gebaut war] od. die Citadelle el Kaala mit 5 Thürmen, außerhalb der Stadtmauer), Mea u. Hananael. Die zweite Mauer begann etwas östlich vom Thurm Davids an der alten Mauer u. umzog in einem Bogen Akra bis an die, am Nordwestende des Tempels angelegte Burg Antonia (s. unten); sie hatte 14 Thürme. Die dritte von Herodes Agrippa begonnene u. unvollendet gebliebene Mauer ging vom Thurm Hippikos gerade nach N. bis zum Thurm Psephinos u. schloß auf dieser Seite den Hügel Golgatha mit in sich, von dort umzog sie die Vorstadt Bezetha, bis sie sich in Osten wieder an die älteste Mauer anschloß. Diese Mauer war 25 Ellen hoch, 10 Ellen dick u. hatte 90 Thürme. Die jetzige Mauer, welche die ganze Stadt umgibt, bis 40 Fuß hoch u. 3 Fuß breit, ließ Sultan Soliman 1534 erbauen. J. hatte vor dem Exil 5 Thore, das Fischer-, Eck-, Benjamins-, Thal- u. Roßthor; nach dem Wiederaufbau durch Serubabel, Esra u. Nehemia aber 13, nämlich Roß-, Fisch-, Thal-, Eck-, altes, Wasser-, Schaf-, Ephraims-, Mist-, Quell- od. Brunnen-, Morgen-, Zählungs- u. Kerkerthor; die Lage dieser Thore läßt sich nicht mit Bestimmtheit angeben. Im Mittelalter werden genannt: das Davids-, Stephans-, Josaphat-, goldnes (auf der Ostseite, seit der türkischen Eroberung vermauert, weil die Türken glaubten, durch dasselbe würden die Christen die Stadt wieder erobern) u. Zionsthor; jetzt auf der Westseite das Bethlehem- od. Jaffathor, auf der Nordseite das Thor von Damask, Herodes- od. Ephraimthor (eine blose Pforte), auf der Südseite das Stephans- od. Schafthor, auf der Ostseite das Mist- u. Zions- (Davids-) thor (ebenfalls eine Pforte). Die Häuser sind niedrig, viereckig, unten nicht mit Fenstern versehen, oben in eine Terrasse od. Kuppel auslaufend, von Sandstein; von alten Gebäuden ist wenig od. nichts mehr vorhanden. Die engen, schmutzigen, mit spitzigen Kieseln bedeckten Straßen sind uneben u. durch die der Sonne halber darüber gespannten Tücher dunkel.

Die Gebäuden. Merkwürdigkeiten der alten u. neuen Stadt: A) auf dem Berg Zion. Hier einst die Burg Davids u. nordöstlich davon der Palast u. die Gärten des Herodes, von einer 30 Fuß hohen Mauer umschlossen. Herodes Agrippa II. fügte ein neues Gebäude hinzu. Zwischen dem Palaste u. der Brücke über das Thal war der Xystos, ein Platz zu Volksversammlungen, u. wahrscheinlich war hier auch der Circus, den Herodes erbauen ließ; jetzt zeigt man noch an der Nordseite des Bergs das Haus des Hohenpriesters Hannas, mit einer Kapelle der Armenier, dabei einen Ölbaum, an welchen Jesus gebunden worden sein soll, ehe er zum Hohenpriester gebracht wurde; unweit davon die Jakobskirche, die Hauptkirche der Armenier, wo der Apostel Jakobus der Ältere enthauptet worden sein soll, dabei Kloster mit Hospiz für Pilgrime u. die 1842–49 erbaute protestantische Christuskirche, dabei das Pilgerhospital, außerhalb der Mauer das Baus des Hohenpriesters Kaiphas, jetzt die Erlöserkirche der Armenier, deren Altar den Stein enthält, womit das Grab Jesu verschlossen war; daneben das Haus, wo Jesus das Abendmahl eingesetzt haben, der Heilige Geist auf die Jünger ausgegossen worden u. Maria gestorben sein soll; eine Moschee, früher die Kirche Zion od. Marienkirche, angeblich über dem Grabe Davids erbaut, unweit davon zeigt man den Ort, wo der Hahn krähte, als Petrus Jesum verläugnete; an der Nordwestecke die Pisanerburg. B) Auf dem Berge Morija. Hier stand der Tempel Salomons u. an seiner Nordwestecke die von den Hasmonäern zur Aufbewahrung des hohenpriesterlichen Gewands erbaute Burg Baris, welche Herodes noch mehr befestigen ließ u. dem Antonius zu Ehren Antonia nannte. Hierher wurde Paulus vor dem empörten Volke aus dem Tempel gerettet u. wahrscheinlich war hier das Richthaus (Prätorium), wo Jesus vor Pilatus stand. Von der Burg werden noch Ruinen gezeigt; dort der Bogen, wo Pilatus Jesum dem Volke darstellte u. Ecce homo! sprach, u. dabei sonst die. heilige Treppe, die jetzt in der Scala santa zu Rom bei der Kirche des St. Johann vom Lateran[791] ist; jetzt die 1839 vom König Ludwig von Baiern erbaute Kapelle der Geißelung u. El-Haram, die Moschee des Omar, 637 erbaut. Sie besteht aus zwei großen Theilen, el Aksah, vormals mit einer vergoldeten Kuppel, jetzt nur mit Blei gedeckt, u. el Sakhara, im Innern mit Marmor u. Mosaik geschmückt; hier verwahren die Muhammedaner den einen Stein, in dem Jesus bei seiner Himmelfahrt einen Abdruck seines Fußes zurückgelassen haben soll; nach Andern ist es ein Stein, der bei der Flucht der Propheten aus J. auch mit fliehen wollte, aber von Gabriel festgehalten wurde, bis Muhammed kam, u. der Eindruck soll von den Fingern des Engels herrühren. Sonst durfte kein Christ bei Todesstrafe die Moschee betreten, in neuerer Zeit wird die Erlaubniß dazu ertheilt. C) Via dolorosa, der 1/4 deutsche Meile weite Weg, welchen Jesus vom Ölberg bis nach Golgatha gegangen sein soll. Sie beginnt bei dem Stephansthore in O., u. zunächst ist hier am (Schaf-) Thore, an der Stadtmauer der Teich Bethesda od. Schafteich, worin wahrscheinlich sonst die Opferthiere gewaschen u. worein das Blut der geschlachteten Opferthiere geleitet wurde; das Wasser war heilsam für Kranke aller Art, bes. für Gelähmte (s. Bethesda). Von den früheren 5 Hallen, wo die Kranken auf die Bewegung des Wassers harrten, sind jetzt noch drei übrig, der Teich selbst ist ausgemauert, das Wasser hat aber keine Heilkraft mehr. Dem Teich gegenüber ist ein Haus, wo die Jungfrau Maria geboren sein soll. Der Weg führt an der Sakhara u. den Ruinen der Antonia vorbei; weiter rechts auf Bezetha die Ruinen des Hauses des Herodes; weiterhin stand auch die Kirche Mariens Krampf, von der St. Helena da erbaut, wo Maria niederfiel, als sie Jesum unter der Last des Kreuzes sinken sah; dann der Ort, wo dem Simon von Kyrene das Kreuz Jesu aufgelegt wurde, ferner wo Jesus den Juden zugerufen haben soll: weinet nicht! dann das Haus der Sta. Veronica, welche Jesu Schweiß mit ihrem Schleier abtrocknete, wovon nur noch eine Säule übrig ist; zuletzt kommt man zum Richtthor, von welchem ebenfalls blos noch eine Säule gezeigt wird. D) Der Hügel Golgatha (Calvarienberg, Schädelstätte). Hier vereinigen sich die Heiligen Stätten der Christenheit in der Heiligen Grabeskirche; dieselbe hat die Form eines Lateinischen Kreuzes u. besteht aus 3, etwa 100 Schritten langen u. 70 Schr. breiten Kirchen, die in ungleicher Bodenhöhe stehen, aber eine gemeinschaftliche Bedachung haben. Der Gesammteingang mit dem Glockenthurme ist auf der Südseite, von den beiden Thüren ist die eine vermauert. An den Thüren sitzen die türkischen Thürhüter; vor sich sieht der Eintretende eine umgitterte weiße Marmorplatte, worauf Joseph von Arimathia u. Nikodemus den Leichnam Jesu gesalbt haben sollen, welche durch Lampen u. Leuchter erhellt wird; rechts davon, nach Osten, 18 Stufen hoch, in einem chorartigen Einbau der Calvarienberg, wo Jesus gekreuzigt wurde, getheilt in 2 Kapellen, von denen die nördliche den Ort bezeichnet, wo Jesus an das Kreuz genagelt, die südliche den, wo das Kreuz aufgerichtet war u. wo man den Schädel Adams gefunden haben soll; hier brennen stets 13 Lampen. Unter diesem Chor, zur ebnen Erde, ist die Kapelle des Apostels Johannes, u. vor derselben standen sonst die Särge Gottfrieds von Bouillon u. Balduins I. Weiter nach Osten gehend, kommt man zu der Säule Improperii, d.i. die Säule, an welcher Jesus im Richthaus mit dem Dornenkranz gekrönt u. verspottet wurde; im Fond ist die Kapelle der Kreuzerfindung, wo auf der südlichen Seite 21 Stufen hinab in die Kapelle der St. Helena, noch 11 Stufen weiter hinab zu dem Orte führen, wo das Kreuz Jesu u. die der beiden Mitgekreuzigten 326 gefunden worden sein sollen, hierher aber, als in eine tiefe Cisterne, sollen die Juden die Kreuze geworfen haben, um das Andenken an Jesus zu vernichten. Auf der Nordseite, dieser Kapelle gegenüber, ist die Kapelle des Longinus, der die Seite Jesu durchstochen u. hier lange als Büßer gelebt haben soll. In der Mitte zwischen beiden Kapellen, also im eigentlichen Fond, ist die Kapelle, wo die Soldaten die Kleider Jesu theilten. Von da nach Westen gehend, kommt man auf Stufen zu dem Altar der Calvarienkirche; darin das Griechenchor, in dessen Mitte ein 2 Fuß im Durchmesser großer Felsenspalt ist, welcher bei dem Tode Jesu entstanden sein u. bis in die Mitte der Erde hinabreichen soll. Aus dieser Kirche führen 3 Gitterthüren in die den Lateinern gehörende Kirche des Heiligen Grabes; sie ist eine Rotunde mit 2 Säulengängen über einander, darüber eine Kuppel, durch welche das Licht einfällt, unter der Kuppel das Heilige Grab, eine Felsmasse, die sich über den Boden der Kirche erhebt u. mit einer Kuppel überbaut ist. In ihr ist zuerst die mit rothem Damast ausgeschlagene Engelskapelle, mit dem Stein, worauf der Engel saß, welcher den Freunden Jesu die Auferstehung desselben verkündigte, hinter derselben die eigentliche Grabhöhle, 8 Fuß lang, 7 Fuß breit, 7 Fuß hoch, deren Wände mit weißem Marmor bekleidet u. deren Decke mit 50, immer brennenden Lampen behängt sind, darin steht der 6 Fuß lange, 3 Fuß breite, 2 Fuß tiefe, blaulichweiße Marmorsarkophag. Diese verschiedenen Theile der Kirche gehören den verschiedenen christlichen Confessionen, u. eine große Zahl griechische, armenische, römische u. koptische Geistliche leben immer in u. neben der Kirche. Die Wohnung der römischen Geistlichen ist eine Nebenkirche an der Nordseite der Grabkirche. Die Heilige Grabeskirche wurde von der Kaiserin Helena, bei Gelegenheit der Auffindung des Kreuzes Jesu, an der Stelle eines heidnischen Tempels 326–335 durch den griechischen Baumeister Eustathios erbaut. Nachdem die Kirche 614 von den Persern verwüstet war, erneuerte sie Kaiser Heraklios bald darauf; von den Türken 1011 zerstört, wurde sie 1048 vom Patriarchen Romanus wieder aufgebaut. Nach der Eroberung J-s durch die Kreuzfahrer wurden die einzelnen Oratorien zu der jetzigen Kirche vereinigt, die zwar 12. Oct. 1807 ausbrannte, aber durch den Architekten Komeano Kalfa wiederhergestellt wurde. Die Kirche St. Salvator ist dem, etwa 200 Schritte von der Kirche des Heiligen Grabes entfernten lateinischen Franciscanerkloster; hier erschien der Auferstandne der Maria u. der Maria Magdalena. Eine lateinische Kirche liegt an der Stelle, wo das Haus des St. Joseph stand. In der Kapelle hinter dem Altare ist eine Höhle (Höhle der Sicherheit), wohin sich die Eltern Jesus nach der Rückkehr aus Ägypten geflüchtet[792] haben sollen. Nicht weit vom Kloster wird die Werkstatt des St. Joseph gezeigt. Fast der ganze griechische Clerus ist im großen griechischen Kloster vereinigt. Außer der, in diesem Kloster befindlichen Kirche sind die Griechen noch im Besitz von 13 Kirchen, bei denen sich meist Mönchs- u. Nonnenklöster befinden. In einer dieser Kirchen soll die Synagoge gewesen sein, wo Jesus lehrte. Bei der Grabkirche ist auch die Kirche u. das Kloster der Kopten u. das Kloster der Abessinier.

Umgebung Jerusalems. Auf der Nordseite sind mehrere türkische Grabstätten u. die Königsgräber, unterirdische Felshöhlen, mit Sarkophagen in den Felsen gehauen, aus späterer Zeit; weiter nördlich von der Mauer das Monument der Helena u. die Gräber der Richter. Auf der Westseite die geräumige Höhle, worin Jeremias seine Klagelieder gedichtet haben soll, der obere u. untere Teich Gihon, nach welchem das von ihm bewässerte Thal Gihon heißt, welches nach der Südseite um das Thal Zion herum den Namen Thal Ben Hinnom od. Ge Hinnom (Gehenna) erhält; weil hier früher die Moabiter dem Moloch geopfert hatten (u. dieser Theil hieß Thophet), so wurde in der hebräischen Zeit dies Thal der Sammelplatz alles Unraths aus J. u. der Bestattungsort hingerichteter Missethäter. Auf der andern Thalseite zieht sich eine Reihe gehauener Felsengräber, wahrscheinlich die Gräber der Stadt David, hin. Auf der Südseite, dem Berg Zion gegenüber, liegt der Töpferacker, weil er einem Töpfer gehörte, od. weil daselbst Thongruben waren; er erhielt nachher den Namen Blutacker od. Hakeldama (s.d.). Man bestimmte ihn zum Begräbnißorte der in J. an den Festen sterbenden Fremden, die Kaiserin Helena ließ ihn mit einer Mauer einfassen; er gehört jetzt den Armeniern, u. noch heute zu Tage begräbt man Fremde dahin. Westlich davon ist nach Einigen der Berg des bösen Rathes, mit der Ruine eines Hauses, wo die Juden den Entschluß, Jesus zu tödten, gefaßt haben, u. ein Gewölbe, wo sich die Jünger Jesu nach seiner Gefangennehmung 8 Tage lang versteckt haben sollen. Auf der Ostseite fließt der Bach Kidron, mit dem sich der Gihon vereinigt, durch das Thal Josaphat. Ganz in S. liegt der Teich Siloah, welcher von der abwechselnd aussetzenden Quelle Siloah gespeist wurde, bekannt durch die Heilung, welche Jesus an einem Blinden hier vornahm; nördlich am Berg Morija hinauf, am Fuß des Berges, wo oben der Tempel stand, der Marien- od. Drachenbrunnen; bei demselben od. vielleicht mit ihm derselbe der Brunnen Rogel (Königsteich). Auf der gegenüberliegenden Seite zieht sich der Ölberg hin, an dessen südwestlichem Fuß das jüdische Dorf Siloah, wo die Hütten meist in Felsen gehauen sind; nördlich davon ein Denkmal, wo sich Jakobus bei Jesu Gefangennehmung versteckt haben soll, das Grab des Zacharias, der Thurm des Absalom, das Grab Josaphats u. viele jüdische Gräber, wohin auch jetzt noch die Juden ihre Todten begraben. Von der Kidronsbrücke kommt man zunächst nach Gethsemane, einem etwa 160 QF. großen, mit, einer Mauer umgebenen Garten, mit 8 sehr alten Ölbäumen, wo man die Orte zeigt, wo Jesus das traurige Schicksal J-s voraussagte (Thurm des Fluchs, in Ruinen), wo er vor seiner Gefangennehmung betete (mit der Grotte der Blutschwitzung u. Todesangst), wo er die 3 Jünger schlafend fand u. wo er von Judas verrathen wurde. Weiter nördlich, auch am Fuß des Ölberges, das angeblich von Helena errichtete Grabmal der Jungfrau Maria, wohinab 47 Marmorstufen führen, zur Seite die Gräber ihrer Eltern Joachim u. Anna u. ihres Gemahls Joseph. Der Ölberg selbst hat 3 Spitzen: die südliche, über dem Dorfe Siloah, heißt Berg der Übertretung, weil Salomo hier dem Moloch geopfert haben soll; auf der nördlichen stand sonst der Thurm, die Galiläischen Männer, weil hier die 2 Männer mit weißen Kleidern bei Jesu Himmelfahrt gestanden haben sollen; von der mittlern soll Jesus zum Himmel gefahren sein, hier stand sonst eine Kirche; die jetzige Himmelfahrtskirche steht nicht ganz auf dem höchsten Gipfel, die innere Kapelle gehört den Lateinern; hier zeigt man noch einen Stein mit dem Eindruck eines Trittes, den Jesus bei der Himmelfahrt gemacht (der andere ist in der großen Moschee, s. oben). An den äußern Mauern sind Altäre der andern christlichen Parteien. Östlich vom Ölberg lag Bethphage u. Bethanien (s. beide).

Die Einwohnerzahl J-s wird sehr verschieden angegeben. Zur Zeit der zweiten Zerstörung unter Titus gibt Josephos die Bevölkerung auf 1 Mill. an (offenbar übertrieben); zur Zeit Alexanders des Großen werden nur 120,000 Ew. angegeben; jetzt 15–20,000, davon 1/4 Christen aller Confessionen, 1/4 Juden, 1/2 Muhammedaner. Die Juden bewohnen das Quartier zwischen der großen Moschee u. dem Berg Zion (der südliche Theil der alten Akra), sie sind aber sehr arm, da sie hier keinen Handel treiben dürfen. J. ist der Sitz eines Pascha, eines Kadi, Aga (als Befehlshabers der Citadelle) u. Mufti, ferner eines katholischen u. (seit 1841) protestantischen Bischofs, eines griechischen u. armenischen Patriarchen. Die Industrie beschränkt sich auf Weberei u. Pantoffelmacherei; indessen ist hier für Arabien, Ägypten u. Syrien ein Haupttauschplatz, bes. von Reiß u. Öl. Der sonst beträchtliche Handel der Christen in J. mit Reliquien, Kreuzen, Rosenkränzen, Bildern etc., wovon oft jährlich mehrere Schiffsladungen versendet wurden, u. wodurch sie sich die Abtragung des Tributs, welchen sie an die Türken für. den Besitz ihrer Kirchen u. Klöster entrichten müssen, erleichterten, ist sehr in Abnahme gekommen. Vgl. Chateaubriand, Itinéraire de Paris à Jer., Par. 1811, 3 Bde. (deutsch von Müller u. W. A. Lindau, Lpz. 1812, 3 Bde., u. A, 1815); J. H. Mayr, Reise nach Constantinopel, Ägypten u. den Libanon, St. Gallen 1820, 3 Bde.; F. W. Sieber, Reise von Cairo nach J., Prag 1823; F. L. Burkhardts Reise nach Syrien u. J. u. dem Gelobten Lande, Jean 1823; Scholz, Reise nach Palästina, Lpz. 1822; Raumer, Palästina, ebd. 1838; Tobler, Topographie von J., Berl. 1853 f., 2 Bde.; Robinson, Palästina, Halle 1841–43, 3 Bde.; Ders., Neue Untersuchungen über die Topographie J-s, ebd. 1847; Williams, The Holy City, 2. Aufl. Lond. 1849, 2 Bde.; O. Georgi, Die Heiligen Stätten, Lpz. 1854, 2. Aufl. Triest 1856–57; Ph. Wolff, Jerusalem, Lpz. 1857; Lorenz, Jerusalem, Kiel 1859.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 8. Altenburg 1859, S. 791-793.
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