[373] Tenontotŏmie (v. gr., Tenotomie, Myotenontotomie, Sehnenschnitt, Muskelsehnenschnitt), die zwar früher bereits von einigen Wundärzten angewendete, aber erst durch Stromeyer (1831) wissenschaftlich u. künstlerisch begründete Durchschneidung von Sehnen od. Muskeln, um dadurch theils anhaltende Contracturen derselben u. daraus hervorgegangene Verkrümmungen der Glieder, theils mehr krampfhafte u. vorübergehende Zusammenziehungen derselben zu beseitigen. Daraus ist ein neuer Zweig der Chirurgie, die subcutane Orthopädie hervorgegangen, welche sich des mit der Heilung der Klumpffüße, anderer mannigfaltiger Verkrümmungen der Glieder, des schiefen Halses, bes. des Schielens etc. beschäftigt. Die Trennung der Sehnen od. Muskeln geschieht so, daß die äußere Haut über denselben mit einem Messer nur durchstochen, nicht in größerer Ausdehnung durchschnitten wird (subcutane Methode), wodurch das Bloslegen der Sehnen vermieden wird. Es dient dazu ein kleines, sichelförmig gebogenes Messer (Sehnenmesser, Tenotōm), welches neben der mit dem Zeigefinger u. Daumen etwas in die Höhe gehaltenen Sehne eingestochen wird. Das Einschneiden der Sehne selbst geschieht gewöhnlich von innen nach außen, so daß die Messerklinge flach unter der Sehne bis zu ihrem entgegengesetzten Rande fortgeführt, dann mit der Schneide gegen diese gekehrt wird, um hierauf in sägenden Zügen die Sehne zu trennen, worauf das Messer ausgezogen, das wenige sich ergießende Blut ausgedrückt, die Wunde erst mit dem Finger, dann mit Charpie bedeckt u. mit einem Heftpflaster u. einer Binde versehen wird. Die nachfolgenden Zufälle sind gewöhnlich so unbedeutend, daß es keiner weiteren Behandlung bedarf. Erst wenn die Entzündungserscheinungen in der Wunde beseitigt sind, erfolgen noch die zur ferneren Geraderichtung des Gliedes nöthigen Extensionsversuche desselben, welche durch Bandagen od. Maschinen unterstützt werden. Die getrennten Sehnen heilen durch, von beiden Schnittflächen aus sich sich bildende neue Sehnensubstanz[373] in zwei bis sechs Wochen wieder zusammen u. verlängern sich dadurch. Abweichend hiervon ist die von Stromeyer vorgeschlagene u. von Dieffenbach praktisch durchgeführte Operation des Schielens, wobei, nachdem die Augenlider durch Augenlidhalter vom Auge entfernt worden sind, das Auge durch stählerne, in dasselbe eingesetzte scharfe Häkchen festgestellt u. gerichtet wird u. dann die Bindehaut mittelst einer Pinzette in die Höhe gehoben, durchschnitten, nach erfolgter Bloslegung des zu durchschneidenden Augenmuskels od. einer Sehne eines solchen eine Hohlsonde unter diese gebracht u. auf dieser die Durchschneidung des Muskels mittelst eines Messers od. einer Schere bewirkt wird. Vgl. Dieffenbach, Über die Durchschneidung der Sehnen u. Muskeln, Berl. 1841; Guerin, Exposé général des principes etc. de la methode souscoutanée, 1850.