Tscharner

[883] Tscharner, 1) Johann Baptista von T., geb. 1751 zu Chur in Graubündten, studirte in Göttingen, war von 1775–77 Podesta zu Tiran im Veltlin, 1783–85 Landvogt in Maienfeld, 1793–98 Bürgermeister in Chur, 1795–96 Bundespräsident u. Haupt des Gotteshausbundes; er gründete die Erziehungsanstalt in Reichenau, an welcher der nachmalige König der Franzosen Ludwig Philipp unter dem Namen Chabot-Latour 1793–94 als Lehrer wirkte u. welche nachher Zschokke übernahm. In der französischen Zeit wünschte er den Anschluß Graubündtens an die Helvetische Republik, sah sich aber deshalb genöthigt vor der österreichischen Partei sein Vaterland zu verlassen u. wurde Regierungsstatthalter im Canton Bern. 1800 kehrte er unter französischem Schutz zurück, zog sich aber vom öffentlichen Schauplatz zurück, beschäftigte sich literarisch u. starb 1. Octbr. 1835. 2) Karl Ludwig, geb. 1754 in Bern, wurde 1777 Professor der Rechte u. 1785 Mitglied des Großen Raths u. Oberbibliothekar daselbst; er st. 1827 u. schr.: Entwurf einer peinlichen Proceßordnung für Bern, Bern 1791. 3) Karl Friedrich, geb. 1772 in Lausanne, trat 1790 in französische Kriegsdienste u. später unter die Berner Miliz. Unter der französischen Herrschaft wurde er Mitglied des Appellationsgerichts, kam 1817 in den Kleinen Rath u. übernahm 1819 das Präsidium im Justiz- u. Polizeirathe zu Bern. Beim Zusammentritt des neuen Verfassungsrathes im Februar 1831 wurde er Vorsitzender u. nach der Einführung der neuen Verfassung des Cantons Bern (31. Juli 1831) erster Schultheiß, was er bis zu seinem Tode, im Mai 1844, blieb.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 17. Altenburg 1863, S. 883.
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