[736] Waffenrecht (Jus armorum), 1) das Recht des einzelnen Bürgers Waffen tragen zu dürfen. Insofern Beschränkungen dieses Rechtes Statt finden sind dieselben nur polizeilicher Natur. Namentlich finden solche Beschränkungen mit Beziehung auf den Schutz des Jagdrechtes, sowie in unruhigen Zeiten Statt. Denjenigen, welchen alsdann ausnahmsweise das Recht Waffen zu tragen gestattet wird, wird zu ihrer Legitimation ein besonderer Paß (Waffenpaß) ausgestellt; 2) das wesentliche Hoheitsrecht eines selbständigen Staates Schirm- u. Wehranstalten zu seinem Schutze zu errichten u. zu unterhalten, insbesondere eine geordnete Truppe bewaffneter Kriegsmannschaft zu halten, Festungen anzulegen, Waffenplätze, Stückgießereien, Waffen- u. Pulverfabriken, militärische Bildungsanstalten etc. zu errichten. Das W. des Staates (Jus armorum et belli, Jus armandiae, Militärgewalt), als deren Inhaber der Souverän Kriegsherr heißt, ist an sich andern Staaten gegenüber ein unbeschränktes; es liegt deshalb auch keinem Staat die Pflicht ob, wenn er seine Kriegsmacht erhöht, einem andern deshalb Rede zu stehen, insofern er es nicht in seinem eigenen Interesse, um dem Nachbar ein ungerechtes Mißtrauen zu benehmen u. Gegenrüstungen vorzubeugen, für gerathen hält deshalb auf Verlangen eine Erklärung zu geben. Zuweilen können aber besondere Verträge das W. eines Staates beschränken. Beispiele dieser Art aus neuerer Zeit liefern der Tilsiter Frieden von 1807, in welchem Preußen sich Frankreich gegenüber verbindlich machen mußte sein Heer auf 42,000 Mann zu beschränken.; der Wiener Frieden von 1809, durch welchen Österreich genöthigt wurde sein Heer auf 150,000 Mann herabzusetzen; der Zweite Pariser Friede von 1815, nach welchem Frankreich Hüningen nicht wieder befestigen darf; der neueste Pariser Friede von 1856, durch welchen Rußland die Befugniß abgesprochen ist im Schwarzen Meere eine Kriegsflotte zu halten. Staaten, denen nicht das Recht selbständiger Verfügung über ihre Kriegsmacht zusteht, sinken dadurch zu halbsouveränen Staaten herab (s. Souveränetät). Unterthanen können dem Staatssouverän gegenüber nie ein W. in Anspruch nehmen, namentlich daher auch nicht mediatisirte Häuser u. apanagirte Prinzen. Höchstens ist manchen Mediatisirten verstattet eine geringe Ehrenwache zu ihrem Dienst zu halten (vgl. Moser, Von der Landeshoheit in Militärsachen, Frankf. u. Lpz. 1773). Das W. begreift auch das ausschließliche Recht in sich Werbungen u. Aushebungen im Staatsgebiete zu gestatten. Deshalb war auch schon zur Zeit des Deutschen Reiches kein Landesherr schuldig einem andern eine Werbung in seinem Lande zu erlauben. Auswärtigen Mächten durfte überdies ein deutscher Landesherr die Werbung nur gestatten, wenn sie auch beträchtliche Reichsländer besaßen; außerdem war die Einwilligung des Reichstages erforderlich.