Betriebssicherheit

[333] Betriebssicherheit (safety of working or traffic; sécurité d'exploitation; sicurezza dell'esercizio) bezeichnet den Zustand der Bahnanlagen und Einrichtungen, der einen möglichst gefahrlosen Eisenbahnbetrieb gewährleistet. Die B. ist abhängig:

1. vom Zustande des Bahnkörpers, ins besondere der Fahrbahn;

2. vom Zustande der Fahrzeuge;

3. von der Sicherung der Zugfahrten (Schutz gegen Hindernisse);

4. von der Handhabung des Fahrdienstes und der Schulung der Beamten.

Um die B. zu verbürgen, haben die Staatsverwaltungen auf dem Wege der Gesetzgebung und Verordnung Grundsätze aufgestellt, nach denen Bau und Betrieb der Eisenbahnen einzurichten sind (s. Betrieb und Betriebsdienst). Ferner gewähren sie dem Verkehr auf den Eisenbahnen Schutz, indem sie die Beschädigung von Eisenbahnanlagen sowie die Gefährdung von Eisenbahntransporten unter Strafe stellen (s. Anschläge, Bahnfrevel und Strafrecht).

Die obrigkeitliche Fürsorge für die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs hat sich in jenen Ländern am meisten entwickelt, in denen die Eisenbahnen ganz oder doch größtenteils der Staatsverwaltung unterstellt sind, nämlich in den mitteleuropäischen Staaten. In anderen Ländern und außerhalb Europas, wo das Privatbahnwesen vorherrscht, ist die Einwirkung der Staatsbehörde auf den Eisenbahnbetrieb weniger ausgebildet. Nach und nach hat aber auch dort die Überzeugung Eingang gefunden, daß die Staatsbürger Anspruch auf Schutz im Eisenbahnbetrieb haben, und daß dem Staat die Pflicht obliegt, diesen Schutz zu gewähren. Insbesondere nehmen die Mitglieder der Parlamente häufig Veranlassung, die Regierung zu einer scharfen Beaufsichtigung des Eisenbahnbetriebes aufzufordern. Dazu kommt noch, daß die militärischen Rücksichten auf eine einheitliche Gestaltung des Eisenbahndienstes und seiner Sicherheitseinrichtungen hindrängen.

Mit den von den staatlichen Aufsichtsbehörden erlassenen allgemeinen Vorschriften und mit ihrer einfachen Beachtung ist die Fürsorge für die Sicherheit des Eisenbahnbetriebs jedoch keineswegs erschöpft. Es bleibt vielmehr eine hochwichtige Aufgabe der Eisenbahntechnik und liegt auch im eigenen Interesse der Verwaltungen, die geeigneten Mittel und Wege zu finden, um den gestellten Anforderungen in vollkommenster Weise Genüge zu leisten und auch solche Sicherheitsbedürfnisse zu befriedigen, die sich durch besondere Umstände geltend machen; denn mit der Ausdehnung des Eisenbahnnetzes, insbesondere durch die gesteigerten Anforderungen, die das Anwachsen und die Beschleunigung des Eisenbahnverkehrs mit sich bringt, vermehren sich auch die Betriebsgefahren. Diese wachsen mit der Zunahme der Verkehrsdichtigkeit, Erhöhung der Fahrgeschwindigkeit und Steigerung der Zuggewichte. Für die Frage der B. ist also die Zahl der Zug/km von erheblich größerer Bedeutung als die Streckenlänge. Denn die Zahl der Zugkreuzungen und Überholungen, die Zahl der Züge, die gleichzeitig auf einer Station anwesend sind, die Verschubbewegungen vermehren sich erheblich stärker als die Zugzahl, und sie alle bilden mit der dichteren Zugfolge vermehrte Gefahrquellen. – Sorgfältige Verwertung der im Betrieb gemachten Erfahrungen, eingehende Untersuchung aller vorkommenden Unfälle, gewissenhafte Beachtung der Unfallstatistik mit ihren wichtigen Aufschlüssen über die Verteilung der Unfälle auf die verschiedenen Ursachen und den vergleichenden Zusammenstellungen der Unfallzahlen bilden die Grundlage für die Bewältigung der hiernach der Eisenbahntechnik zufallenden Aufgabe. Jungbecker hat schon im Jahre 1885 im Archiv für Eisenbahnwesen, Berlin, S. 377, darauf hingewiesen, daß die B. im wesentlichen durch drei Fehlerquellen beeinflußt wird. Die Statistik zeigte damals, daß von allen Eisenbahnunfällen etwa 12% auf Hindernisse und Mängel am Bahnkörper und der Fahrbahn, 25% auf Mängel an den Fahrzeugen und 40% auf unrichtige Handhabung des Betriebsdienstes zurückgeführt werden mußten, während der Rest sich auf ganz verschiedene, mehr zufällige Ursachen verteilte.

In den mitteleuropäischen Ländern ist von jeher die Tätigkeit des VDEV. von hervorragendem Einfluß auf die Sicherheit des Betriebs gewesen. Die Überzeugung, daß auf diesem Gebiet nur mit vereinten Kräften und durch gemeinsames Vorgehen das Beste erreicht werden könne, ließ in diesem Verein, dessen Gründung schon 1846 durch die Verwaltungen der Eisenbahnen in Deutschland, Österreich-Ungarn und in einigen kleineren angrenzenden Staaten erfolgte, sehr bald den »Technischen Ausschuß« entstehen, dem die Bearbeitung der baulichen und betriebstechnischen Fragen obliegt. Die Beschlußfassungen dieses Ausschusses sind in den[333] »Technischen Vereinbarungen« (s.d.) zusammengestellt. Sie wirkten vorbildlich für die Weiterbildung der staatlichen Vorschriften über Bau und Betrieb von Eisenbahnen und sind auch heute noch von besonderer Bedeutung, weil sie, in bestimmten Zeitabschnitten einer Prüfung unterzogen, den wechselnden Anforderungen des Eisenbahnbetriebs und den praktischen Erfahrungen entsprechend verbessert werden.

Ähnliche Ziele verfolgen auch die zwischen den europäischen Staaten getroffenen Vereinbarungen über die »Technische Einheit im Eisenbahnwesen«.

Bei der preußischen Staatseisenbahnverwaltung trat bereits im Jahre 1873 ein Ausschuß von Eisenbahntechnikern zusammen mit der ausgesprochenen Aufgabe, Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebs zu beraten und dem Minister zur Einführung zu unterbreiten. Diese Aufgabe ist später auf den Fahrdienstausschuß und den Stellwerksausschuß übergegangen, die beide aus Vertretern einzelner Eisenbahndirektionen und je einem Mitgliede des Zentralamts als Vorsitzenden bestehen und jährlich mehrere Male zu Beratungen zusammentreten.


1. Der Zustand des Bahnkörpers.


Der Bahnkörper besteht aus dem Unterbau und dem Oberbau. Der Unterbau, bestehend in Dämmen, Einschnitten, Brücken, Tunneln, muß nach den Regeln der Baukunst so hergestellt und unterhalten werden, daß er den Einwirkungen der Witterung sowie den durch die Eisenbahnzüge entstehenden Belastungen und Erschütterungen dauernd Widerstand leisten kann. Die Sicherung dieser Unterbauten bietet in der Regel wenig Schwierigkeiten. Ihre Gefährdung tritt meistens infolge von größeren Niederschlägen, Schnee- und Felsstürzen oder Rutschungen ein. Es ist deshalb erforderlich, das durch Regen und Schnee sich ansammelnde Wasser aus der Umgebung des Bahnkörpers rasch abzuführen, damit es nicht in die Erdmassen neben und unter der Bahn eindringen kann. Eine besondere Überwachung und regelmäßig wiederkehrende Untersuchung ist vor allem bei eisernen Brücken und bei Tunneln geboten.

Der Oberbau, die eigentliche Fahrbahn, bestehend aus Bettung, Schwellen, Schienen und deren Befestigungsteilen, muß so angelegt sein, daß er den Fahrzeugen einen bestimmten und, abgesehen von kleineren elastischen Bewegungen, weder nach der Höhe noch nach der Seite verschiebbaren Weg darbietet. Die bei den ältesten Bahnen wenig beachtete Bettung, die die Übertragung der Zuglast von dem Schienengestänge auf den Unterbau zu vermitteln hat, wird jetzt von wasserdurchlässigem, widerstandsfähigem Material (Kies, Schotter oder Kleinschlag) hergestellt, das den Schwellen ein ruhiges, unverschiebliches Lager gewährt. Die Schiene hat im Laufe der Zeit ebenfalls Veränderungen erfahren, die zur Erhöhung der B. beigetragen haben. Namentlich sind von Bedeutung die Vergrößerung des Schienenquerschnitts, die Verwendung von bestem Material für die Schienenerzeugung und die Vervollkommnung in der Erzeugung der Schienen. Nicht minder hat die Verbesserung der Schienenstoßverbindungen eine Erhöhung der B. mit sich gebracht. Die Beanspruchung der Schienen ist besonders infolge der vorkommenden Stöße großen Schwankungen unterworfen. Schienenbrüche gehören daher nicht zu den Seltenheiten. Da die neuen und tragfähigeren Schienen in erster Linie in die schnell befahrenen Gleise eingebaut werden, so ist die B. gerade in diesen Gleisen in bezug auf Schienenbrüche immer größer geworden, und Unfälle, die auf Schienenbrüche zurückzuführen sind, kommen hier kaum vor.


2. Der Zustand der Fahrzeuge.


Die Sicherheit des Betriebs hängt ferner von dem guten Zustand und der sorgfältigen Unterhaltung und Beaufsichtigung der Fahrzeuge ab, d.h. der Lokomotiven, Triebwagen und Wagen. Nach den gegebenen Vorschriften wird besondere Sorgfalt auf die betriebssichere Einrichtung der Lokomotiven (s.d.) verwendet. In ähnlicher Weise sind für die wichtigen und im Betrieb stark in Anspruch genommenen Teile der Wagen (Zug- und Stoßvorrichtungen, Achsen und Räder) allgemeine Vorschriften gegeben. Außer der fortlaufenden Überwachung des betriebssicheren Zustands der Fahrzeuge werden diese in bestimmten Zeitabschnitten oder nach jedesmaliger Zurücklegung einer bestimmten Kilometerzahl einer vorgeschriebenen eingehenden Untersuchung (Revision) in den Werkstätten unterworfen. Auch wird darauf Bedacht genommen, daß die Heizungs- und Beleuchtungseinrichtungen der Wagen nicht zu einer Gefahrquelle für den Betrieb werden.

Für die Eisenbahnbediensteten bildet das An- und Abkuppeln der Wagen eine der Hauptgefahren des Betriebs. Trotz vieler Versuche ist es bisher zur allgemeinen Einführung einer geeigneten selbsttätigen Kupplung nicht gekommen.[334]

Die Gefährdungen, die dem Zug drohen, können in ihren Folgen durch rasches Anhalten des Zugs eingeschränkt werden. Dies wird mit der wachsenden Geschwindigkeit der Züge und ihrer größeren Belastung immer schwieriger. Es steigen deshalb die Anforderungen, die an die Bremsen gestellt werden müssen, immer mehr. Die größtmögliche Wirkung der Bremsen läßt sich nur dann erzielen, wenn dem Beamten, dem die Bewegung des Zugs obliegt, auch die Möglichkeit gegeben wird, allein, ohne Mithilfe anderer Beamten, den Zug rasch zum Stehen zu bringen. Die Fahrzeuge in den Personen führenden Zügen sind bereits mit derartig wirkenden »durchgehenden« Bremsen allgemein ausgerüstet, die in Verbindung mit den Notsignalen auch durch die Reisenden betätigt werden können. Sie wirken zumeist auch selbsttätig beim Eintritte einer Zugstrennung und verhindern hierdurch ein Entrollen bezw. Auflaufen der einzelnen Zugsteile. Das Bestreben der Eisenbahnverwaltungen ist nunmehr darauf gerichtet, die durchgehende Bremse auch bei den in den Güterzügen zur Verwendung kommenden Fahrzeugen einzuführen. Die einleitenden Schritte hierzu sind sowohl vom VDEV. als auch vom internationalen Verbände bereits unternommen (s. Bremsaufsichtsdienst und Bremsen).


3. Sicherung der Zugfahrten, Schutz gegen Hindernisse.


Zur unmittelbaren Bewachung der Bahn und zur Erhaltung ihres guten Zustandes ist das Personal des Bahnaufsichts- und Bahnunterhaltungsdienstes berufen. Die Wärter sind verpflichtet, das Betreten der Fahrbahn durch Menschen und Vieh zu verhindern, die ihnen zugeteilte Bahnstrecke täglich mehrmal zu begehen, kleinere Mängel und Ungehörigkeiten zu beseitigen, größere Mängel dem Bahnmeister zur Beseitigung anzumelden.

Durch die ständigen Arbeiter läßt der Bahnmeister die im täglichen Betrieb notwendig werdende Befestigung der Gleislage und Ergänzungen im Oberbaumaterial vornehmen. Damit die Bahnbeamten dem Publikum gegenüber die Bewachung der Bahn mit Nachdruck ausüben können, sind ihnen polizeiliche Befugnisse beigelegt.

Zum Schutz gegen das unbefugte Betreten der Bahn sind erforderlichenfalls Einfriedigungen und an den Wegübergängen Absperrschranken herzustellen.

Während bei Eisenbahnen mit schwachem Verkehr Unfälle an den Planübergängen durch Bewachung und Schrankenverschluß leicht vermieden werden können, erstrebt man auf den Hauptbahnen, nach dem Vorbilde Englands, die Beseitigung der Wegeübergänge in Schienenhöhe. Bei neuen Bahnanlagen, die im Weichbild großer Städte auszuführen sind, wird jede Berührung des freien Verkehrs mit den Eisenbahngleisen sorgfältig vermieden. An verkehrsreichen Straßenübergängen älterer Zeit, wo die Herstellung von Über- und Unterführungen aus örtlichen Gründen nicht möglich ist, wird die Sicherheit dadurch erhöht, daß die Wärter von der Annäherung eines Zuges zuverlässig unterrichtet und Schranken angebracht werden, die die Straße und die Bürgersteige je für sich abschließen und die eine getrennte Bedienung derart gestatten, daß der Weg für die Fuhrwerke gesperrt, für Fußgänger aber noch offen gehalten werden kann, und daß auch eine Sperrung des Verkehrs zunächst nur in einer Richtung möglich ist (s. Abschlußvorrichtungen und Bahnaufsicht).

Durch die der Strecke entlang aufgestellten Läutewerke (s.d.) erhalten die Wärter ein Signal für das Herannahen des Zuges. Mittels des Gefahrsignals dieser Läutewerke kann jeden Augenblick die ganze Streckenbewachung über eine drohende Zuggefährdung in Kenntnis gesetzt und zu besonderer Achtsamkeit und zum Anhalten der Züge aufgefordert werden.

Die Einfahr-, Ausfahr- und Blocksignale zeigen bei Tag durch weithin sichtbare bewegliche Flügel, bei Nacht durch farbige Lichter dem Zuge an, ob er in den vor ihm liegenden Streckenabschnitt einfahren darf. Auf ihre gute Sichtbarkeit muß besonderer Wert gelegt werden. Man sucht diese zu erreichen durch zweckmäßige Aufstellung der Signale, nötigenfalls auf besonderen Signalbrücken, und durch Einführung des Doppellichts bei den Vorsignalen (s.d.), die nach den Vorschriften der deutschen Signalordnung bis zum Schlüsse des Jahres 1919 vollendet sein muß.

Ebensosehr hängt aber die B. von der genauen Beobachtung und Befolgung der Signale durch das Zugspersonale ab. Es sind daher die Maßnahmen von besonderer Bedeutung, die bezwecken, die Beachtung der Signale sicherzustellen. So dienen Zählweckereinrichtungen (in England Hughes Signalaufzeichner) an wichtigen Hauptsignalen dazu, jeden Fall zu vermerken, in dem ein Zug das Haltesignal überfährt. Ein noch wirksameres Mittel, durch das neuerdings versucht wird, die Signalgebung zu verbessern, sind die Führerstandsignale (s.d.). Sie bezwecken,[335] dem Lokomotivführer die Annäherung an ein Signal oder auch dessen Haltstellung durch hörbare und sichtbare Zeichen auf der Lokomotive anzuzeigen und sind auch vielfach mit den selbsttätig wirkenden durchgehenden Bremsen in Abhängigkeit gebracht (s. auch Blockeinrichtungen).

Für die betriebssichere Führung der Züge kommt es darauf an, sie ungefährdet durch die Bahnhöfe zu leiten und sie auch auf der freien Strecke vor Zusammenstößen zu bewahren. Zur Erfüllung dieser Forderungen wird die Bahn mit Telegraphen- und Fernsprechanlagen ausgerüstet. Die Bahnhöfe werden mit Einfahr-, bzw. Ausfahr- und Wegesignalen (zwecks Anzeige der für die Durchfahrt freien Fahrstraße) versehen, die mit den Ein- und Ausfahrweichen in Abhängigkeit gebracht sind. Diese Abhängigkeit wird durch die Weichen- und Signalstellwerke (s.d.) geschaffen. Sie gewährleisten nicht nur die richtige Stellung der Weichen im Fahrgleise des Zuges, sondern sie schaffen noch Sicherheit dafür, daß die in den benachbarten Gleisen liegenden Weichen während der Zugfahrt eine ablenkende Stellung einnehmen und dadurch die Bewegung von Fahrzeugen von der Seite her in die Fahrstraße des Zuges hinein verhindern. – Telegraph und Fernsprecher dienen zur Verständigung der Stationen vor Ablassung einer Zugfahrt und zur Vereinbarung der für die Abweichungen vom Fahrplan vorgeschriebenen Vorsichtsmaßregeln (s. Zugmeldedienst).

Zu frühzeitiges Ablassen eines Zuges auf die Strecke oder das gleichzeitige Ablassen zweier Züge entgegengesetzter Richtung auf eingleisiger Bahn haben bei Unaufmerksamkeit der beteiligten Bediensteten zu Zusammenstößen geführt. Solche Unfälle zu verhindern, ist die Streckenblockung bestimmt. Bei eingleisiger Bahn wird durch die Streckenblockung nicht nur die Zugfolge für Züge derselben Fahrtrichtung gesichert, sondern es wird auch die Möglichkeit ausgeschlossen, daß für Züge entgegengesetzter Fahrrichtung gleichzeitig die Einfahrt in denselben Streckenabschnitt gestattet wird. Einige ausländische, vorzugsweise die amerikanischen Bahnen, ziehen ein selbsttätiges Blocksystem vor, bei dem die Zugfolge durch den fahrenden Zug selbst geregelt und die Bedienung durch Menschen völlig ausgeschaltet wird. Es geschieht dies aus dem Grunde, weil es in Amerika sehr schwierig ist, geeignete zuverlässige Beamte in den wenig bewohnten Gegenden für die Blockbedienung zu gewinnen (s. Blockeinrichtungen).

Nebst den bisher besprochenen, der B. dienenden Maßnahmen werden noch besondere Mittel nötig, um Betriebsgefahren abzuwehren, die durch Irrtümer der zur Ausführung des Betriebes berufenen Beamten entstehen können.

So wird z.B. die Fahrstraßenfestlegung, um ein voreiliges Umstellen und damit ein Entriegeln der Fahrstraße durch den Stellwerkswärter zu vermeiden, so angeordnet, daß sie nur durch einen zweiten Bediensteten von anderer Stelle aus freigegeben werden kann (s. Stellwerke); die Ablenkungs- oder Sicherheitsweichen habenden Zweck, Fahrzeuge oder ganze Züge von einem besetzten oder für die Fahrt eines Zuges freigemachten Gleis abzuhalten.

Vielfach wird damit in Verbindung ein Sandgleis (s.d.) angelegt. Das sonst zu Betriebszwecken nicht benutzte Gleis wird mit Sand überschüttet. Durch die Reibung, die die Räder im Sande finden, wird die lebendige Kraft des Zuges aufgezehrt. Kann auf diese Weise die ganze Kraft nicht zerstört werden, so wird am Ende des Gleises ein Prellbock oder ein Bufferwehr (s.d.) aufgestellt, das infolge seiner Bauart geeignet ist, bis zu gewissen Grenzen den Rest der lebendigen Kraft aufzunehmen, ohne daß hierbei schädliche Wirkungen auftreten.


4. Handhabung des Fahrdienstes und Schulung der Beamten.


Endlich hängt die B. in hervorragender Weise von der sachgemäßen Handhabung des Fahrdienstes ab. Für diese haben sich gewisse Grundregeln herausgebildet. Auf doppelgleisigen Bahnstrecken darf jedes Gleis nur in einer Richtung befahren werden. Fahrplanmäßige Züge dürfen, abgesehen von einzelnen genau bestimmten Ausnahmen nur durch Lokomotiven an der Spitze gefördert werden. Für die Länge der Züge sowie für deren Gewicht ist eine bestimmte obere Grenze vorgeschrieben (s. Belastungstabelle). Die Aufeinanderfolge zweier Züge ist nicht beliebig, sondern durch bestimmte Raumabschnitte oder durch die Entfernung zwischen der Abgangsstation und der nächstfolgenden geregelt. Die früher vielfach übliche Zugfolge in Zeitabstand ist auf verkehrsreichen Bahnen nicht mehr gestattet. – Die geringste Anzahl der besetzten Bremsen ist nach der Neigung der Bahn sowie nach der Länge und der zulässigen Geschwindigkeit des Zugs vorgeschrieben (s. Bremsbrutto). – Besondere Sorgfalt ist auf die ordnungsmäßige Zusammensetzung und Ausrüstung des Zugs mit Personal und Signaleinrichtungen vor der Abfahrt und ebenso auf[336] die auf den Zwischenstationen vorzunehmenden Prüfungen zu verwenden.

Eine der wichtigsten Aufgaben bei Handhabung des Fahrdienstes ist die Erzielung eines pünktlichen Zugverkehrs. Verspätungen der Züge machen Abweichungen von den durch den Fahrplan, die Fahrordnung u.s.w. getroffenen Anordnungen nötig. Die hierbei gebotene Eile begünstigt das Zustandekommen von Versehen und Irrtümern. Dem vorzubeugen und die Beamten immer von neuem auf die Bedeutung und Notwendigkeit einer pünktlichen Betriebsführung hinzuweisen, ist stete Sorge der Verwaltungen.

Für die Geschwindigkeit der verschiedenen Zuggattungen wird ebenfalls eine obere Grenze festgesetzt, die bei stark geneigten und stark gekrümmten Bahnstrecken vermindert werden muß. Ebenso ist eine Ermäßigung der Geschwindigkeit erforderlich bei der Fahrt durch Weichen im gekrümmten Strang sowie an Stellen, an denen die Unterhaltungsarbeiten an den Gleisen, Weichen und Signalen es erfordern. Überschreitungen der hiernach festgesetzten Geschwindigkeitsgrenzen gefährden die Sicherheit der Eisenbahnzüge. Die Durchführung der Vorschriften über die Einhaltung der Geschwindigkeitsgrenzen ist lange Zeit mit Schwierigkeiten verbunden gewesen, weil dem Lokomotivführer geeignete Anhaltspunkte über den Ort und das Maß für die Einschränkung der Geschwindigkeit, und dem Betriebsbeamten Mittel, die Tätigkeit des Führers zu überwachen, fehlten. Beides ist erreicht worden durch Anbringung von Geschwindigkeitsmessern auf den Lokomotiven (mit Ausnahme der stets im Verschubdienst verwendeten) sowie durch Radtaster am Fahrgleise des Zuges. Die Radtaster sind auf den langsamer zu befahrenden Bahnstrecken in bestimmten Entfernungen an den Schienen so angebracht, daß das darüber rollende Rad auf elektrischem Wege in der nächsten Station auf einem Papierstreifen ein Zeichen hervorruft. Der fahrende Zug liefert also selbsttätig die Niederschrift, aus der die Geschwindigkeit genau ersichtlich ist, mit der er die Strecke zwischen zwei Radtastern zurückgelegt hat.

Die Ausbildung und Schulung der Betriebsbeamten (s. Ausbildungs- und Prüfungswesen) ist besonders wichtig für die B. Sie wird gefördert durch Abhalten von Unterrichtsstunden und praktischen Unterweisungen in dauernden Lehrkursen, unterstützt durch Beschreibungen der vorgekommenen Unfälle, durch klare, leicht verständliche Betriebsdienst- und Unfallverhütungsvorschriften (s.d.) und durch scharfe Überwachung der Beamten bei der Ausübung des Dienstes. An Stelle der früher üblichen Einzelanweisungen sind für die deutschen Eisenbahnen im Jahre 1907 gemeinsame Fahrdienstvorschriften (s.d.) getreten, in der alle auf Grund der EBO. der SO. und EVO. für die Ausführung des Betriebs bekanntzugebenden Bestimmungen enthalten sind. Die Fahrdienstvorschriften haben zur Erhöhung der B. nicht unerheblich beigetragen.

Die für die B. ebenfalls wichtige sachgemäße Einteilung des Dienstes erfolgt nach den durch Erfahrung erprobten Regeln und auf Grund der über die Dienst- und Ruhezeiten erlassenen Vorschriften (s. Diensteinteilungen).

Endlich darf es auch nirgend an der Überwachung des Betriebsdienstes fehlen, um überall Zucht und Ordnung aufrecht zu erhalten, gewohnheitsmäßiges Außerachtlassen von Vorschriften zu verhindern und eine pünktliche Betriebsführung zu erreichen. Sowohl die Vorsteher der Dienststellen als auch die höheren Beamten der Ämter und Behörden haben sich an diesen Überwachungen planmäßig zu beteiligen. Es darf hierbei nichts unterlassen werden, um die Betriebsbeamten zur aufmerksamen und umsichtigen Wahrnehmung ihrer Dienstobliegenheiten sowie zur Meldung etwa beobachteter Unregelmäßigkeiten an die zuständige Stelle anzuregen. Für die Auffindung von Schäden an den Bahnanlagen und Betriebsmitteln sowie für entschlossenes Handeln zur Abwendung von Betriebsgefahren sind Belohnungen zu gewähren. In der Erkenntnis, daß der Genuß von Alkohol die Dienstfähigkeit beeinträchtigt, sind die Verwaltungen vielfach bemüht, den Dienst der Betriebsbeamten, insbesondere der Fahrbeamten, durch Erleichterung der Beschaffung von warmer Kost und alkoholfreien Getränken zu verbessern, vor dem Genuß von Alkohol zu warnen oder ihn ganz zu verbieten (s. Antialkoholbewegung).

Der Erfolg aller Bestrebungen zur Erhöhung der B. kommt in der Statistik deutlich zum Ausdruck. Beispielsweise betrug in Deutschland die Zahl der Entgleisungen im Jahre 1900 505, während im Jahre 1910 366 Entgleisungen vorkamen. Auf je 1 Mill. Zug/km kamen 1∙03 Entgleisungen im Jahre 1900, 0∙83 im Jahre 1905 und 0∙53 im Jahre 1910. Die Zusammenstöße gingen in denselben Jahren zurück von 0∙71 auf 0∙53 und 0∙42. Die Zahl der getöteten und verletzten Reisenden fiel von 0∙83, bezogen auf 1 Mill. Reisende im Jahre 1900, auf 0∙55 im Jahre 1905 und 0∙50 im Jahre 1910. Die Zahl der getöteten und verletzten [337] Beamten und Arbeiter ist größer als die der Reisenden, aber auch hier ist eine Abnahme festzustellen. Es wurden von 1000 im Betrieb tätigen Bediensteten im Jahre 1900 4∙28 getötet und verletzt, im Jahre 1905 3∙35 und im Jahre 1910 2∙70. Es läßt sich also auf allen Gebieten ein Rückgang feststellen, der von Jahr zu Jahr größer wird und der auf die ständige Vervollkommnung der Betriebseinrichtungen und der Schulung der Betriebsbeamten zurückzuführen ist. Gleichwohl wird sich eine vollkommene Sicherung des Eisenbahnbetriebs ebensowenig erreichen lassen, wie dies bei anderen Beförderungsmitteln der Fall ist. Bei der großen Zahl von Bediensteten, die bei jeder Bewegung von Zügen oder Fahrzeugen mitzuwirken haben, muß stets mit der menschlichen Schwäche im Wollen und Können gerechnet werden. Die Erhaltung und Erhöhung der B. wird deshalb bei aller Vervollkommnung der technischen Anlagen und Einrichtungen immer eine hochwichtige Aufgabe der Eisenbahnverwaltungen bleiben.

In England haben die im Betriebe gemachten Erfahrungen schon bald nach Herstellung der ersten Eisenbahnen Anregung zur Erfindung neuer und Verbesserung vorhandener Sicherheitseinrichtungen gegeben. Die Sicherung des Eisenbahnbetriebs hat infolge der Rührigkeit der englischen Verwaltungen und der guten Schulung des Personals zunächst auch ohne eingehende Mitwirkung der Staatsbehörde einen hohen Standpunkt erreicht.

Bereits in den Jahren 1840 und 1842 waren Gesetze erlassen, nach denen alle Unfälle dem Handelsamte (Board of Trade, s. d.) zu melden waren. Auch mußten neue Strecken und Bahnhöfe vor ihrer Eröffnung vom Handelsamt geprüft werden. Im Jahre 1857 empfahl ein Ausschuß des Unterhauses, daß dem Handelsamt das Recht zur Untersuchung aller Unfälle verliehen werde. Im Jahre 1867 berichtete eine königl. Kommission zur Vorbereitung eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Eisenbahnen, daß eine besondere Gesetzgebung für die Sicherheit des Betriebes nicht nötig sei, da die Eisenbahnen schon infolge der Haftpflicht auf die Sicherheit Bedacht zu nehmen gezwungen seien. Auch größere Unfälle – die Zahl der getöteten Reisenden stieg im Jahre 1874 auf 86 – änderten diese Auffassung nicht. Erst als im Jahre 1889 der schwere Unfall bei Armagh 80 Reisenden das Leben kostete, wurde auf das Fehlen von Blockeinrichtungen und einer bei Zugtrennungen selbsttätig wirkenden Bremse hingewiesen und das Gesetz vom 30. August 1889 (Regulation of Railways Act 1889, 52. und 53. Vict., chap. 57) erlassen, durch das das Handelsamt ermächtigt wurde, die Einführung des Raumabstandes in der Zugfolge (absolute block working) und von durchgehenden und selbsttätigen Bremsen bei allen Personen führenden Zügen, endlich von kombinierten Signalen und Stellwerken zu verlangen. Da die englischen Bahnen diese Sicherheitseinrichtungen zum Teil bereits aus eigenem Antrieb eingeführt hatten, so beschleunigte das Gesetz lediglich ihre allgemeine Einführung. Unter den Erleichterungen, die das Handelsamt gewähren darf, ist hervorzuheben, daß auf kurzen eingleisigen Strecken von einer Einführung des Raumabstandes abgesehen und im Ausnahmefall bei gemischten Zügen für einzelne nicht zur Personenbeförderung bestimmte Wagen auch von der Anwendung durchgehender Bremsen Abstand genommen werden darf. Ganz besondere Schwierigkeiten bereitet der häufig und dicht auftretende Nebel dem englischen Eisenbahnbetriebe. Den Gefahren, die aus der schweren Erkennbarkeit der Signale entstehen, sucht man dann dadurch zu begegnen, daß bei den Hauptsignalen besondere Wärter aufgestellt werden, die Knallsignale auslegen, solange das Signal »Halt« zeigt. Ferner wurden sowohl mit den Haupt- als auch den Streckensignalen vielfach sog. Nebelsignale (s.d.) in Abhängigkeit gebracht, die in entsprechender Entfernung vom Hauptsignal dem Lokomotivführer durch ein lauttönendes Horn oder dgl. die Haltstellung des Signales anzeigen. Für die Zeit des Nebels werden auch besondere Fahrpläne mit verlängerten Fahrzeiten aufgestellt. Auch hält man die Güterzüge zurück, um die Personenzüge nicht zu gefährden. Dabei ist es vorgekommen, daß ein Güterzug bis zu 8 Tagen auf einem Nebengleis beiseite gestellt werden mußte. – Die schwere Erkennbarkeit der Signale bei Nebel hat auch in England die Frage der Einführung von Führerstandsignalen ganz besonders gefördert. Seit dem Jahre 1908 sind auf der Nordostbahn, auf der South-Eastern and Chatam-Bahn und auf der Great Western-Bahn solche Signale mit Erfolg in Gebrauch. Trotz der schwierigen Betriebsführung ist die Sicherheit auf den englischen Bahnen stets eine vorzügliche gewesen. Es gibt einzelne Jahre, wie z.B. die Jahre 1901 und 1908, in denen kein Reisender sein Leben durch Schuld der Eisenbahnverwaltungen verloren hat.

In Belgien hat, ähnlich wie in England, das rasch sich verdichtende Eisenbahnnetz mit seinem starken Verkehr eine erhöhte Fürsorge für die Sicherheit des Betriebs namentlich auf dem Staatseisenbahnnetz veranlaßt. Auch hier[338] machen die häufig vorkommenden Nebel besondere Maßnahmen nötig. Die im Laufe der letzten Jahre erzielten Fortschritte in der Ausbildung der Signale haben im Jahre 1907 zu einer Neuherausgabe der Signalvorschriften geführt.

In Frankreich wurde bereits im Jahr 1857 von der Staatsregierung eine Kommission eingesetzt zum »Studium der Mittel und Wege zur Herbeiführung der Regelmäßigkeit und Sicherheit des Eisenbahnbetriebs.« Bei der großen Selbständigkeit, die die Privateisenbahngesellschaften in diesem Lande besitzen, ist jedoch der Einfluß der Regierung auf Erhöhung der B. nur gering. Seit 1887 besteht ein Gesetz, durch das neben einer einheitlichen Signalordnung und der Begrenzung der Dienstzeit des Betriebspersonals die Einführung zentraler Weichenstellung, durchgehender Bremsen, einer Signalverbindung zwischen Zugbegleitpersonal und Lokomotivführer sowie zwischen Reisenden und Zugpersonal, endlich von Personenwagen mit Längsgängen angeordnet worden sind. Infolge schwerer Unfälle im Jahre 1910 fanden zu Beginn des Jahres 1911 eingehende Beratungen im Arbeitsministerium statt. Diese hatten zur Folge, daß der Minister an die Eisenbahngesellschaften unterm 31. März 1911 die Aufforderung ergehen ließ, die bestehenden Betriebsvorschriften so zu ändern, daß aus ihnen die Verantwortlichkeit der einzelnen Beamten klar hervorgehe. Auf den Schnellzuglinien sollten ferner die vorgeschobenen Signale allgemein verdoppelt werden. Auch wurde es für wünschenswert erachtet, sie auf der Zuglokomotive zu wiederholen, u. zw. auf mechanischem oder elektrischem Wege. Dabei sollte das Überfahren der Haltesignale auf der Lokomotive registriert werden. Die Beleuchtung der Wagen soll elektrisch erfolgen. Schwere Schienen sollen mehr als bisher eingeführt, die Zahl der Bahnhofsgleise vermehrt und das Durchkreuzen der durchgehenden Hauptgleise kurz vor Zugfahrten auf den Bahnhöfen streng verboten werden. Zu der Anbringung der Wiederholungssignale auf den Zuglokomotiven ist zu bemerken, daß sich auf der französischen Nordbahn seit langen Jahren sog. Krokodilkontakte in Gebrauch befinden, die bei Haltstellung des Signals eine Luftpfeife auf der Lokomotive zum Ertönen bringen. 1895 betrug die Zahl dieser Kontakte bereits 2000.

In Italien sind größere Fortschritte auf diesem Gebiet zu verzeichnen. Die Eisenbahnen lehnen sich in ihren Betriebseinrichtungen vielfach an die französischen Eisenbahnen an. Die neue Staatsverwaltung ist sehr rührig in der Verbesserung der Betriebseinrichtungen. Die Aufsicht der Staatsbehörde ist auch den Privatbahnen gegenüber verschärft worden.

In Rußland sind die Bestrebungen zur Erhöhung der B. besonders auf die Einführung durchgehender Bremsen bei den Güterzügen gerichtet. Durch kaiserl. Erlaß vom 30. März, 11. April 1898 wurden 2,533.900 Rubel für die Ausrüstung von Güterwagen und Güterzuglokomotiven der Staatsbahnen mit durchgehender Bremse zur Verfügung gestellt und den Privatbahnen die Ausgabe von Obligationen für den gleichen Zweck gestattet. Ausstände und Ausschreitungen haben hier die Abwicklung eines geordneten Betriebes zeitweise so erschwert, daß mit kaiserl. Erlaß vom 14./27. Dezember 1905 außergewöhnliche Schutzmaßnahmen durch Errichtung einer Eisenbahngendarmerie zur Sicherung des Eisenbahndienstes getroffen werden mußten. Gegenwärtig bestehen 17 Gendarmeriepolizeiverwaltungen, die von Generalen und Obersten kommandiert werden. Ihnen unterstehen 70 Bahnhofskommanden.

Spanien ist mit seinem Eisenbahnwesen von allen europäischen Staaten am weitesten zurückgeblieben. Dementsprechend stehen die Maßnahmen zur Erhöhung der B. auf den spanischen Eisenbahnen noch auf niedriger Stufe.

In Nordamerika sind die Maßnahmen zur Erhöhung der B., der freien Entwicklung des Eisenbahnwesens entsprechend, bis in die neuere Zeit dem Ermessen der Verwaltungen überlassen worden. Der Kongreß amerikanischer Eisenbahnfachmänner (s. American Railway Association) hat sich von jeher mit den Fragen der B. beschäftigt. Obwohl seine Bestrebungen Erfolg gehabt haben, so ist doch die Zahl der Unfälle auf den amerikanischen Eisenbahnen heute noch außerordentlich groß. In dem am 30. Juni 1910 abgelaufenen Geschäftsjahre wurden 227 Reisende bei Unfällen und 207 Beamte allein beim Kuppeln von Wagen getötet. Die letztere Zahl ist besonders deshalb von Bedeutung, weil die selbsttätige zentrale Kupplung auf den amerikanischen Bahnen auch zur Erzielung höherer B. eingeführt wurde. Allen Ländern voran ist Amerika in der Ausrüstung der Güterzüge mit durchgehender Bremse. Am 1. Januar 1909 waren von den der American Railway Association angehörenden Verwaltungen mit einem Bahnnetz von 402.693 km 2,137.721 Wagen mit durchgehender Bremse ausgerüstet, von 2,182.476 vorhandenen Wagen also 97∙9%. Von 58.469 Lokomotiven besaßen am genannten Tage bereits 58.425 oder 99∙9% die[339] durchgehende Bremse, deren Einführung bereits durch Gesetz vom 2. März 1893 eingeleitet und durch Gesetz vom 2. März 1903 in vollem Um fange angeordnet worden ist. Dieser Vorsprung der amerikanischen Bahnen ist allerdings in erster Linie auf die Schwierigkeit der Heranbildung eines zuverlässigen Personals für die Bremsbedienung zurückzuführen, ein Umstand, der auch auf anderen Gebieten hervortritt und der z.B. die Einführung der selbsttätigen Blocksignaleinrichtungen begünstigt hat. – Die Zunahme der Unfälle im letzten Jahrzehnt hat die öffentliche Aufmerksamkeit in Amerika, mehr als früher, auf die Frage der B. der Eisenbahnen gelenkt. Als eine Folge hiervon ist am 30. Juni 1906 ein Kongreßbeschluß zu stande gekommen, der das Bundesverkehrsamt ermächtigt, ein Blocksignal- und Zugsicherungsamt zu errichten zur Prüfung neuer Erfindungen von Blockeinrichtungen, selbsttätigen Haltvorrichtungen (automatic stops), Führerstandsignalen (cab signals) und überhaupt aller zur Sicherung des Eisenbahnbetriebs dienenden Ein richtungen. Diese Bestrebungen der Regierung zur Erhöhung der B. werden außer durch die bereits genannte Vereinigung auch durch die Fachvereine lebhaft unterstützt. Die American Railway Engineering and Maintenance of Way Association strebt eine Verbesserung im Bau und in der Unterhaltung der Bahnen, und die Railway Signal Association eine einheitliche Signalgebung und Vervollkommnung der Blockeinrichtungen an. Die allgemeinen hierbei verfolgten Ziele sind: 1. sorgfältige Auswahl und Ausbildung der Signalwärter, 2. eingehende Beaufsichtigung der Handblocksysteme (s. Fahrdienstleitung), 3. Einfriedung und Absperrung der Bahn, Einschreiten gegen unbefugtes Betreten der Bahnanlagen, 4. Einrichtung von Pensionskassen zur Hebung des Beamtenstandes und der Dienstzucht, 5. strenge Durchführung bestimmter Abstände zwischen den Zugfahrten, 6. eingehende Überwachung der Bahnanlagen, ihrer Unterhaltung und des Betriebs durch die Regierung.

Breusing.

Quelle:
Röll, Freiherr von: Enzyklopädie des Eisenbahnwesens, Band 2. Berlin, Wien 1912, S. 333-340.
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Geschichten aus dem Biedermeier. Neun Erzählungen

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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Dass das gelungen ist, zeigt Michael Holzingers Auswahl von neun Meistererzählungen aus der sogenannten Biedermeierzeit.

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