Australien

Australien

[156] Australĭen, auch Südindien und Polynesien oder Inselwelt genannt, ist der fünfte und zuletzt bekannt gewordene Erdtheil, welcher mit Amerika im Gegensatze zu den drei übrigen die sogenannte neue Welt bildet. Es gehören dazu das ungefähr 146,000 ! M. große Neuholland, das Festland dieses Erdtheils, und eine Menge einzeln und in Gruppen beisammen liegende Inseln zu beiden Seiten des Äquators im stillen Meere und in der Südsee, westl. von Amerika und östl. von Asien. Sie sind: Van Diemensland, Neuguinea, Norfolk, Tombara, Neubritannien, Neucaledonien, Neuseeland, die Admiralitäts-, Salomons- und Königin Charlotteninseln, die Neuhebriden, Karolinen oder Neuphilippinen, Ladronen oder Diebsinseln, die Pelew-, Sandwich-, Freundschafts-, Gesellschafts-, Marquesasinseln und andere, darunter auch die merkwürdige Pitcairninsel (s.d.). Kaum neun davon haben einen Flächenraum von mehr wie 100 ! M., und die meisten nicht einmal 10 ! M. Noch immer werden neue aufgefunden und die Grenzen A.'s sind daher nicht genau zu bestimmen. Die Scheidelinie zwischen den indischen Inseln wird südl. von den Molukken und östl. von den Philippinen gezogen. Der gesammte Flächeninhalt A.'s beträgt ungefähr 170,000 ! M.

Das Festland und die größern Inseln sind im Innern noch unerforscht. Hauptgebirge sind in Neusüdwales auf der Ostküste von Neuholland die blauen Berge, die sich 10 bis 20 M. vom Meere, von S. nach N. hinziehen und eine Höhe von 6000 bis 7000 F. erreichen; der Mauna Rua, auf einer der Sandwichinseln, erhebt sich bis zu 13,500 und der Egmont auf Neuseeland bis zu 14,700 F. Vulkane sind auf verschiedenen der kleinen Inseln thätig, welche zum Theil vulkanischen Kräften ihren Ursprung verdanken. Auch in Neuholland wurde neuerdings ein noch brennender Berg entdeckt, der aber nur durch Erdöl genährt zu werden scheint und keine Lava auswirft. Der bedeutendste Fluß ist der an der Ostküste in die Brokenbai mündende Hawkesbury, welcher etwa 20 M. landeinwärts schiffbar ist; neben ihm sind der Brisbane, welcher die blauen Berge durchbricht und in die Glashousebai mündet, der Hunters, der Clarence und Richmond zu nennen. Jenseit der blauen Berge ist der Darling der größte bekannte Fluß; er vereinigt sich mit dem Murrumbidgee und beide münden unter dem Namen Murray an der Südküste in die Encounterbai; auch in den herrlichen Hafen Western Port ergießt sich hier ein großer Fluß. Auf der Westküste ist nur der Schwanenfluß zu erwähnen. Das Klima A.'s ist im Allgemeinen mild; die Hitze erreicht nur im nördl. Neuholland, das in der heißen Zone liegt, einen hohen Grad; auf den meist kleinen Inseln in der Nähe des Äquators verhindert dies die kühle Seeluft. Das südl. Festland liegt in der südl. gemäßigten Zone, unter einem heitern, gefunden Himmelsstriche. Nur in den südlichsten Gegenden gibt es harte Winter.

Hinsichtlich der Producte hat sich bisher das Mineral- und Thierreich sehr arm erwiesen. Edle Metalle kommen gar nicht vor, sondern nur Kupfer, Eisenstein, Marmor, Porphyr, Granit, Kalk, viele Steinkohlen, Steinsalz u.s.w. Unter der Thierwelt A.'s hat der Mensch keinen Feind. Säugethiere gibt es wenige. Eigenthümlich sind diesem Erdtheile das Känguruh, das größte Landthier A.'s und nebst dem Schnabelthiere auch das merkwürdigste; ferner der Dingo oder neuholländ. Hund, der Wombat, das Schweifthier, der Koola und das fliegende Eichhorn. Außerdem gibt es in A. Schweine, Walfische an der Südküste, Seebären, Seelöwen u.s.w. Rindvieh, Pferde, Ziegen und Schafe wurden erst aus Europa dorthin verpflanzt. Unter den in A. einheimischen Vögeln sind der Adler, Falke, das Emu oder der neuholländ. Kasuar, der Kranich, der schwarze Schwan und viele Arten Papageien und Paradiesvögel zu erwähnen. Fische gibt es nur wenige, dagegen viele Schlangen in Neuholland, die, mit Ausnahme der Demantschlange, insgesammt giftig sind. Auch eine kleine Bienenart ohne Stachel ist hier heimisch. Reicher ist die Pflanzenwelt, welche Klima und fruchtbarer Boden begünstigen. Auf einigen Inseln gedeihen der Brotbaum und sogar Gewürze, Palmen, Pataten und andere Pflanzen mit genießbaren Wurzeln; ferner Flachs auf Neuseeland, Baumwolle, Zuckerrohr, Sago, Gummi und Mannabäume, vortreffliches Bauholz, das mitunter sogar einen gewissen Grad von Unverbrennlichkeit besitzt, und eine Menge A. eigenthümliche merkwürdige Gewächse. Von den Europäern sind mehre Getreidearten, Obst und Südfrüchte eingeführt worden.

Die eingeborene Bevölkerung wird auf etwa 4 Mill. geschätzt. Sie gehört theils zum Negerstamme, besonders im W. und südl. vom Äquator, ist namentlich auf dem Festlande affenartig, thierisch roh und der zweiten vorherrschenden malayischen Race weit untergeordnet, welche die östl. Inseln bewohnt und in ihrer reinsten Ausbildung, z.B. auf den Sandwichinseln, keiner andern nachsteht. Ihre Religion ist meist roher Götzendienst und Menschenopfer und Menschenfresserei sind sehr allgemein. Es fehlt indessen der edlern Bevölkerung nicht an trefflichen Anlagen, und Christenthum und Civilisation haben seit 30 Jahren auf manchen Inseln außerordentliche Fortschritte gemacht. Die Bewohner einiger kleinen Inseln leben in bürgerlicher Verbindung, der eine Art Lehnswesen zum Grunde liegt; auf den größern und dem Festlande sind sie meist in Stämme und Familien getheilt unter wechselnden Häuptlingen. Die Sprachen sind bei zahlreichen Dialekten arm und dürftig, wie die Begriffe der Menschen, und mitunter kaum Sprachen zu nennen. Außer diesen Urbewohnern wird die eingewanderte europ. Bevölkerung, namentlich in Neuholland und Vandiemensland, immer wichtiger. Die 1788 von England gestiftete Verbrechercolonie in Neusüdwales zählt schon mehr als 60,000 Einw., welche ansehnlichen Handel nach Amerika, Indien und China, ferner Schaafzucht, Walfisch- und Robbenfang treiben und bereits manche Producte, z.B. Wolle, nach Europa ausführen.

Einzelne Inselgruppen A.'s wurden schon im 16. Jahrh. von den Spaniern entdeckt und in Besitz genommen, und [156] den Holländern gebührt die Ehre, im folgenden Jahrh. die größten Inseln und das Festland aufgefunden zu haben; allein erst durch den berühmten Weltumsegler James Cook (s.d.) wurde diese neue Welt in den Jahren 1768–79 bekannter. Ihm eiferten bald andere große Seefahrer nach, unter denen Laperouse (1786), Baudin (1801), Krusenstern (1803), Kotzebue (1815–18), Duperry (1822) neben Andern Erwähnung verdienen. Von einer Geschichte A.'s kann bei der Rohheit seiner Eingeborenen nur in Hinsicht der dort gegründeten europ. Colonien die Rede sein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 156-157.
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