Australien

[66] Australien (Geographisch-Statistisch), 1) im weiteren Sinne die gesammten, den 5. Welttheil bildenden, im Großen Ocean vom 32° nördl. bis 56° südl. Breite, u. vom 132._– 269° östl. Länge zerstreut liegenden Inseln u. Inselgruppen, jetzt gewöhnlicher mit dem Namen Polynesien bezeichnet. 2) Im engeren Sinne die früher sogen. Insel Neuholland, jetzt auch Australland, Australcontinent genannt, wozu noch in politisch-statistischer Beziehung die Insel Tasmania od. Vandiemens Land gerechnet wird.

I. A) Das Land. Es erstreckt sich vom 10°43' bis 39°11' südlicher Breite u. vom 131° 1' bis 171°40' östlicher Länge (von Ferro) mit einem Küstenumfange von 1940 Ml.; seine größte Ausdehnung in der Länge von O. nach W. beträgt 548 Ml., in der Breite von N. nach S. 429 Ml.; Flächenraum 142,425 QM. (einschließlich Tasmania's 143,557 QM.). Meere u. Küstenbildung: Auf der NKüste bis zur Insel Neu-Guinea das Timormeer, wozu der 100 Ml. lange, zwischen Cap Wessel u. Cap York liegende Carpentaria Golf gehört (Carpentarialand); von hier aus zieht sich die Küste gegen W. flach u. einförmig bis zu der durch ihren schönen Hafen (Port Essington) ausgezeichneten Halbinsel Koburg, an deren Südseite der Vandiemens Golf (Pitschenelumbo der Eingeborenen) u. weiter südlich jenseit der Clarence-Straße der Cambridge Golf ins Land eindringen (Arnhems Land), u. erstreckt sich dann weiter südwestwärts bis zum Nordwest-Cap (Tasmans Land u. Dewitts Land); die WKüste zieht sich, die Haifischbai umschließend, in südlicher Richtung bis zum Cap Leeuwin (Eendragts-, Edels- u. Leeuwinland), von da an erstreckt sich die Südküste erst gegen O. zu, die Häfen Port D'Entrecasteaux[66] u. König Georgs Sund umfassend, bis zu dem aus kleinen Felseninseln bestehenden Recherche-Archipel, von da an gegen N. den Austral Busen bildend, ohne alle Baien u. Inseln, gänzlich hasen- u. schutzlos bis zum Cap des Adieux (Nuytsland), dann südöstlich die einförmigen Golfe Spencer u. Vincent umfassend, bis zu der Känguru-Insel u. dem Cap Jervis (Flinders Land) weiter fort in der nämlichen Richtung ebenfalls noch wüst u. öd, u. ohne geeignete Hafenplätze bis zum Cap Otway (Napoleons Land); hier fängt die durch treffliche Hafen ausgezeichnete Steilküste Süd-A-s an, die mit den ähnlich gebildeten Ufern Tasmania's zu den sichersten Steilküsten der Erde gehört. Sie zieht sich Anfangs immer noch südöstlich, die Häfen Port Philipp u. Port Western bildend, bis zum südlichsten Cap, Cap Wilson (Grants Land); die 32 Ml. lange Baßstraße trennt hier den Continent von der Insel Tasmania. Die OKüste (Colonie Neu-Süd-Wales) zieht sich vom Cap Howe an hoch u. steil mit den Häfen Port Jackson (Sidney) u. Moretonbai in nordöstlicher Richtung bis zum Cap Sandy, u. von da an bis zum Cap York, in nordwestlicher Richtung, bespült von dem an Busen u. Baien reichen Korallenmeer, das hier durch die Torresstraße wieder mit dem Timormeere verbunden wird. Gebirge: im SO. die Kette der Grampians (mit dem Williamberge, 4200 F.), die Südlichen Pyrenäen (durch Goldreichthum ausgezeichnet), östlich davon die Warragongkette od. Australischen Alpen (das höchste Gebirgedes Landes mit dem Mount Hotam, 6400 F.), M. Latrobe, 6300 F., Kosciuskoberg, 6200 F., die Hochebenen Monarn u. Argyle, welche nördlich in die Blauen Berge übergeht, noch weiter nördlich die Liverpoolkette (4000 F.); in der Nähe der Moretonbai die Berggruppe Lindesay (5400 F.), im S. des Landes die Gawlerkette (Losty, 3000 F.), im SW. u. W. die Darlingkette (2000 F.), im N. ein noch wenig durchforschtes Hochland von ungefähr 3–4000 F., auf Tasmania die Hochebenen Surrey u. die Berge Benlomond (4700 F.) u. Humboldt (5200 F.). Geognostische Beschaffenheit: in den Tiefebenen finden sich nur diluviale Felsbildungen von jüngstem Alter, selten mit Granit u. Porphyr; die Gebirge sind Ur- u. Übergangsgesteine, Granit, Quarz, Bergkalk mit Knochen antediluvianischer Thiere, Kohlensandstein mit Basalt u. Porphyr. Vorgebirge, auf der OKüste: York, Melville, Flattery, Bedford, Grafton, Cleveland, Townshend, Sandy, Moreton, Hawke u. Howe; auf der SKüste: Wilson, Otway, Northumberland, Jervis, Spencer, Katastrophe, des Adieux, Pasley u. Nuyts; auf der WKüste: Leeuwin, Naturforscher-Cap, Cuvier, Nordwest-Cap; auf der NKüste: Levesque, Talbot, Londonderry, Wessel, Wilberforce, Arnhem. Meerengen: nördlich die Torres-, südlich die Baßstraße. Golfe, auf der OKüste: Balhurst-, Cleveland-, Hervey-, Glaphouse-, Moreton-, Botany-, Jervis-, Bateman-, Moruga-, Varmonthbai; auf der SKüste: Portland-, Zusammenkunfts- (Encounter-) bai, Vincent- u. Spencer Golf, Anxionsbai, König Georgs Sund, Flindersbai; auf der WKüste: Geographen-, Haifisch-, Exmouthbai; auf der NKüste: Cambridge-, Vandiemens-Golf, Castlereaghbai, Carpentariagolf mit der Melvillebai; auf Tasmania: Sturm- u. Austernbai. Stromgebiete wenig ausgebreitet, noch unvollkommener als die afrikanischen Die Flüsse sind nur unbedeutend u. unfähig zur Vermittelung der Communication, im Innern fehlen sie gänzlich. Im SO. der Murray, der aus den Quellenflüssen Howe u. Goulburn gebildet wird, den Lachlan u. Morumbidschi aufnimmt, sich mit dem aus dem Condamine, Dumaresae, Nammoy, Castlereagh u. Macquarie gebildeten Darling vereinigt u. sich in den Alexandrina-See ergießt; ferner der Barku, dessen Bett oft stellenweis kein Wasser hat, u. der nur nach starken Regengüssen den Torrens-See erreicht. Auf der OSeite: Brisbane, Richmond, Clarence, Hastings, Manning, Hunter, Hawkesbury, Shoal-Haven u. Moruga, sämmtlich unbedeutend; auf der WKüste: der Kleine Schwanenfluß u. der in die Haifischbai mündende Gascoyne; auf der NKüste: der Victoriafluß, der Burdekin u. Alligatorfluß; auf Tasmania der Derwent- u. der Arthurfluß. Seen: im S. der Alexandrin- od. Victoria-See, 12 Ml. lang, 6 Ml. breit, durch einen nicht einmal für Boote fahrbaren Kanal mit dem Meere verbunden, u. der Torrens-See, bisweilen ohne Wasser, nur einen mit Salzhaut überzogenen Sumpf bildend, u. durch einen Kanal mit dem Spencer Golf verbunden; im SO. früher der Georgen-See, jetzt ausgetrocknet; im SW. der Dambeling-See; zwischen den Flüssen Macquarie, Castlereagh u. Darling die Macquarie-Moräste, u. bei der Vereinigung des Lachlan u. Morumbidschi die Colare-Sümpfe. Klima: nördlich vom Wendekreis ein tropisches (Octbr. bis April schwüle Regenzeit), südlicher ein subtropisches, im S. ein gemäßigtes, durch große Milde u. Gleichmäßigkeit für die Gesundheit außerordentlich zuträglich; Winter (Juni, Juli, Aug.) u. Sommer (Decbr., Jan., Febr.) trocken, Herbst (März, April, Mai) u. Frühjahr (Septbr., Octbr., Novbr.) Regengüsse. Der mittlere Thermometerstand beträgt im N. 23° R., im S. 15° R. Hauptcharakter des Klimas ist Trockenheit. Winde: im Tropenklima der Wechsel der indischen Monsune, in der Trockenzeit der Ost-, in der Regenzeit der West-Monsun. Auf der Südseite überwiegt der Südwestwind des SOceans bis in das Innere, an der OKüste nur während des Winters. Diesen oceanischen Luftströmungen stehen auf sämmtlichen Küsten die glühend heißen Landwinde gegenüber, ähnlich den Winden aus der afrikanischen Sahara; sie steigern in unglaublich kurzer Zeit die Temperatur um 15–20° R. Mineralreichthum bedeutend, namentlich Gold, Kupfer, Steinkohlen. Pflanzen: Soweit die ziemlich einförmige Flora von A. bekannt ist, umfaßt dieselbe ungefähr 7000 Pflanzenarten. Kryptogamen sind bei der herrschenden Trockenheit sehr selten, ebenso die Gräser nur wenig vertreten; Weizen u. Mais sind von den Colonisten dorthin verpflanzt worden. Am meisten sind die Myrtaceeu (Eucalyptus, Gummibaum, Melaleaca, Thechaum) verbreitet, von den Leguminosen zahlreiche Arten von Acacia, von den Coniferen Callitris (Ceder) u. Casuarina (von den Colonisten seltsam genug als Eichen bezeichnet), von den Asphodelen das allgemein ausgebreitete Geschlecht Xanthorrhoea (Grasbaum); von Palmen finden sich nur wenige Arten. Rubiaceen, Asclepiadeen u. Capparideen kommen bes. in der Tropenzone vor. Die meisten Pflanzen A-s haben immergrüne, harte [67] Blätter, u. Blumen, die sich durch Farbenreichthum auszeichnen aber vollkommen geruchlos sind; eßbare Früchte fehlen beinahe gänzlich, die Birnen sind holzig, die Kirschen haben den Stein außerhalb (Exocarpus); in Neu-Süd-Wales finden sich die Melinen (Cedrelea, rothe Ceder; Melia, weiße Ceder; Oxleya, Gelbholz, sämmtlich geschätzte Holzarten). Wälder finden sich vorzugsweise an den Küsten u. auf den Hochebenen, weiter nach dem Inneren zu nur stacheliges Gebüsch; Wiesen von einiger Ausdehnung aber nur auf den Hochebenen, sind jedoch mit den gleichmäßigen Grasteppichen der gemäßigten nördlichen Zone nicht zu vergleichen, weshalb die Erhaltung von Vieh viel größeren Raum erfordert, als in Europa. Thiere: Ebenso einförmig u. mangelhaft wie die Flora ist auch die Fauna vertreten. Von Säugethieren finden sich nur die Beutelthiere (namentlich das Känguru), einige seltsame Monotremen (Stachelschweine u. Ameisenfresser) u. Arten von Ornithorhynchus (Schnabelthiere u. Wassermaulwurf); Hausthiere mangelten bisher gänzlich; Schafe u. Schweine sind erst in neuerer Zeit von den Colonisten eingeführt worden, ebenso Rindvieh u. Pferde. Vögel sind in großer Menge u. ausgezeichneter Schönheit repräsentirt, unter diesen namentlich der Kasuar, schwarze Schwan, Waldfasan, Prinzregentenvogel (Oriolus) u. verschiedene Seevögel; Raubvögel sind selten. Von den Amphibien finden sich in Menge nur Eidechsen u. Schlangen; Frösche u. Landschildkröten sind selten, noch seltener die in süßem Wasser lebenden Mollusken u. Fische. Insecten gibt es in großer Menge überall verbreitet, Zoophyten u. Radiaten namentlich an der NKüste; von Seesäugethieren gibt es Wallfische.

B) Die Leute. Die Gesammtzahl der Bevölkerung belief sich im J. 1855 auf ungefähr 700,000. Von den Colonisten u. Einwanderern s. unten D) u. E). Die Ureinwohner, auf ungefähr 50,000 zusammengeschmolzen, gehören zu dem Hauptstamme der Papuas (Australneger, Negritos), einem Mittelgliede zwischen der Äthiopischen u. Malaiischen Race, u. zerfallen in mehrere Unterstämme, von denen der Murray-, Weal-, Cockatu- u. Kincannup-Stamm die bedeutendsten sind, deren jeder wieder kleinere Stämme hat. Sie sind von dunkelbrauner, fast schwarzer Farbe, krausem, jedoch nicht wolligem Haar, mittlerer Größe, häßlicher Gesichtsbildung, großem Mund, dicken Lippen, vorstehenden Backenknochen u. dürren Armen u. Beinen; die Weiber sind im Allgemeinen noch häßlicher; im Ganzen sind sie freundlich u. gutmüthig, heiter u. fröhlich, obgleich bei der ersten Berührung mit Europäern sehr scheu u. mißtrauisch, ehrlich u. treu, muthig u. entschlossen, aber auch der äußersten Roheit fähig; an Müssiggang u. Wanderleben gewöhnt, können sie nur schwer, fast kaum, zu einem stetigen, geordneten Leben gewöhnt werden. Jeder der einzelnen Stämme behauptet einen besonderen Landstrich, der wieder in die Besitzungen der einzelnen Familien getheilt wird. Worin das Recht des Besitzes besteht, läßt sich kaum beurtheilen, da Ackerbau nicht stattfindet u. alle verschiedenen Glieder ein u. desselben Stammes auf dem Gesammtgebiet des Stammes jagen dürfen; Gliedern eines anderen Stammes steht dieses Recht nicht zu. Eine bestimmte Regierungsform haben diese Stämme nicht, weder Häuptlinge, noch sonst Vorgesetzte, denen eine gewisse Leitung der allgemeinen Angelegenheiten od. auch nur eine Rathertheilung zustände. Alles, was in einzelnen Fällen von Häuptlingsherrschaft vorkommt, mag sich auf den Einfluß solcher beschränken, welche physische Kräfte u. Gewandtheit in Handhabung des Speeres mit Blutdurst u. Herrschsucht vereinigen. Ihre Nahrung besteht in Fischen, Muscheln (bes. Schildkröten), Vögeln, Schlangen, Eidechsen, selbst dem ekelhaftesten Ungeziefer, Wurzeln u. Blättern; das Fleisch rösten sie auf Kohlen od. backen es auf beißen Steinen. Sie trinken Wasser, das sie bei Regen in Gruben auffangen u. durch Halme od. Vogelknochenröhren einziehen. Beim Herannahen des Winters ziehen sie sich vor den heftigen Stürmen in die mehr nach dem Inneren zu gelegenen Wälder zurück. In den heißesten Monaten gehen sie gänzlich nackt, in den kühleren besteht ihre Kleidung aus einem einzigen Gewande, einem kurzen bis an die Knie reichenden Mantel von Kängurufellen, welcher gewöhnlich mit dem Pelz nach innen getragen, bei starkem Regen aber umgewandt wird, damit die Nässe abläuft, ohne das Fell zu durchdringen. Bisweilen tragen sie auch noch unter dem Mantel einen schönen Gürtel von Opossumfellen. Den Körper bemalen sie sich mit bunten Farben, bei feierlichen Gelegenheiten auch schwarz u. weiß. Die Männer ritzen sich Wunden an Brust, Rücken u. Armen, um Narben od. Hautwülste, die sie für einen großen Schmuck halten, hervorzubringen. Die Haare werden theils in Netzen getragen, theils in Büschel aufgebunden, u. dann mit einer steifen, thonähnlichen Pomade überzogen. Andere binden eine große Menge kleiner Thonstücke an die Enden der Haare. welche jede Bewegung mit einem eigenthümlichen Rasseln begleitet. Auch Hals- u. Armbänder tragen sie, u. Individuen von einiger Auszeichnung schmücken sich mit kleinen Knochen od. Holzstäbchen im Nasenknorpel. Den Bart pflegen die Männer mit vieler Sorgfalt, da er nicht nur als eine große Zierde gehalten wird, sondern auch mit seinem Besitze gewisse gewichtige Rechte (z.B. Heirathen) verknüpft sind. Zur Wohnung dienen ihnen Höhlen, hohle Bäume, od. aus Reißholz u. Binsen leicht zusammengeflochtene schmutzige Hütten; ihr Hausgeräth besteht in eisernen Äxten u. Meißeln, Säcken u. Körben aus Baumrinde, Muschelschalen, Matten zum Sitzen u. Liegen, Netzen u. Booten zum Fischfang, hölzernen mit knöcherner Spitze versehenen Speeren zum Schildkrötenfang; Landthiere fangen sie in Fallen, Netzen u. mit den Händen. Waffen sind der Speer, eine gerade Stange von 9 Fuß Länge, an dem einen (dickeren) Ende mit einer 6–8 Zoll langen Spitze aus gehärtetem Eisen od. scharfkantigem Quarz versehen; er zersetzt das Fleisch fürchterlich, u. seine Verwundungen sind um so gefährlicher, da es kaum möglich ist, die im Fleisch festsitzende Spitze herauszuziehen; der Speer wird vermittelst des Wamera, eines flachen, aus Mahagony geschnitzten, 2 Fuß langen Wurfstockes, an dessen einem Ende eine harzige Substanz klebt, geschleudert. Die merkwürdigste von allen Waffen ist der Kilie od. Bumerang, ein halbmondförmig gebogener Baumzweig, von Spitze zu Spitze ungefähr 15 Zoll lang u. 2 Zoll breit. Sein Flug ist excentnisch u. sehr verschieden je nach der Geschicklichkeit des Werfenden, um so gefährlicher,[68] weil der Uneingeweihte nie die Richtung voraussehen kann, die ihm ein erfahrener Werfer zu geben im Stande ist od. beabsichtigt. Der Kilie wird in einer Entfernung von 10–12 Fuß zu Boden geschleudert, prallt ab, beschreibt einen Bogen in der Luft u. fällt in großer Entfernung zur Rechten od. Linken je nach Berechnung des geschickten Werfers nieder, od. steigt nach dem Wurf auf die Erde mit außerordentlicher Schnelligkeit bis zu einer unglaublichen Höhe empor u. fällt dann mit furchtbarer Gewalt hinter dem Werfer zu Boden. Außerdem noch der Waddi, ein kurzer, schwerer, an dem einen Ende dickerer Stock, der als Keule benutzt wird, ein steinerner Hammer (Tomahawk) u. eine rohe Art von Messer mit Schneide von Stein. Kriege werden nur unter eingeborenen Stämmen geführt, die Schlachten beginnen mit Zweikämpfen. Von Religion ist wenig bekannt, anscheinend ist sie dualistisch; sie verehren einen guten Gott (Koyan od. Gujot) u. einen bösen, schwarzen, in Höhlen wohnenden (Petoyan od. Manjuk); auch glauben sie noch an andere Geister (Gespenster) u. Vorbedeutungen. Die Priester, Karraji u. anderwärts Mulgarradok, sind alte geachtete Männer, zugleich Zauberer, Ärzte, Rathgeber. Hauptfest ist das Keborra, wobei die Jünglinge jagdfähig u. wehrhaft gemacht werden. Polygamie ist in weitester Ausdehnung vorhanden; Jeder darf so viel Weiber haben, als er ernähren, od. auch nur stehlen u. auf andere Weise sich verschaffen kann; gewöhnlich werden die Weiber durch Geschenke erworben u. ohne weitere Ceremonie heimgeführt; die einfache Anordnung von Seiten des Vaters od. eines Vormundes des Mädchens genügt u. schließt mit od. ohne deren Zustimmung die Verhandlung ab; ja bisweilen wird ein weibliches Kind schon unmittelbar nach seiner Geburt an Einen von dem Stamme versprochen. Die verheiratheten Frauen sind sehr abhängig u. haben alle Geschäfte zu besorgen. Entführungen u. Davonlaufen sind nicht ungewöhnlich. Obgleich die Frauen von den Männern mit wilder Brutalität behandelt werden u. unter einem elenden Leben voll Entbehrungen zu leiden haben, fehlen ihnen doch nicht Liebe zu ihren Kindern, ja selbst zu ihren rohen Gatten; wenigstens sind die Fälle nicht selten, wo Frauen bei Familienstreitigkeiten in der aufgeregtesten Stimmung die Partei ihres Gatten ergreifen. Andererseits sollen demungeachtet auch Kinderabtreibungen u. Tödtungen nach der Geburt vorkommen. Eine Lieblingsbelustigung ist der Corroberry, ein von einem monotonen Gesang (a bia mati mati) begleiteter Tanz; die Tänzer bemalen sich dazu den Oberkörper mit rothem Ocker u. Fett, od. tragen Büschel von Federn u. Blumen, bisweilen auch den zottigen Schwanz eines Hundes in den Haaren. Begraben werden die Leichen unmittelbar nach dem Tode, bisweilen noch warm; das Grab wird an derselben Stelle gemacht, wo der Todte starb, kaum tief genug, um den Körper unter Oberfläche zu verbergen, der Verstorbene in seinem Mantel gehüllt hineingelegt u. ein wenig leichte Erde auf ihn geworfen, jedoch nicht von der, welche aus dem Grabe gescharrt worden ist. Die Waffen, welche der Verstorbene zuletzt gebrauchte, werden auf den Grabhügel gelegt u. dann zu den Füßen desselben ein kleines Feuer angezündet, worauf die Angehörigen eilig die Stelle für immer verlassen. Nach dem Tode wird der Name des Verschiedenen nie mehr ausgesprochen; wer von anderen Eingeborenen desselben Stammes den gleichen Namen. führte, nimmt sogleich einen neuen an. Die Sprache der Eingeborenen zerfällt in viele Dialekte; sie ist im Allgemeinen eine sehr rohe; Flexionen u. Bildungen sind einförmig, gezählt wird bis 5, was darüber ist, gilt als unbestimmter Begriff viel. Alle Versuche der Europäer, die Eingeborenen zu unterrichten, von ihrer Trägheit u. Wanderleben zu entwöhnen u. sie für den Ackerbau zu gewinnen, sind bis jetzt gescheitert; sie ziehen sich scheu vor den Europäern bis in die öden Wüsten zurück, um dort wahrscheinlich bald ihrem gänzlichen Untergange entgegenzugehen. Am auffallendsten ist dieses rasche Aussterben auf Tasmania. Im J. 1815 gab es dort noch 5000, 1847 nur noch 45; seitdem sind auch diese, obgleich man sie sämmtlich nach der außerordentlich gesund gelegenen Austerbai geschafft hat u. ihnen alle mögliche Unterstützung zu Theil werden läßt, bis auf 16 zusammengeschmolzen.

C) Politische Eintheilung. Die Küstenländer (denn nur von diesen kann die Rede sein, da das Innere noch gänzlich unbekannt, unbebaut, u. aller Wahrscheinlichkeit nach wegen Wassermangels auch jeder Cultur unzugänglich u. unfähig ist) werden in 5 der Krone England zugehörige Colonien eingetheilt: a) Neu-Süd-Wales, die größte von allen, vom Cap Sandy im N. bis zum Cap Howe im S., mit reichen Goldminen, die im J. 1853 gegen 2 Mill. Pf. Sterl. Ausbeute lieferten, 1854 aber nur gegen 800,000 Pf. St., wird in 46 Grafschaften eingetheilt; Einw. im J. 1855: 251,315; Hauptstadt: Sidney, mit Hafen (Port Jackson) u. 50,000 Ew., dann Paramatta mit 10,000 Ew.; b) Victoria (früher Australia Felix), vom Cap Howe im O. bis zur Mündung des Glenelg im W., noch reichere Goldminen, 1853 gegen 9 Millionen Pf. St. Ausbeute, wurde erst 1850 von Neu-Süd-Wales getrennt, in 24 Grafschaften getheilt; Einw. im J. 1855: 232,886; die Eingeborenen wurden auf ungefähr 2500 geschätzt; Hauptstadt: Melbourne, in der Nähe des Port Philipp; 20,000 Ew.; c) Süd-A., von der Mündung des Glenelg bis zum Cap des Adieux, in 11 Grafschaften getheilt; 1855 92,525 Ew.; Hauptstadt: Adelaide, in der Nähe des Alexandrina-Sees; 12,000 Ew.; d) West-A., vom Cap des Adieux bis an die WKüste, von allen Colonien noch am wenigsten entwickelt, da sie geringere natürliche Hülfsquellen besitzt, in 26 Grafschaften eingetheilt; die Einwohnerzahl hat sich von 1848 bis 1855 von 4622 zu 12,000 gesteigert; Hauptstadt: Perth, an der Mündung des Schwanenflusses; die übrigen Küstenstriche des Festlandes sind noch nicht politisch organisirt; e) Tasmania (Insel Vandiemens Land), 1132 QM., wovon 1855 kaum 10 QM. angebaut waren, in 9 Polizeidistrict getheilt; Einw. im J. 1855: 64,874; Hauptstadt: Hobarttown, an der Mündung des Derwent in die Sturmbai, 20,000 Ew.; dann Launceston, 10,000 Ew. Das Nähere über diese Colonien siehe die einzelnen Artikel.

D) Verfassung u. Verwaltung. Jede der 5 Colonien steht unter einem besonderen Gouverneur, der zugleich Oberbefehlshaber der Garnison ist, ihm zur Seite eine Executiv-Behörde, aus Beamten u. von der englischen Regierung ernannten[69] angesehenen Einw. zusammengesetzt; die Legislative wird zu 1/3 von der englischen Regierung ernannt, zu 2/3 von den Einw. gewählt; sie hat das Recht, Gesetze zu geben, soweit sie den englischen nicht widerstreiten, Aber die Einnahmen zu bestimmen, soweit sie nicht aus den Kronländern fließen, u. endlich die Zölle aufzuerlegen. Die Executiv-Behörde ist zugleich eine Art Oberhaus. Über alle Bestimmungen beider Häuser steht dem Gouverneur u. der Krone England ein Veto zu. Die innere Verwaltung leitet im Allgemeinen der Colonial-Secretär, dann gibt es noch ein Schatz- u. ein Zoll-Departement. Die Justiz-Organisation ist der englischen ähnlich, in jeder Colonie ist ein Obergericht für Civil- u. Criminalfälle u. mehrere Untergerichte, beide mit Geschworenen, dann gibt es noch Local- u. Polizei- (Einzeln-) Richter. Die Einnahmen der Colonien bestehen theils aus den Einfuhrzöllen (namentlich auf Tabak u. geistige Getränke), theils aus im Inneren erhobenen Abgaben u. Steuern, über deren Verwendung bestimmt die Legislative, theils aber u. namentlich in dem Verkauf u. Verpachtung von Kronländereien (zur Betreibung von Ackerbau, Viehzucht u. zum Goldsuchen), worüber jedoch die Regierung allein verfügt. Die Ausgaben bestehen in den Besoldungen der Beamten, den Kosten für den Bau von Kirchen, Schulen, sonstigen öffentlichen Gebäuden u. Pensionen; sie sind meistens geringer, als die Einnahmen; der Überschuß wird für gemeinnützige Zwecke (Chausseen u. dgl.) verwandt. Alles Land, welches nicht durch Vergebung u. Kauf in Privatbesitz übergegangen ist, gehört der Krone England. Früher wurde es, um die Ansiedelung rasch zu befördern, für unbedeutenden Grundzins, bisweilen sogar umsonst, vergeben, in neuerer Zeit wird es, den Acker zu 1 Pf. St., jedoch nicht unter 30, in Süd-A. nicht unter 80 Acker, öffentlich verkauft od. verauctionirt. Außerdem wird zur Hebung der Viehzucht unverkauftes Land von der Regierung verpachtet; während der Dauer des Contractes darf das verpachtete Land nur an den Pächter zu 1 Pf. St. der Acker verkauft werden. Plätze zum Goldsuchen werden für 64 Quadratfuß zu 1 Schilling den Monat verpachtet (Claim). Für Aufnahme der deportirten Verbrecher (Convicts genannt) sind ursprünglich die Colonien Neu-Süd-Wales u. Vandiemens Land angelegt worden; um die Einwanderung nicht zu hemmen, ist jedoch seit 1839 die Deportation nach der ersteren aufgehoben. Die Besseren der Convicts wurden den freien Einw. unter der Sorge für deren Bekleidung u. Ernährung als Diener, Arbeiter u. Hirten übergeben, die Widerspenstigen aber in besondere Strafabtheilungen (Penalstationen) untergebracht, von den Einw. gänzlich getrennt, einer strengen Zucht unterworfen u. zu öffentlichen Arbeiten verwandt; es ist nicht zu verkennen, daß die Deportirten in hohem Grade zu dem raschen Aufblühen der Colonien beigetragen haben. namentlich dadurch, daß sie die Arbeiter, an denen A. heute noch Mangel leidet, lange Zeit ausschließlich ersetzten. Andererseits läßt sich auch nicht ableugnen, daß die arge Unsittlichkeit u. die Masse von Lastern u. Verbrechern, wodurch sich namentlich Neu-Süd-Wales u. Tasmania auszeichnen, eine Folge dieser Ansiedelung von Verbrechern gewesen ist. Religion u. Kirche. Die Religionsübung ist frei; von den Protestanten gehört die größere Anzahl der Episkopal-Kirche an, die in Sidney, Newcastle, Melbourne, Adelaide u. Hobarttown Bischöfe hat; außerdem gibt es noch schottische Presbyterianer, Wesleyanische Methodisten, Congregationalisten, Baptisten, deutsche Lutheraner (in Süd-A.), Römische Katholiken, bes. in Neu-Süd-Wales u. Tasmania, mit einem Erzbischof in Sidney u. Bischöfen in Adelaide, Perth u. Hobarttown; außerdem noch Griechisch-Katholische, Juden, Muhammedaner u.a. Die Regierung unterstützt die Episkopalisten, Presbyterianer, Methodisten u. Römischen Katholiken durch Zuschüsse u. Beiträge zum Kirchenbau, wie zum Gehalt der Geistlichen. Missionen zur Bekehrung der Ureinwohner sind mehrfach versucht worden, aber immer mit gleicher Erfolglosigkeit. Bildung u. Unterricht, Wissenschaft u. Kunst sind noch. in ihrer Kindheit, da das Streben der Ansiedler vorzugsweise auf das Materielle gerichtet ist; ebenso steht das Schulwesen noch auf einer sehr niedrigen Stufe, u. ein nicht unbedeutender Theil der Jugend wächst fast ohne allen Unterricht auf. Im J. 1855 bestanden 613 Gouvernementsschulen, Römisch-Katholische u. Privatschulen, in denen sämmtlich ungefähr 40,000 Kinder unterrichtet wurden. Höhere Lehranstalten gibt es nur in den größeren Städten. Gelehrte Gesellschaften u. Institute sind in Sidney das Sidney College mit Bibliothek, in Melbourne die Philosophical Society of Victoria, in Hobarttown die Royal Society of Sciences, die seit 1848 Transactions herausgibt; außerdem in Launceston die Launceston Library. Zeitungen gibt es bereits in allen größeren Städten. Industrie u. Handel. Die Hauptbeschäftigung der Colonisten besteht in Vieh-, vorzüglich Schafzucht, welcher der fast gänzliche Mangel an Raubthieren sehr zu statten kommt. Man schätzte 1855 die Zahl der Schafe auf 17–18 Mill., des Rindviehes auf 2 Mill., der Pferde auf 200,000, der Schweine auf 50,000. Der Ackerbau steht gegen die Viehzucht bedeutend zurück, da der Boden für denselben weniger geeignet ist; am meisten wird Weizen gebaut, Mais u. Roggen fast gar nicht, ferner etwas Gerste, Hafer u. Kartoffeln, vorzüglich auf Tasmania, tu Neu-Süd-Wales Tabak u. Orangen; in Süd-A. u. Victoria hat man in neuerer Zeit, u. zwar nicht ohne Glück, auch Wein zu bauen angefangen. Andere Colonisten beschäftigen sich mit Fischfang, ehemals auch mit dem der Seehunde, die jedoch jetzt fast gänzlich vertrieben sind; in der Nähe der größeren Städte wird der Wallfischfang lebhaft betrieben. Einer der wichtigsten Zweige ist der Bergbau; schon seit Anfang des 19. Jahrh. werden die großen Steinkohlenlager von Newcastle in Neu-Süd-Wales mit Erfolg ausgebeutet. Seit der Gründung der Colonie Süd-A. sind dort reiche Kupferminen entdeckt worden, von denen namentlich die Gruben Kapunda u. Burraburra großen Ertrag lieferten; vor Allem aber zeichnen sich die enormen Goldlager aus, die 1852 in dem angeschwemmten Lande. von Neu-Süd-Wales (am Macquarie u. Schoalhaven) u. später in Victoria (im Thale Ballarat u. am Alexanderberge) aufgefunden wurden. Manufacturen u. Fabriken sind dagegen erst im Entstehen. Eisenbahnen zur Verbindung der Colonialhauptstätte sind theils im Bau begriffen, theils projectirt. Der Handel der Colonien ist bereits sehr blühend u. nimmt mit reißenden Fortschritten zu, namentlich der Handel der größeren Küstenstädte durch die in den[70] letzten Jahren organisirten regelmäßigen Dampfschifffahrten. Ausfuhrartikel sind vorzugsweise die Producte der Viehzucht: Wolle u. Talg, Häute, Wallrath, Hufe u. Knochen, Horn, Leder, Lederwaaren, Fischbein, Cocosnußöl, Tabak u. Erze, von denen das Meiste nach England u. den englischen Colonien geht. Eingeführt werden vorzüglich Kleiderstoffe u. fertige Kleidungsstücke, Ackerbaugeräthschaften, Eisen-, Stahl-, Messing-, Galanterie- u. Glaswaaren, Tischler- u. Sattlerarbeiten, Wein, Bier, Zucker u. Medicinalbedarf, das Meiste wiederum aus England u. den englischen Colonien. Im J. 1854 betrug der Werth der Gesammtausfuhr: 17,603,736 Pf. Sterl. (einschließlich 9,407,748 Pf. Sterl. an Gold), der der Gesammteinfuhr: 26,698,749 Pf. Sterl.

E) Deutsche Auswanderung nach A. Die erste Auswanderung Deutscher nach A. im Großen fand im J. 1838 statt, wo sich auf Anregung u. Kosten des reichen Kaufmanns Angas in Adelaide eine Anzahl schlesischer Altlutheraner unter Pastor Kavel nach Süd-A. übersiedelte u. dort auf dessen Ländereien nördlich von Adelaide fünf deutsche Dörfer gründete; andere folgten bald nach u. 1843–50 beförderte die südaustralische Compagnie durch ihre Bremer u. Hamburger Agenten gegen 10,000 Deutsche dahin, wovon sich die meisten in der Nähe der von den schlesischen Auswanderern gegründeten Dörfern niederließen; Tanonda mit deutschen Kirchen u. Schulen, deutschen Ärzten u. Predigern, Kaufleuten u. Gewerbtreibenden bildete den Mittelpunkt. Die Angasstraße in Adelaide bewohnen gegen 2–3000 Deutsche, unter denen neben ziemlicher Wohlhabenheit auch das entsetzlichste Elend herrscht, daher zahlreiche Familien-Armenhäuser, seit 1850, theilweis durch Unterstützung der Colonialregierung erbaut sind; auch eine deutsche Schule u. ein deutsches Hospital. Andere haben sich mehr nach dem Inneren zu zerstreut, häufig in der äußersten Verkommenheit lebend; wissenschaftlich gebildete junge Leute sind nicht selten zu den niedrigsten Arbeiten u. Diensten (als Schaf- u. Schweinehirten, Ochsentreiber, vacirende Viehärzte u. dgl.) gezwungen, um nur das Leben zu fristen. Die englischen Einwanderer haben vor den deutschen den Vortheil der freien Überfahrt u. der Regierungs-Unterstützung voraus; zudem müssen Letztere, um sich Ländereien zu kaufen, sich erst für den Preis von 2 Pfd. Sterl. naturalisiren lassen; erst seit August 1853 können naturalisirte Deutsche in die gesetzgebende Versammlung gewählt werden, müssen jedoch 2000 Pf. St. an Grundbesitz od. 100 Pf. St. jährliche Einkünfte aus Grundstücken haben, wozu es bis jetzt noch Keiner gebracht hat. Der deutsche Einwanderer wird im Allgemeinen von den englischen Colonisten geachtet u. gesucht, benutzt u. zurückgesetzt. In Victoria setzte die Regierung 1848 eine Prämie von 100 Pf. St. für die ersten 400 deutschen Einwanderer aus, die jedoch Ackerbauer u. Viehzüchter sein sollten. In Folge davon trat in Melbourne ein deutsches Einwanderungscomité zusammen, stiftete ein deutsches Einwanderungshaus (German barracks) u. 1848–49 kamen in Port Philipp 8–900 Deutsche an; da sie aber überwiegend aus Handwerkern bestanden, so verweigerte die gesetzgebende Versammlung die Auszahlung der Prämie; sie blieben größtentheils in Melbourne u. haben jetzt dort eine deutsche. Schule, Kirche etc.; in der Nähe der Stadt sind noch zwei deutsche Colonien. Im Ganzen mögen gegen 3000 Deutsche in Victoria leben, meistens unvermögend, mit Ausnahme des reichen Grafen Salis, der große Schäfereien (80,000 St.) besitzt. In West-A. versuchte die Colonialregierung ohne Erfolg deutsche Einwanderer zur Ansiedelung zu bewegen; die Scheu vor der Strafcolonie hielt dieselben aber davon ab; ebenso in Neu-Süd-Wales, doch veranlaßte 1849 der Consul Kirchner aus Frankfurt a. M. in Sidney die Einwanderung von ungefähr 900 Deutschen (meist Acker- u. Weinbauern vom Ober-Rhein u. der Mosel); mehrere größere Grund- u. Schäfereibesitzer ließen ebenfalls deutsche Auswanderer auf ihre Kosten nach Neu-Süd-Wales befördern. Eine directe Postverbindung A-s mit dem Deutschösterreichischen Postverein ist durch den Vertrag vom 17. Febr. 1857 angeknüpft worden. Die Briefe nach sämmtlichen englisch-australischen Colonien werden in London gesammelt u. über Southampton (resp. Marseille) u. Ägypten expedirt; Schluß für Annahme in London den 12. (resp. 16.) jedes Monats; Porto 12 Sgr. (resp. 141/2 Sgr.).

F) Literatur: Cooks erste Reise um die Welt in Hawkesworth, Account of the Voyages for making Discoveries in the Southern Hemisphere, Lond. 1773, 3 Bde.; Plank, Handbuch einer Erdbeschreib. von A., 1793–1800, 2 Bde.; Péron, Voyages de découverte aux terres australes, Par. 1807, 2 Bde.; Flinders, Voyage to Terra Australis, Lond. 1814, 2 Bde.; Walkenaer, Le monde maritime, 1818, 5 Bde.; King, Narrative of Survey of the Intertropical and Western Coasts of A., Lond., 2 Bde.; Hassel, Erdbeschreib. von A., Weim. 1825; Lesson, Sur les Iles Occaules, Par. 1827; Ellis, Polynesian Researches, Lond. 1829, 2 Bde.; Dawson, The present State of A., ebd. 1830; Dormeny de Rienzi, Océanie, Par. 1836; Meinicke, Das Festland von A., Prenzlau 1837, 2 Bde.; Mitchell, Three Expeditions into the Interior of Eastern A., Lond. 1838, 2 Bde.; Ders., Journal of an Expedition into the Interior of Tropical A., ebd. 1848; Stokes, Discoveries in A. with an Account of the Coasts and Rivers, ebd. 1846, 2 Bde.; Sturt, Two Expeditions into the Interior of Southern A., ebd. 1833, 2 Bde.; Ders., Narrative of an Expedition into Central A. 1844–46, ebd. 1849, 2 Bde.; French-Angas, Savage Life and Scenes in A., ebd. 1847; Haßkarl, A. u. seine Colonien, Elberf. 1849; Leichhardt, Tagebuch einer Landreise in A., übers. von Zuchold, Halle 1851; Sam. Sidney, The three Colonies of A., New South Wales, Victoria, South A., Lond. 1852. Karten: I. Arrowsmith, Atlas von A., darin bes. die Karte A. from Surveys made by Order of the British Government 1850, dann die Karten zu den Werken von Flinders, King, Mitchell u. Stokes.

II. (Gesch.). Zuerst besuchte 1606 ein holländisches Schiff, Duyshen, die OKüste des Carpentaria Golfs, u. die Holländer setzten nun ihre Entdeckungsreisen dahin fort. Um dieselbe Zeit sah auch der Spanier Luis Vaes de Torres die NKüste; 1616 landete Dirk Hartig in der Haifischbai, u. nach seinem Schiff Eendragt wurde der District Eendragtsland genannt; 1618 kam Zechaen an die NKüste u. 1619 Joh. Edel an den, nach ihm Edelsland [71] benannten Theil der WKüste; 1620 wurde von Holländern der Golf Carpentaria (nach dem indischen Generalstatthalter Pet. Carpentar genannt) u. 1622 von dem Schiffe Leeuwin Leeuwinsland entdeckt; 1628 kam de Witt nach dem, von ihm benannten Dewittsland auf der NW-Küste, u. Pet. Nuyts benannte das 1629 von ihm entdeckte westliche Gebiet Nuytsland. 1636 entdeckte eine neue Expedition Vandiemensland u. Arnhemsland. 1642 bereiste Abel Tasman den STheil A-s u. kam nach Vandiemensinsel, die er aber für einen Theil des Continents hielt. 1644 besuchte er die N-n. die WKüste u. gab einem District zwischen Vandiemensland u. Dewittsland den Namen Nova Hollandia (Neuholland), u. man nannte darnach, bes. seit Dampier, den ganzen Continent so, während er früher Südmagellansland geheißen hatte. Nach einem langen Stillstand in dem Besuche A-s, währenddem nur Dampier 1688 u. 1699 u. Vlaming 1696 einzelne Partien auf der WKüste genauer bestimmten, untersuchte erst Cook wieder 1770 die OKüste, der er den Namen Neu-Süd-Wales gab u. wobei er auf Botanybai aufmerksam machte, dann 1777 Vandiemensland sehr genau u. nicht lange darauf wurden auch englische Colonien dort gegründet (s. unten). Ihm folgten 1773 Fourneaux, 1778 Bligh; ferner besuchte 1788 White Neu-Süd-Wales, 1791 Vancouver die SWKüste, 1792 Entrecasteaux die SKüste u. Vandiemensland. Nachdem 1788 Neu-Süd-Wales mit der Hauptstadt Sidney durch Philipps, ursprünglich als Verbrechercolonie, angelegt war, wurde auch A. mehr u. mehr untersucht; so 1795 u. 99 von Flinders u. Baß die O- u. NOKüste, 1800 von Grant u. 1801 von Murray die westliche SKüste, 1801 f. von Baudin u. Freycinet die W- u. SKüste, 1802 f. von Flinders auf das Sorgfältigste die S- u. NKüste u. die Colonie Vandiemens Land gegründet, 1826 untersuchten Jefferies u. Kelly die OKüste, 1817–22 King die O-, N- u. WKüste. Das Innere besuchten 1788–91 Phillip, Tench u. Dawes bis zum Hawkebury u. Nöpean, 1796 Hunter bis zur Hunterkette; aber erst 1813 überstiegen Wentworth, Blarland u. Lawson die Blauen Berge, welche das Vordringen in das Innere lange gehindert hatten, u. nun wurde eine Straße über dieselben angelegt u. jenseit derselben 1815 die Colonie Bathurst gegründet. Nun reiste 1815 Evans an den Lachlan, mit welchem 1818 Oxley das Gebirgs- u. Flachland untersuchte. 1823–29 bereiste Cunningham das nördliche, 1818–24 Howell u. Hume das südliche Gebirgsland (Süd-Austral-Alpen) u. den Humefluß. 1823 entdeckte Bell einen anderen Weg durch die Blauen Berge, der sicherer u. bequemer nach Bathurst führte, u. Oxley den größten Fluß des Continents, den Brisbane u. m. a. Sturt bereiste das Land seit 1828 u. entdeckte 1829 den Darling; in demselben Jahre wurde die Colonie West-A. mit der Hauptstadt Perth gegründet, um 1835 die erste Niederlassung am Port Philipp, aus welcher später die Colonie Australia felix entstand, die 1850 als Colonie Victoria mit der Hauptstadt Melbourne ihre gesonderte Verwaltung erhielt; 1832 f. bereiste Bennet u. seit 1835 Major Mitchel das Land, der die Mündung des Darling in den Murray fand u. das Grampiangebirge entdeckte. Um die Aufnahme der Küsten A-s machten sich King, Sturt, Frazer u. Logan verdient. 1824 wurde von Bremer Arnhemsland in Besitz genommen u. auf Melville das Fort Dundas angelegt, allein die Colonie hatte wenig Glück. So ging auch 1830 die 1827 in Westernhafen gegründete wieder ein, u. so mehrere wegen unzulänglicher Nahrungsmittel u. wegen des Skorbutes. Aber sehr blühend ward die vom Capitän Stirling 1829 in West-A. angelegte Colonie am Schwanenfluß, wohin viele freie Colonisten aus Großbritannien zogen u. trefflichen Boden fanden. Seit 1832 singen die Engländer an, Land an freie Colonisten zu verkaufen, die Einnahme davon wurde zur Überschiffung der Colonisten verwendet. 1833 erfolgten Niederlassungen am Vincentsgolf, aber erst 1836 wurde dort von einer Actiengesellschaft die Colonie Süd-A. gegründet, mit der Stadt Adelaide. 1838 besuchten die englischen Offiziere Wikham, Grey u. Buschington einen Theil der NWKüste u. drangen ins Innere vor, doch ohne bedeutende Entdeckungen zu machen. 1837 wurde am Spencergolf die Colonie Lincoln Port angelegt. In Nord-A. wurde 1838 eine neue Anlage Victoria auf der Halbinsel Koburg gemacht. 1839 legte Major Mitchel die Colonie Australia felix im südöstlichen Theil des Landes an, wo die Stadt Melbourne sich schnell hob. Küstenforschungen unternahm Stokes (1837–43), Endeckungsexpeditionen ins Innere Sturt (1844–46), Gregory u. Helpmans 1846 u. ein Deutscher, Leichhardt (1848 u. 49). Die Einwanderung in A. von Europa aus blieb gering, obgleich sowohl in England als auch in Preußen (durch Schomburgk) 1848 u. 49 aufmunternde Veranlassungen dazu gegeben, auch Vereine zu diesem Zwecke gegründet wurden. Lange sprach man fast übereinstimmend dem Continent von A. jede große Zukunft ab, u. die natürliche Beschaffenheit des Landes, sein wüstes Innere, die Unfruchtbarkeit selbst großer Küstenstriche, seine Lage inmitten eines gefährlichen Meeres, sein Klima mit den periodisch wiederkehrenden Dürren, die auch die bisherige Hauptnutzung des Landes zur Schafzucht zu einer ungewissen u. gewagten machten, ließ jenes Urtheil als ein nicht unbegründetes erscheinen. War es gegen die Mitte der vierziger Jahre (freilich auch zugleich in Folge der schlechten Colonialverwaltung) doch schon so weit gekommen, daß die Einwanderung, namentlich in Neu-Süd-Wales u. Vandiemensland, bereits wieder zu einer großen Auswanderung, meist nach Chili, wurde. Und hob sich auch danach bei einer geregelteren u. strengeren Verwaltung der Zustand, zumal der südlichen Provinzen, wieder in etwas, so geschah dies doch im Vergleich zu anderen, der Einwanderung geöffneten Ländern, immer nur in geringem Maße. Da brachte ein unerwartetes Ereigniß plötzlich einen so gewaltigen Umschwung in die ganzen Verhältnisse des Landes, daß A. mit einem Male das Ziel einer massenhaften Einwanderung wurde. Es wurde nämlich ein großer Gold reichthum in A. entdeckt. Schon vorher war ein Beamter der australischen Eisenwerke, Smith, bei der Regierung von Sidney unter Vorzeigung eines Goldklumpens mit dem Anerbieten erschienen, gegen eine Belohnung den Fundort, der noch ungeheuere Massen Goldes enthalte, nach zu weisen. Die Regierung verlangte aber von den Finder, daß er seine Angabe ihrer Prüfung, seine Belohnung ihrem Ermessen überlasse, u. als Sutith[72] darauf nicht eingehen wollte, so ruhte die Angelegenheit wieder geraume Zeit. Da stellte sich mit Wiederholung von Smiths Anerbieten im April 1851 ein Anderer, Hargreaves, bei der Regierung ein. Eben aus Californien zurückgekehrt, war derselbe durch die Wahrnehmung, daß die Landschaft um Bathurst große Ähnlichkeit mit den Califorinischen Golddistricten habe, auf den Gedanken gekommen, nach Gold zu suchen, u. hatte solches auch bald dicht unter der Oberfläche der Erde gefunden u. dann bei weiteren Nachforschungen längs des Turonflusses bis zu seiner Mündung in den Macquarie, an 5 deutsche Meilen weit, fort u. fort Goldlager entdeckt. Die Regierung behielt sich auch Hargreaves gegenüber vor, ihn nur nach Befinden zu belohnen (er erhielt später 10,000 Pf. St.); dieser nannte nun Lewis Ponds, Summer-Hill Creek in Bathurst u. Wellington als die eigentlichen Golddistricte, worauf man alsbald ans Werk ging, u. bereits Mitte Mai lief bei der Regierung ein sehr befriedigender Bericht ihres zur Untersuchung der Districte abgesandten Commissärs ein, worauf diese sofort einen Befehl erließ, daß jeder Goldgräber, deren sich schon eine große Anzahl eingefunden hatte, einen Erlaubnißschein (a licencé) zum Preise von 30 Schilling auf den Monat lösen müsse. Die Zahl der Goldsucher mehrte sich so, daß man am Ende des Jahres die Zahl derselben bereits auf 50,000 schätzte, u. bis zum Februar 1852 waren allein aus Sidney für 6 Mill. Thaler Gold ausgeführt. Bald genug zeigten sich aber auch die übeln Folgen des Goldfiebers. Feldarbeiter u. Schafhirten waren gar nicht mehr od. nur zu unerschwinglichem Lohne zu erhalten; die Ortschaften leerten sich immer mehr u. mehr von Bewohnern; von den Schiffen desertirten die Matrosen; die Schafzucht gerieth in die äußerste Gefahr, ganze Heerden kamen um od. wurden als Schlachtvieh in die Goldfelder getrieben. Die Preise der Lebensmittel erreichten eine enorme Höhe; ebenso aber auch der Luxus u. die Verschwendung in den niederen Ständen. Bald genug ward übrigens auch in anderen Gegenden A-s Gold in Menge gefunden; schon Mitte 1852 dehnten sich die bis dahin bekannten Goldlager von den Gefilden Victorias bis zu denen von Bathurst aus, in einem Gürtel, der Hunderte von Meilen lang u. in seiner Breite ganz unbestimmbar war. Nun wandte sich auch die Einwanderung in Masse nach A.; in der ersten Woche des Septembers kamen allein 4238 Menschen nach der Victoriacolonie, im December 152 Schiffe mit 12,000 Passagieren nach Port Philipp. In gleichem Maße stieg aber auch die Unsicherheit des Eigenthums u. des Lebens; Raub war an der Tagesordnung u. Todtschläge nicht selten, u. die Justiz erwies sich dabei fast ganz ohnmächtig. Auch in anderer Art stellten sich die Mängel in der Verwaltung in fühlbarster Weise heraus, da es an Straßen, Brücken, Polizei, Escorten u. einer regelmäßigen Postverbindung fehlte. Doch hatten sich am Ende des Jahres 1852 die Verhältnisse schon wesentlich gebessert. Die Sicherheit war mehr gewahrt u. ein regelmäßiger Escortendienst aus den Minen hergestellt. Die nothwendigsten Lebensmittel, bes. Mehl, waren wohlfeiler geworden, die Ernte u. Schafschur nicht ungenügend ausgefallen. Der Goldertrag bis dahin, soweit er sich übersehen ließ, wurde auf 4 Mill. Unzen = 16 Mill. Pfd. Sterl. geschätzt, die Zahl der Goldsucher auf 100,000. Die ergiebigsten Gegenden waren damals die am Mount Alexander (etwa 70 deutsche Ml. von Süd-Adelaide), Ballarat u. the Ovens. Das Jahr 1853 brachte geordnetere Zustände. Die Coloniallegislatur von Australia felix genehmigte den Bau dreier Eisenbahnen, von Melbourne nach dem Hafen, nach Geelong u. endlich nach dem Mount Alexander u. dem Murray in der Richtung nach Sidney; freilich aber schritt deren Ausführung wegen Mangels an Arbeitern nur sehr langsam vor. Ebenso wurde die Errichtung des ersten elektrischen Telegraphen für A. in der Victoriacolonie in Angriff genommen, um Melbourne mit Williamstown zu verbinden. In Portland wurden mächtige Steinkohlenlager unweit der Küste entdeckt; auch bei Sidney fanden sich später dergleichen. In Süd-A. wurde der Murray durch Dampfschiffe zuerst befahren u. damit eine Dampfschiffverbindung mit Neu-Süd-Wales, Victoria u. Süd-A. hergestellt. Waaren u. Lebensmittel wurden durch die von Speculanten in Übermaß ins Land gebrachte Zufuhr sehr wohlfeil. Das harte, ungesunde Leben in den Goldgruben führte nun auch Viele enttäuscht wieder nach den Colonien u. zu ihren früheren Beschäftigungen, die ihnen bei den hohen Arbeitslöhnen einen sicheren Gewinn boten, zurück, u. manche zum Stillstand gekommenen Unternehmungen, wie die Arbeiten in den Burraburra-Kupferminen, wurden nun wieder mit Erfolg aufgenommen. Dennoch füllten sich die verlassenen Goldfelder stets wieder mit Neueingewanderten, von denen Einzelne hin u. wieder einen wunderbaren Glücksfund thaten, während doch im Ganzen der Erwerb der Gräber immer nur ein nicht bedeutender blieb, wie auch die Goldcompagnien fast durchgehends mittelmäßige Geschäfte machten. Allmählig regte sich nun auch wieder das Interesse an politischen Fragen. Die unter dem Ministerium Derby 1850 der Colonie verliehene Constitution wurde in Sidney vielfach angefochten u. namentlich das Ernennungsrecht der Krone für das Oberhaus lebhaft bestritten. Man setzte Ausschüsse nieder, um sich über den Entwurf einer Verfassung zu einigen, die, wenn sie in der Colonie angenommen sei, dann dem Mutterlande zur Genehmigung vorgelegt werden sollte. Während die Majorität der Legislative die neue Colonialverfassung in zweiter Lesung genehmigte, wurde in einem Meeting vom 18. Sept. in Sidney eine Petition an die Königin beschlossen, um gegen die Bestimmungen des neuen Verfassungsentwurfes, als den Wünschen u. Interessen der Bewohner u. den Grundsätzen der britischen Bürgerfreiheit wiederstreitend, Verwahrung einzulegen, um eine dem Geiste der britischen Verfassung entsprechende Regierungsform zu bitten u. zu erklären, daß die gegenwärtige Legislative die Stimme des Volkes von Neu-Süd-Wales nicht repräsentire. Übrigens sprach sich die im December wieder zusammengetretene Legislative selbst gegen den Vorschlag aus, das Oberhaus aus lebenslänglichen Mitgliedern zusammenzusetzen, u. beschloß, daß die Krone die Mitglieder auf 5 Jahr ernenne. Ebenso arbeitete man in Süd-A. an der Herstellung eines neuen legislativen Systems, das auf den liberalsten Grundsätzen beruhte (Oberhaus bestehend aus 12 von der Krone zu ernennenden Mitgliedern, während das Unterhaus jedoch das Recht hat, nach 9 Jahren die Constituirung des Oberhauses zu verändern u. dessen Zusammensetzung nach freier Wahl zu fordern; Unterhaus[73] bestehend aus 36 Mitgliedern, auf 3 Jahre gewählt; die Minister können nur gestützt auf die Majorität beider Häuser im Amte bleiben). Auch in der Colonie Victoria äußerte sich nach Promulgirung des neuen englischen Verfassungsentwurfes die Opposition dagegen, u. es wurde dem Gouverneur am 17. Octbr. eine Beschwerdepetition an die Königin überreicht. Eine Bewegung anderer Art ward durch die von Seiten der Goldgräber allenthalben erhobene Forderung einer Herabsetzung der Taxe für die Goldsucher veranlaßt; hier u. da kam es deshalb zu stürmischen Auftritten, im Ganzen aber ward der ordnungsmäßige Weg der Petition eingehalten. Die Regierung von Sidney ging auch bald auf die ihr vorgelegten Wünsche ein u. ermäßigte die Erlaubnißsteuer um 3/2, auf 10 Schill.; auch in den übrigen Colonien trat eine Ermäßigung ein, worauf sich die Agitation alsbald legte. In Hinblick auf die kriegerischen Aussichten in Europa wurden in allen bedeutenden Hafenplätzen der Colonien Vertheidigungsanstalten gegen mögliche Angriffe russischer Kreuzer getroffen. Der Totalwerth des von Victoria u. Neu-Süd-Wales im J. 1853 ausgeführten Goldes wurde auf 11 Mill. Pfd. St. geschätzt. Die Bewegung, betreffend die Colonialverfassung, währte auch im J. 1854 noch fort; die unzufriedenen Äußerungen über die Regierungen mehrten sich; das Verlangen nach einer den Verhältnissen besser entsprechenden Repräsentativverfassung sprach sich immer dringender aus. Eine bedenkliche Wendung nahmen die Dinge durch den Aufstand der Diggers (Goldsucher) in der Victoriacolonie. Auf einem Monstermeeting zu Balarat am 29. Novbr. 1854 war von den Diggers beschlossen worden, ferner keinen Erlaubnißschein zum Goldsuchen einzuholen u. zu bezahlen. Tags darauf sandte die Behörde eine Anzahl Polizeiagenten in die Minen, um die ohne Erlaubnißschein betroffenen Diggers zu verhaften. Die Polizei ward mit Gewalt zurückgetrieben, worauf der Regierungscommissär die Aufruhracte verlesen ließ. Gegen die dann noch Widerspenstigen schritt das Militär ein, worauf die Aufrührer sich an mehreren Punkten befestigten, um bewaffneten Widerstand zu leisten. Vor diesen Anstalten zog sich das Militär zurück. Nun griff der Aufstand rasch um sich. Die Unabhängigkeitsfahne ward aufgepflanzt u. nach Abberufung des Colonialsecretärs verlangt. Die Regierung ergriff jetzt energische Maßregeln. Am 5. Decbr. ward der ganze District von Buningyong in Belagerungszustand erklärt. Alles verfügbare Militär, verstärkt durch Mannschaft eines im Hafen liegenden Kriegsschiffes, zusammen 1000 M., rückte mit Geschütz von Melbourne nach Balarat aus. Bei dem Zusammenstoß mit einer Schaar von etwa 200 Aufständischen wurden gegen 40 M. derselben theils getödtet, theils schwer verwundet, 123 gefangen; die Truppen hatten 3 Todte u. 33 Verwundete. Hiermit war aber auch der Aufstand unterdrückt; hinter diesen Unruhen schien eine politische Agitation verborgen zu sein, ausgehend von einer Partei in A., welche eifrig für unabhängige Verwaltung der Colonialangelegenheiten kämpfte u. selbst aus ihrem letzten Ziele, der völligen Losreißung vom Mutterlande, keinen Hehl machte. An der Spitze derselben stand der Schotte John Dunmore Lang, Gründer einer freien Colonialkirche, ein durch Kenntnisse, Geist, Energie u. unerschütterliche Zähigkeit ausgezeichneter Mann, welcher 1850 als Mitglied der Legislative von Neu-Süd-Wales für die Hauptstadt Sidney gewählt wurde u. in seinem Werke: Freiheit u. Unabhängigkeit der Goldländer A-s, bereits einen Verfassungsentwurf für die sieben vereinigten Provinzen von A. niederlegte. Auf der anderen Seite äußerte sich in Neu-Süd-Wales große Begeisterung für den Krieg Englands gegen Rußland u. bethätigte sich durch ansehnliche Subscriptionen für einen patriotischen Fond. Die zur Untersuchung der Beschwerden in den Golddistricten niedergesetzte Commission befürwortete 1855 die Aufhebung der Licenceabgabe u. schlug statt ihrer einen Goldausfuhrzoll vor. Neue Goldgruben werden fortwährend aufgefunden, doch bleibt die Gesammtausbeute in dem früheren Verhältnisse. 1855 unternahm Gregory, auf Veranlassung der königlichen Geographischen Gesellschaft zu London, abermals eine Expedition nach dem innern u. nördlichen A.; von Sidney ging er nach Moretonbai u. dann den Victoriafluß aufwärts, dessen Quellen er erreichte u. dann mitten in einer Sandwüste einen schon von Sturt angedeuteten Salzsee fand.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 66-74.
Lizenz:
Faksimiles:
66 | 67 | 68 | 69 | 70 | 71 | 72 | 73 | 74
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Das neue Lied und andere Erzählungen 1905-1909

Die Sängerin Marie Ladenbauer erblindet nach einer Krankheit. Ihr Freund Karl Breiteneder scheitert mit dem Versuch einer Wiederannäherung nach ihrem ersten öffentlichen Auftritt seit der Erblindung. »Das neue Lied« und vier weitere Erzählungen aus den Jahren 1905 bis 1911. »Geschichte eines Genies«, »Der Tod des Junggesellen«, »Der tote Gabriel«, und »Das Tagebuch der Redegonda«.

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon