[222] Giraffe (die) ist eins der merkwürdigsten Säugthiere, ausgezeichnet durch Größe und Gestalt.
Es erreicht eine Höhe von 16–18 F. und ist also das größte Thier der Erde. Dabei stehen alle seine einzelnen Glieder zu einander in einem höchst ungewöhnlichen Verhältnisse. Die Vorderbeine sind bedeutend länger als die Hinterbeine und der Leib der Giraffe geht nach hinten abschüssig herab. Dabei hat der Rumpf nur eine Länge von 6–7 F. und ebenso lang ist der schlank aufsteigende Hals. Besonders merkwürdig sind die Hörner der Giraffe. Sie stehen über der Stirn, sind kegelförmig und mit einer Haut überzogen. Vor diesen Hörnern steht ein Höker oder ein drittes Horn, welches dicker und kürzer als die beiden andern ist. Das Weibchen hat nur die zwei hintern Hörner und diese sind bei beiden Geschlechtern oben etwas zurückgebogen und an der Spitze mit einer Art von Knopfe versehen. Diese Hörner fallen niemals ab, bestehen aus einer porösen Knochenmasse und bilden gleichsam eine Fortsetzung des Schädels. Der Kopf ist klein, die Oberlippe hängt über dem Unterkiefer herab und die weißen Ohren sind ziemlich groß. Besonders schön sind die Augen der Giraffe, welche groß und schwarz sind und einen sanften Ausdruck haben. Die Zunge ist schwarz und ungewöhnlich lang. Vom Kopf bis zum Rücken erstreckt sich eine kurze schwarze Mähne. Der nicht lange Schwanz geht in einen Büschel schwarzer Haare aus. Wegen [222] der bedeutenden Länge der Beine erscheinen diese schwach. Die Grundfarbe des schönen Felles der Giraffe ist weiß und auf demselben befinden sich nahe bei einander große, fast viereckige Flecke von dunkler Farbe. Beim Gehen hebt das Thier die rechten und ebenso die linken Füße zugleich, und wenn es sich niederlegen will, knieet es erst auf die Vorderbeine, wie das Kameel. Um den Kopf zur Erde bringen zu können, muß es die Vorderbeine weit auseinander spreizen. Die Giraffe nährt sich von Blättern und jungen Ästchen, die sie mit ihrer langen Zunge geschickt abzupflücken weiß. Sie ist sehr leicht zu zähmen, weil sie von Natur ein sehr sanftes Wesen hat. Man findet diese Thiere im östl. und südl. Afrika in kleinen Rudeln zusammenlebend und macht Jagd auf sie, weil ihr Fleisch von sehr angenehmem Geschmack ist. – Die Giraffe war schon den Alten bekannt. Die Römer nannten sie Kamelopardel, weil sie an Gestalt dem Kameel und durch die Färbung des Fells dem Panther ähnelt, und brachten deren öfter zur Volksbelustigung nach Rom. Im 15. Jahrh. kam eine Giraffe an den Herzog von Medici in Florenz, im 16. eine nach Konstantinopel. Seit dieser Zeit war in Europa dieses merkwürdige Thier gar nicht gesehen worden und es machte daher ungemeines Aufsehen, als 1826 eine lebende Giraffe nach Paris gebracht wurde. Jetzt befinden sich in London, nachdem früher einige derselben gestorben, mehre Giraffen in den sogenannten zoologischen Gärten.