Mortier

[192] Mortier (Eduard Adolf Kasimir Joseph), Herzog von Treviso, franz. Marschall und Pair, geb. 1768 zu Cambray, war eines Kaufmanns Sohn, erhielt eine gute Erziehung, wurde 1791 Hauptmann eines Bataillons Freiwilliger des Norddépartements und machte in den folgenden Jahren die Feldzüge in den Niederlanden und am Rheine mit. Der Feldzug von 1796 in Deutschland gab M. Gelegenheit zur Vermehrung seiner bereits erworbenen Verdienste, und er wurde 1799, wo er sich bei der franz. Donauarmee befand, zum Brigadegeneral ernannt, bald nachher aber als Divisionsgeneral bei der Armee in der Schweiz unter Masséna und im März 1800 vom ersten Consul Bonaparte als Commandant von Paris angestellt. Bei Erneuerung des Kriegs mit England im Jahre 1803 erhielt M. den Oberbefehl des Corps, welches das Kurfürstenthum Hanover besetzen sollte und schloß mit dem hanov. Feldmarschall Wallmoden eine Übereinkunft wegen Entwaffnung und Auflösung der hanov. Truppen ab. Nach der Rückkehr von Hanover ward M. zu einem der vier Befehlshaber der damaligen Consulargarde und im Mai 1804 zum Marschall ernannt, erhielt während des Kriegs mit Östreich 1805 den Auftrag, mit einem Corps am linken Donauufer entlang gegen Wien vorzudringen, was aber durch die ihm nicht ohne sein Verschulden vom russ. General Kutusoff bei Durrnstein am 11. Nov. beigebrachte Niederlage verhindert wurde. Als Befehlshaber des achten Corps der großen Armee besetzte M. 1806 im Kriege mit Preußen das Kurfürstenthum Hessen, die Hansestädte, einen Theil von schwed. Pommern und blockirte Stralsund, vereinigte sich dann kurz vor Ende des Feldzugs mit Napoleon und wirkte in der Schlacht bei Friedland als Commandant des linken Flügels wesentlich mit zum Siege. Mit einer Dotation von 100,000 Francs Einkünften 1808 zum Herzoge von Treviso ernannt, erhielt er hierauf den Befehl eines Armeecorps in Spanien und 1812 im russ. Feldzuge den der jungen Garde, wurde Commandant von Moskau und beim Rückzuge beauftragt, den Kreml daselbst in die Luft zu sprengen. Auch 1813 mit dem Commando der jungen Garde bekleidet, wohnte er den Hauptschlachten dieses Feldzugs bei, stand 1814 erst mit zwei Divisionen alter Garde in Belgien und erhielt zuletzt mit Marschall Marmont den Auftrag zur Vertheidigung von Paris, das sie aber vor der Übermacht der Verbündeten nach der Schlacht am Montmartre durch Vertrag am 31. März räumten. Am 8. Apr. erst unterwarf sich M. der provisorischen Regierung, wurde aber bald von Ludwig XVIII. zum Befehlshaber der 16. Militairdivision, zum Ludwigsritter und Pair ernannt, sowie bei Napoleon's Rückkehr 1815 zur Bildung einer Reservearmee bei Lille beauftragt. Als der fliehende König dahin kam, bewog ihn M. durch Schilderung der ungünstigen Stimmung der Soldaten zur Weiterreise nach Gent und wendete sich wieder zu Napoleon, der ihm die Aufsicht über die nördl. und östl. Grenzfestungen übertrug. Nach Ludwig XVIII. zweiter Herstellung auf dem Throne verlor M. die Pairswürde, erhielt jedoch den Befehl einer Militairdivision, wurde 1816 in die Deputirtenkammer gewählt und 1819 von Neuem zum Pair erhoben. König Ludwig Philipp I. ernannte ihn 1832 zum Botschafter am russ. Hofe, wo ihn aber im folgenden Jahre Marschall Maison ersetzte; 1833 ward er Großkanzler der Ehrenlegion und bekleidete vom 18. Nov. 1834 bis 20. Febr. 1835 die Stellen eines Kriegsministers und Präsidenten des Ministerraths. Am 28. Jul. 1835 befand er sich bei der festlichen Musterung über die Nationalgarden von Paris in Ludwig Philipp's Gefolge, als dieses auf dem Boulevard du Temple vor den Reihen der achten Legion der Nationalgarde von einem Kugelregen überschüttet wurde, welcher aus der im dritten Stockwerke eines Hauses abgefeuerten Höllenmaschine des Meuchelmörders Fieschi kam, und war unter den 11 Personen, die todt auf dem Platze blieben. Mit den übrigen Opfern ward auch M. am 5. Aug. mit außerordentlichen Feierlichkeiten in der Invalidenkirche zu Paris beigesetzt und als ein Muster kriegerischer und bürgerlicher Tugend allgemein betrauert.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 192.
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