[538] Urban. Diesen Namen führen mehre Heilige und acht röm. Päpste, von welchen letzten U. I., geb. zu Rom, von 222–30 den röm. Bischofsstuhl inne hatte, die Firmelung und den Gebrauch silberner Kirchengefäße eingeführt haben und den Märtyrertod gestorben sein soll. – U. II. war von franz. Herkunft, hieß vorher Otto, war Kanonikus zu Rheims, zog sich aber aus Verachtung der Welt in die Benedictinerabtei Clugny zurück. Papst Gregor VII. (s.d.) erkannte jedoch in ihm ein tüchtiges Werkzeug für seine Absichten, ernannte ihn zum Bischof von Ostia und schickte ihn 1084 als päpstlichen Nuntius nach Deutschland, wo er heftig wider Kaiser Heinrich IV. auftrat. Dies that er als eifriger Vertheidiger der Hierarchie noch mehr, nachdem er 1088 selbst auf den pästlichen Stuhl gelangte, wo er sich auch gegen den vom Kaiser ernannten Gegenpapst Clemens III. behauptete. Durch ihn kam der erste Kreuzzug zu Stande (s. Kreuzzüge), die kais. Zustimmung bei der Papstwahl ward von ihm verworfen und den Geistlichen verboten, den Vasalleneid zu leisten und ein Amt von Laien anzunehmen. Das Cölibatsgesetz wurde von ihm wesentlich verschärft und er starb 1099 nach einer ganz in Gregor VII. Geist geführten Regierung. – U. III., ein Mailänder von Geburt, stieg vornehmlich durch die Gönnerschaft Papst Lucius III. zu hohen Kirchenwürden und ward von 1185–87 dessen Nachfolger. – U. IV. war aus Troyes gebürtig, eines Schuhmachers Sohn, und hieß vorher Jakob Pantaleon. Den päpstlichen Stuhl besaß er von 1261–64, setzte das Fronleichnamsfest ein und übertrug zuerst die Krone von Sicilien an Karl von Anjou, der sie Manfred. dem natürlichen Sohne Kaiser Friedrich II., entreißen sollte. – U. V. hieß früher Wilhelm von Grimoard, war franz. Benedictiner und zeichnete sich während seiner von 1362–70 dauernden päpstlichen Regierung durch Beförderung der Wissenschaften und Sittenstrenge aus. Weil er eine Bildsäule des Petrus mit einer dreifachen Krone zieren ließ, nimmt man an, daß er dieses Zeichen der päpstlichen Macht zuerst eingeführt habe. – U. VI. war aus Neapel, hieß Bartholomeo von Prignano und verwaltete den päpstlichen Stuhl von 1878–89; sein Nepotismus, Stolz und Übermuth machten, daß die Cardinäle einen Gegenpapst, Clemens VII., wählten, gegen den er sich jedoch behauptete, und daß er in viele verdrießliche Händel, besonders mit Neapel verwickelt wurde. – U. VII., mit seinem Familiennamen Joh. Baptista Castagna, überlebte seine Wahl zum röm. Bischofe im J. 1590 blos 13 Tage. – U. VIII., 1623–44, war aus Florenz, hieß Maffeo Barberini, hatte als päpstlicher Gesandter in Paris die Wiederaufnahme der Jesuiten in Frankreich wesentlich befördert und war ein Gönner von Wissenschaften und Künsten, bekümmerte sich [538] aber nicht viel um Regierungssachen, die er seinen Vettern überließ, welche Frankreich in allen Stücken gegen Spanien zu begünstigen suchten. Seinen Einfluß auf den letzten Herzog von Urbino misbrauchte er dahin, daß derselbe mit Umgehung seiner Tochter das Herzogthum Urbino dem päpstlichen Stuhle vermachte. Die berüchtigte Bulle In coena domini ward von ihm erneuert und in Rom das Collegium der Propaganda gestiftet, auch ertheilte er den Cardinälen den Titel Eminenz, verdammte das Galilei'sche Sonnensystem und versorgte seine Verwandten ungemein reichlich, war übrigens auch Schriftsteller und selbst Dichter. – Ein heiliger Urban lebte im 4. Jahrh. in Frankreich und war Bischof von Andematunum, des jetzigen Langres, um das er sich große Verdienste erwarb; er starb 376 und sein Gedächtnißtag ist der 23. Jan. – Ein anderer Sanct-Urban wurde von. unsern Vorfahren zum Schutzpatron des Weins ausersehen und dem Sanct-Urbanstage oder 25. Mai hinsichtlich des zu erwartenden Weinjahres eine große Bedeutung beigelegt, derselbe auch festlich begangen. Auf besonders ausgezeichnete Weise geschah das in Franken und namentlich in Nürnberg, wo nicht blos das Bild des Heiligen umhergetragen, sondern dieser von einem der Weinausrufer vorgestellt wurde und in einem rothen Bischofskleide, mit Blümchen, Narrenkappen und anderm Firlefanz ausgeputzt, auf einem Schimmel umherzog. Ein Stadtdiener eröffnete die Procession, hinter welchem Sackpfeifer und andere Musiker, dann ein Mann mit einem grünen Fichtenbaume, an welchem Spiegel, Schellen, Glasperlen hingen, St.-Urban auf einem Schimmel folgten. Der Heilige schwankte auf seinem Rosse hin und her, weshalb ein daneben gehender Mann ihm das Gleichgewicht halten half, jubelte und hielt vor jedem Weinhause, wo ihm und seinen Begleitern ein Trunk Wein und ein kleines Geldgeschenk verabreicht wurde. Auf der andern Seite des Schimmels ging eine Frau mit einem Korbe voll ähnlicher Kleinigkeiten, wie die am Baume hängenden, welche der Heilige verschenkte oder verkaufte, und hinter ihm folgten Männer mit großen Flaschen auf dem Rücken, in welche der geschenkte Wein gefüllt ward. Das Volk drängte in Masse nach und schrie: »U. muß in den Trog!« und wenn es am Tage des Umzugs regnete, ward auch St.-U. wirklich ohne Erbarmen in den der Lorenzkirche gegenüber befindlichen Wassertrog geworfen, weil sonst die Weinernte misrathen und man Wasser trinken müsse. Insofern man sich nicht grade an den Urbanstag bindet, übt gutes Wetter um diese Zeit allerdings einen sehr günstigen Einfluß auf das Gedeihen des Weinstocks aus. Der mit dem Urbanstage in Verbindung stehende Spruch der Landleute läßt dagegen in Bezug auf das Gedeihen der Brotfrüchte Alles dahin gestellt, indem er lautet: Auf Sanct-Orben (Urban) ist das Getreide weder gerathen noch verdorben.