Weyer

[707] Weyer (Silvan van de), belgischer außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister in London, geb. 1796 zu Amsterdam, studirte in Löwen die Rechte und war dann ohne besondern Erfolg Sachwalter in Brüssel, obgleich ihm weder umfassende Kenntnisse noch Rednertalent und ausgezeichneter Takt für den persönlichen Verkehr abgingen. Nachdem er jedoch Bibliothekar an der Stadtbibliothek zu Brüssel und von der Regierung zum Conservator der berühmten [707] burgund. Handschriftensammlung und Professor am Museum ernannt worden war, beschäftigten ihn hauptsächlich gelehrte Arbeiten. Längst in freundschaftlichen Beziehungen zu den vorzüglichsten Gegnern des Systems der damaligen niederländ. Regierung, nahm W. allmälig thätigen Antheil an den Bestrebungen der Opposition, war ein Hauptmitarbeiter an dem Oppositionsblatte »Courier des Pays-Bas« und verlor darüber seine Anstellung. Er schloß sich nun noch näher den Gegnern der Regierung an und übte durch den erlangten Ruf unter dem Volke während der belg. Revolution von 1830 bei mehren Gelegenheiten persönlich einen sehr nützlichen Einfluß auf die empörten Massen aus zuerst als Mitglied der städtischen Sicherheitscommission in Brüssel, dann der provisorischen Regierung, als welches er im Nationalcongreß für Ausschließung des Hauses Oranien sprach. Auch ward ihm im Nov. 1830 eine schwierige Sendung nach England übertragen, wo er die Ansichten der engl. Regierung erforschen sollte, die bei den beabsichtigten Unterhandlungen vorwalten würden. Nach gelungener Ausführung dieses Auftrags, bei dem er sich zugleich die Achtung der engl. Minister erworben hatte, wurde W. zum Präsidenten des diplomatischen Ausschusses der provisorischen Regierung gewählt und mit dem Grafen Vilain XIIII. als belg. Commissair zur londoner Conferenz abgeordnet, welche jedoch die Foderungen der provisorischen Regierung verwarf. Nach der Wahl eines Regenten für Belgien im Febr. 1831 war W. einige Wochen Minister der Auswärtigen, wirkte dann im Congresse für die von ihm schon früher ausgesprochene Berufung des Prinzen Leopold von Sachsen-Koburg auf den belg. Thron und war unter den Deputirten, welche ihm die erfolgte Wahl berichteten. Nach der Thronbesteigung Leopold I. ernannte dieser W. zum Gesandten in London (Jul. 1841), der auch 1832 der Vermählungsfeier des Königs in Compiegne und den dort gepflogenen Verhandlungen beiwohnte und seitdem, mit einer reichen engl. Erbin vermählt, in London lebt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 707-708.
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