Wilhelm [2]

Wilhelm [2]

[732] Wilhelm (Aug. Lud. Max. Friedr.), regierender Herzog von Braunschweig-Lüneburg, geb. 25. Aug. 1806, zweiter Sohn des 1815 gegen die Franzosen gebliebenen Herzogs Friedrich Wilhelm (s. Braunschweig) von Marie Elisab.

Wilhelmine, Prinzessin von Baden. Die Folgen der Schlacht bei Jena nöthigten seine Mutter mit ihm und ihrem ältern Sohne Karl Braunschweig zu verlassen und nach einem Aufenthalte in Schweden, dann in Dänemark, verweilten die Prinzen seit 1807 mit ihrer Mutter in Bruchsal, wo die Letztere 1808 starb. Im folgenden Jahre berief sie ihr Vater, damals noch Herzog von Öls, zu sich, nahm sie bei Ausbruch des franz.-östreich. Krieges mit nach Böhmen und ließ sie von dort über Schweden nach England bringen, wo ihre Großmutter, die verwitwete Herzogin Auguste, eine Schwester des Königs Georg III., ihre Obhut übernahm. Im J. 1814 begaben sie sich zu ihrem in Braunschweig zur Regierung gelangten Vater und standen nach dessen Tode (1815) unter Vormundschaft des damaligen Prinz-Regenten, seit 1820 König Georg IV. von Großbritannien. Mit ihrem Erzieher, dem Hofrath Eigner und einem Baron Linsingelebten die Brüder seit 1820 in Lausanne, von wo der ältere 1822 sich nach Wien begab und 1823 die Regierung antrat, während W. unter der Leitung des Obersten von Dörnberg nach Göttingen ging, später in preuß. Kriegsdienste trat und 1826 von seinem Bruder das Herzogthum Öls (s.d.) abgetreten erhielt. Die im Sept. 1830 erfolgte Vertreibung des Herzogs Karl führte W. plötzlich nach Braunschweig, wo er auf Ansuchen der Stände einstweilen an die Spitze der Regierung trat und diese, nachdem der Herzog Karl vom Gesammthause Braunschweig urkundlich zur Regierung unfähig, diese daher als erledigt erklärt worden war, am 20. Apr. 1831 im eignen Namen übernahm. Es geschah mit der ausdrücklichen Erklärung des beabsichtigten Fortschreitens zum Bessern und zunächst kam unter Mitwirkung der Stände eine neue Verfassung, die »Neue Landschaftsordnung vom 12. Oct. 1832« zu Stande. Freilich geht ihr die Gewährung der Öffentlichkeit der ständischen Verhandlungen ab und manche schwankende Bestimmung hatte erst von ihrer Anwendung die nähere Auslegung zu erwarten. Daher und von dem noch von der frühern Regierung her eingerissenen Mistrauen kam es, daß die Verhandlungen des ersten Landtags (1832–35) über die erste Feststellung des Staatshaushalts sich sehr in die Länge zogen und schwierig zum Ziele gelangten. Auch eine neue Städteordnung ward eingeführt, die Summe von 600,000 Thlr. zum Neubau des abgebrannten Schlosses in Braunschweig bewilligt (der 1837 beendigt und zu welchem noch 550,000 Thlr. in Anlehen auf das Kammergut gewährt wurden) und die Umgestaltung des Collegium Carolinum in eine höhere technische Lehranstalt eingeleitet. Zu den im Einverständnisse mit den Ständen später erlassenen wichtigern Gesetzen gehört das über Ablösungen, welches aber als den Berechtigten zu günstig angesehen wird, das über Gemeinheitstheilung, über Annahme des preuß. Münzfußes (Dec. 1835), ein neues Rekrutirungsgesetz, über die Zinsenherabsetzung der Land- und [732] Kammerschulden auf 31/2 Proc. Der am 1. Mai 1834 mit Hanover über die Annahme gleicher Ein-, Aus- und Durchfuhr und Verbrauchsabgaben eingegangene Vertrag auf sieben Jahre ist nicht erneuert worden und Braun schweig wird sich 1842 dem preuß.-deutschen Zollvereine anschließen, zu dem schon seit 1837. einige braunschw. Landestheile gehören. Im Apr. 1834 wurde der Orden Heinrich des Löwen mit vier und ein Verdienstkreuz mit zwei Classen gestiftet. Zu einer förmlichen Entsagung war bisher der abgesetzte und seit 1833 unter eine von sämmtlichen Agnaten beschlossene Obervormundschaft gestellte, verschwenderische Herzog Karl nicht zu bewegen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 732-733.
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