Nachts Es schlägt ein Uhr. Ich ziehe den Vorhang vom Fenster zurück und sehe auf den Hof. Wachsweiß und wie Attrappen stehen die Häuser im Vollmond. Zwischen die Häuser ist mit schwarzer chinesischer Tusche der Himmel gemalt. Man ahnt einige ...
Nelson und Meduse Vorrede Zogen tiefer die Geschicke, Wie die Wolken an dem Wald, Meint ich schon, es steige bald Gott vom Himmel und die Blicke Suchten in den schwarzen Räumen, Sich ein goldnes Glück zu träumen. Zogen weiter die ...
Joachim Ringelnatz Nervosipopel Elf Angelegenheiten
Nervosipopel Mitschüler erzählten als Witz, seine Mutter sei Leichenbändigerin und seine Großmutter Löwenfrau gewesen. Es war etwas daran, aber der Fall lag doch anders. Indessen nahm Feix Daddeldu dergleichen Nachreden nicht übel. Er lachte dazu. Seine Gutmütigkeit lag nicht immer ...
Neue Erziehung und alte Moral Im weiten Hof, der das Gut des Ökonomen Paul Steffert umschloss, fand ein grosser Kampf statt. Hans, dem jüngsten unter den sieben Söhnen, war das Federmesser aus der Westentasche geglitten; sofort stürzten sich einige seiner Geschwister ...
Neue Liebe Der Kapitän Spavento und Silvie sind zwei in ihrem Herzen Verwundete; trotz seiner Tapferkeit, seiner männlichen Gestalt, seines prächtigen Schnurrbarts – er ist der einzige Schauspieler, der einen Schnurrbart hat – wurde er von Colombinen verlassen; und Silvie hat trotz ...
Neujahrswunsch eines Feuerwerkers an seinen Hauptmann, aus dem siebenjährigen Kriege Hochwohlgeborner Herr, Hochzuehrender, Hochgebietender, Vester und Strenger Herr Hauptmann! Sintemal und alldieweil und gleichwie, wenn die ungestüme Wasserflut und deren schäumende Wellen einer ganzen Stadt Untergang und Verwüstung drohen, und ...
Noch Eins vom langen Christian. Ja, der lange Christian! Der will mir nicht aus dem Kopf. Auch er mußte uns in lieber Erinnerung halten, weil er so bald wieder zu uns zurückkehrte. »Das Fechten,« sagte er, »nimmt das Gewand zuviel ...
Nordseemorgen 1915 »Wung! Wung!« bellen ferne Kanonen. Auf der Brücke des kleinen Vorpostenbootes, das in der glanzlosen Helle knapp vor Sonnenaufgang vor Anker hin und her schweut, lehnt gegen das Ruderhaus ein dicker steifer Wachtmantel. Klobige Fausthandschuhe ragen aus ...
Johann Wolfgang Goethe Novelle Ein dichter Herbstnebel verhüllte noch in der Frühe die weiten Räume des fürstlichen Schloßhofes, als man schon mehr oder weniger durch den sich lichtenden Schleier die ganze Jägerei zu Pferde und zu Fuß durcheinander bewegt sah. Die ...
Nur bis zum K– Die kleine, arme Threserl! Die keine Mutter hatte und keine Großmutter, wohl aber eine Urgroßmutter, welche als Pfründnerin der Gemeinde von Haus zu Haus ging, um für sich und ihre Urenkelin Lebensmittel zu sammeln. Die alte ...
Nur ein Viertelstündchen Nur ein Viertelstündchen, stickte Tante Anna auf ein Kissen, das sie Onkel Max zum Geburtstag verehrte. Onkel Max legte sich mit dem Kissen hocherfreut zur Siesta nieder – nur ein Viertelstündchen –, aber es dauerte eine, es dauerte zwei ...
Nußknacker und Mausekönig Der Weihnachtsabend Am vierundzwanzigsten Dezember durften die Kinder des Medizinalrats Stahlbaum den ganzen Tag über durchaus nicht in die Mittelstube hinein, viel weniger in das daranstoßende Prunkzimmer. In einem Winkel des Hinterstübchens zusammengekauert, saßen Fritz und Marie ...
O du schöne, süße Samstagsnacht! Als ich jung noch war! Vom »armen Jungen« spricht man. Was leuchtet und klingt denn ununterbrochen herüber in diese wahnwitzige, steinkohlenrauchrußige Welt, als lauter Pfingstmorgen und Hochsommermondnächte aus dem Waldland! Hochsommermondnächte klingen? Und wie sie ...
Ohrensausen Auf der Kleinseite steht ein altes Haus, in dem nur unzufriedene Leute wohnen. – Jeden, der es betritt, befällt ein quälendes Mißbehagen. – – Ein düsteres Ding, das bis an den Bauch in der Erde steckt. – – Im Keller liegt eine eiserne Platte ...
Old Firehand »Mein Frühling ging zur Rüste, Ich weiß gar wohl warum: Die Lippe, die mich küßte, Ist worden kühl und stumm.« So klang es über die weite Ebene hin, und Swallow, mein wackerer Mustang, spitzte die kleinen Ohren, schnaubte freudig ...
Olivier Clisson, Kronfeldherr von Frankreich und der Herzog von Bretagne Nach Froissarts Chronik Der Einzug unsrer Königin Isabelle in Paris war endlich auf den Sonntag, den 21. Juni 1389, angeordnet. Da war solch ein Gedränge des Volks in und um ...
Onkel Franz Da bekam meine Mutter einen Brief von Onkel Franz, welcher ein pensionierter Major war. Und sie sagte, daß sie recht froh ist, weil der Onkel schrieb, er will schon einen ordentlichen Menschen aus mir machen, und es kostet ...
Ovid bei Hofe. In nova fert animus mutatas dicere formas Corpora. Ov. Met. I, 1. 1855.
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Erst 1987 belegte eine in Amsterdam gefundene Handschrift Klingemann als Autor dieses vielbeachteten und hochgeschätzten Textes. In sechzehn Nachtwachen erlebt »Kreuzgang«, der als Findelkind in einem solchen gefunden und seither so genannt wird, die »absolute Verworrenheit« der Menschen und erkennt: »Eins ist nur möglich: entweder stehen die Menschen verkehrt, oder ich. Wenn die Stimmenmehrheit hier entscheiden soll, so bin ich rein verloren.«
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Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
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