[164] Aluminiumverbindungen in der Färberei und Druckerei bilden die Grundlage für eine große Zahl von Farben auf allen bekannten Gewebsfasern.
Für Wolle ist die Lösung des Kali- bezw. des späteren Ammoniakalauns die aus ältesten Zeiten flammende Rotbeize. Der oktaedrische Alaun wird zusammen mit Weinstein in Wasser aufgelöst, um die Wolle »anzusieden«, nicht bloß für das Krapp- oder Alizarinfärben, sondern auch für das Färben mit andern beizenziehenden Farbstoffen. Billiger, dabei dem Zweck gleich entsprechend ist das Aluminiumsulfat, das seit Beginn der Kryolith- und Beauxitindustrie mit einem Gehalt von durchschnittlich 15% Al2O3 (gegen 10,76% im Kali- und 11,27% im Ammoniakalaun) [1] genügend rein in Form von weißen Tafeln auf den Markt kommt und in Wasser leichter löslich ist als der oktaedrische Alaun. Eine Prüfung neu angekommener Sendungen von Aluminiumsulfat mit Ferricyankalium auf Eisenoxydul, mit Ferrocyankalium auf Eisenoxydsalz ist, wie beim gewöhnlichen Alaun, für alle Fälle zu empfehlen. Eine der vielen Vorschriften für das Ansieden der Wolle verlangt auf 1 l Wasser 8 g Aluminiumsulfat und 7 g Weinstein. Man geht kalt ein, erwärmt in 111/2 Stunden bis zur Siedehitze und bleibt 1/2 Stunde bei dieser Temperatur. Nach einer andern Vorschrift, die für den Sud mit gewöhnlichem Alaun berechnet ist, nimmt man auf 50 kg Wolle, die in künstlichem Alizarin rot gefärbt werden soll, 12001500 l siedend heißes Wasser, 3 kg Alaun und 11/2 kg Weinstein [2].
Der Baumwollfärber hat für die Lösung des gewöhnlichen Alauns oder des Aluminiumsulfats nur Verwendung, um fertiggefärbte Ware zu nuancieren oder zu schönen. Sie reagiert für seine Gespinstfaser zu sauer und muß, wenn nicht zum kubischen (römischen, neutralen) Alaun K2Al2(SO4)4 + Al2(OH)6 + 24H2O mit 19,6% Tonerdegehalt, gegriffen wird, durch Tonerdehydrat, durch ein Alkali oder Alkalikarbonat, durch Kalk oder Calciumkarbonat neutralisiert oder abgestumpft werden, gleichviel ob es sich um lose Baumwolle, Garne, glatt zu färbende Stücke oder um eine andre vegetabilische Gewebsfaser handelt. Bei der Neutralisation verschwindet anfänglich die vorübergehend auftretende Trübung der Alaun- oder Sulfatlösung immer wieder, bis schließlich ein Tropfen weiteren Zusatzes eine dauernde Trübung hervorruft. Hört man mit dem Neutralisieren unmittelbar vor diesem Moment auf, so hat man eine neutral reagierende, klare Flüssigkeit, die sich beim Kochen trübt, während gewöhnliche Alaun- oder Sulfatlösung beim Kochen sich nicht verändern. Die Trübung flammt von der Dissoziation des in der neutralisierten Flüssigkeit enthaltenen basischen Aluminiumsulfats her, das unter dem Einfluß der Hitze sich in ein ungelöstes, noch basischeres Salz oder geradezu in Aluminiumhydroxyd einerseits und in das normale, lösliche Salz anderseits spaltet. Die Trübung tritt um so leichter ein, je mehr man vom Neutralisationsmittel gebraucht hat, je mehr Verdünnungswasser man zufügt und je mehr Alkalisulfat in der abgestumpften Lösung sich vorfindet. Vorausgesetzt, daß eine Alaun- oder Aluminiumsulfatlösung per Liter Flüssigkeit gleich viel Tonerde enthalten und daß sie gleich stark abgestumpft worden sind, so wird also der ursprüngliche Gehalt des oktaedrischen Alauns an Alkalisulfat dazu beitragen, daß seine neutralisierte Lösung leichter sich dissoziiert als die zum Vergleich herangezogene Aluminiumsulfatbeize. Auf dieser Dissoziation beruht die Befestigung der Beize auf der Baumwolle und mittelbar die Aufnahme der adjektiven oder polygenetischen Farbstoffe, d.h. die Bildung und Fixierung der Tonerdelacke, die indirekte Färbung der Faser. Bei mehr oder weniger starkem Abstumpfen einer Alaun- oder Aluminiumsulfatlösung entliehen der Reihe nach in der einen wie in der andern Flüssigkeit mehr oder weniger basische, in der Kälte lösliche, in der Wärme unlösliche Aluminiumsulfate von der Zusammensetzung:
(a) Al2(SO4)2(OH)2 (b) Al4(SO4)3(OH)6 (c) Al2(SO4)(OF)4.
Während eine Lösung von 200 g normalem Aluminiumsulfat in 1 l Wasser weder beim Kochen noch beim Verdünnen sich trübt und an die Baumwollfaser nur 12,9% ihres Tonerdegehalts abgibt, zersetzt sich das am meiden basische Salz c (eine äquivalente Konzentration vorausgesetzt) beim bloßen Verdünnen mit kaltem Wasser so schnell, daß seine Lösung als Beize nicht zählt. Das basische Salz b zersetzt sich bei gleicher Konzentration der Stammlösung schon beim Erwärmen der abgestumpften Flüssigkeit auf 68° C. oder beim Verdünnen von 1 l auf 3 l und ist deshalb für die Praxis ebenfalls unverwendbar, trotzdem die Baumwolle 58,7% des Tonerdegehalts der Lösung b aufnimmt. Dagegen entspricht das im ersten Stadium der Neutralisation in der Lösung auftretende basische Salz a, das zu 2/3 aus normalem Sulfat und zu 1/3 aus Aluminiumhydroxyd besteht, den Bedürfnissen der Praxis. Seine Lösung (in der angegebenen Konzentration) trübt sich beim Kochen erst nach einiger Zeit und wird, was wichtig ist, beim Erkalten wieder klar. Beim Verdünnen beginnt die Dissoziation erst beim Zusatz des 14. Liters Wasser [1], und an die Baumwolle gibt sie 51% ihres Tonerdegehalts ab. Die Praxis hat diese von der Theorie nachträglich erforschten Verhältnisse längst geahnt und instinktiv berücksichtigt, doch so, daß die von ihr vorgeschriebenen Maße und Gewichte in den seltensten Fällen genau die Bildung des basischen Aluminiumsulfats a erreichen dürften. Es werden z.B.[164] für Gelbholz-, Blauholzfärben u.s.w. auf Baumwolle 15 kg gewöhnlicher Alaun in 150 l Wasser aufgelöst und mit 2 kg calcinierter Soda abgestumpft, um eine Alaunbeize von 5° Bé zu erhalten, die in der Regel noch mit Wasser auf 4° oder 3° Bé zu verschwächen ist. Ein Färberrezept für Neurot oder Alizarinrot auf Baumwolle verwendet die Lösung von 8 kg schwefelsaurer Tonerde, die mit 3,125 kg Ammoniaksoda versetzt und mit Wasser auf 3° Bé gestellt wird. In die auf 50° C. erwärmte Beize wird die Baumwolle eingelegt, dann herausgenommen, ausgewunden und über Nacht liegen gelassen, damit die Faser Zeit findet für die Aufnahme der Tonerde. Dann wird der mordanzierte Stoff durch ein 50° C. warmes Kreidebad (auf 100 l Wasser 1 kg Kreide und 1/2 kg Wasserglas 48° Bé) genommen, das dem basischen Aluminiumsulfat auf der Baumwolle den letzten Rest des Schwefelsäuregehalts entzieht und hierdurch die Befestigung der Beize vervollständigt. In der Färberei des Alttürkischrots werden die mit Tournantöl und Pottasche vorgebeizten Stücke, nachdem sie die erforderlichen Lauterbeizen (aber kein Sumachbad) erhalten haben und immer noch alkalisch reagieren, mit folgender Beize »alauniert«: Man löst 70 kg gewöhnlichen Alaun in einer genügenden Menge heißen Wassers auf, fügt langsam 14 kg Pottasche hinzu und verdünnt mit so viel Wasser, daß das Bad bei 70° C. 31/2° Bé zeigt. Die Ware bleibt 12 Stunden in dem heißen Alaunbad liegen, wird ausgewunden, dann 48 Stunden auf dem Haufen liegen gelassen, in der Warenhänge getrocknet und auf der Rollenkufe durch ein 40° C. warmes Kreidebad (10 g per Liter) genommen, gewaschen und gefärbt. Ein schöneres Rot unter sonst gleichen Bedingungen liefert die Lösung von 64 kg konzentriertem Alaun, der mit 25 kg calcinierter Soda neutralisiert und bei 75° C. auf 3° Bé gestellt wird. Ein noch schöneres Adrianopelrot erhält man mit der sogenannten essigsauren Tonerde, die jedoch für den Massenbedarf dieser Fabrikation an Tonerdebeize zu teuer sich berechnet. Essigsaure Tonerde im Verein mit essigsaurer Magnesia und Zinkoxydnatron verwendet H. Köchlin in der Glattfärberei der Baumwolle mit Rouge St.-Denis. Er legt nämlich die Ware in ein Bad, das aus 1/4 l essigsaurer Tonerde 12° Bé, 1/4 l essigsaurer Magnesia 30° Bé und 1/2 l Wasser besteht, an deren Stelle aber auch 50 g gewöhnlicher Alaun, 150 g schwefelsaure Magnesia und 1 l Wasser treten können. Dann wird der Stoff getrocknet und breit durch eine alkalische Zinkoxydlösung gezogen, die durch Auflösen von 50 g schwefelsaurem Zink in 1 l Wasser und Versetzen mit 100 g Natronlauge 36° Bé erhalten wird. Nach dem Breitwaschen wird in einer 80° C. heißen Flotte gefärbt, bestehend aus 2,5 g Rouge St.-Denis, 200 g Kochsalz und 2 g Aetzkalk auf 1 l Wasser. Es wird hierbei angenommen, daß die Tonerde durch die Anwesenheit der Magnesia gegen die auflösende Einwirkung des im Zinkoxydbade überschüssig vorhandenen Aetznatrons geschützt wird und auf der Baumwolle mit der gleichzeitig niedergeschlagenen Magnesia und dem Zinkoxyd eine »zusammengesetzte«, eine dreifache Beize bildet. Köchlins Verfahren hat Anlaß gegeben zu der Theorie der als besonders wirksam betrachteten zusammengesetzten Beizen, die namentlich bei der Verwendung der Chromoxydbeizen auf Baumwolle eine praktische Lösung im großen gefunden hat [3].
Die sogenannte essigsaure Tonerde ist die zugleich für eine Reihe andrer Farbtöne verwendbare Rotbeize, der rote »Mordant« des Baumwoll- und Leinwanddruckers, der erstens den verdünnten Mordant längere Zeit mit Stärke zu verkochen, zweitens den aufgedruckten Mordant scharf zu trocknen, bezw. zu dämpfen hat und aus diesen Rücksichten vom Beizen mit obiger abgestumpfter Alaun- oder Aluminiumsulfatlösung absehen muß. Lange Zeit haben die Koloristen ihren roten Mordant ausschließlich durch doppelte Zersetzung von gewöhnlichem, später auch von konzentriertem Alaun und von weißem oder gelbem Bleizucker dargestellt, hierbei sich einer Unzahl von Rezepten bedient und alle auf diesem Wege erhaltenen Beizflüssigkeiten wegen ihres starken Geruchs nach Essigsaure nicht bloß als essigsaure Tonerde bezeichnet, sondern auch wirklich dafür gehalten. Nach einer der beliebteren Vorschriften werden 44,5 kg Aluminiumsulfat in 100 l Wasser aufgelöst und mit 50 kg Bleizucker ausgefällt. Die Darstellung von wirklicher essigsaurer Tonerde nach dem Schema:
Al2(SO4)3 + 18H2O + 3[Pb(C2H3O2)2 + 3H2O] = Al2(C2H3O2)6 + 3(PbSO4) + 27H2O
würde im gegebenen Fall 80,18 kg Bleizucker verlangen, um alle Schwefelsäure des Sulfats an Blei zu binden. Die von obiger Vorschrift angegebene Menge Bleizucker läßt aber immer noch 37,65% dieses Schwefelsäuregehalts (also etwas mehr als den 3. Teil) in Verbindung mit Tonerde bestehen, während die aus der Lösung als Bleisulfat niedergeschlagene Schwefelsäure durch eine äquivalente Menge Essigsaure ersetzt ist. Die Rotbeize enthält somit basisches Aluminiumsulfat mit etwas mehr Schwefelsäure, als dem Verhältnis von 1 Molekül Tonerde auf 1 Molekül Schwefelsäure entspricht. Weiter als in diesem Rezept geht die Praxis mit der Substituierung der Schwefelsäure durch die Essigsaure des Bleizuckers nicht, denn der so weit »abgestumpfte« Mordant erfüllt gerade noch die erforderliche Bedingung, daß die beim Kochen entstehende Trübung beim Erkalten wieder vergeht. Vergleichen wir jetzt den Mordant des Baumwolldruckers und die Beize des Baumwollfärbers miteinander, so ergibt sich, daß ersterer mit einer Tonerdelösung arbeitet, die nach ihrem Schwefelsäuregehalt dem basischen Salz c (s. oben) am nächsten kommt, während, wie wir gesehen haben, der Glatt- und Garnfärber die Verhältnisse der Lösung a nicht überschreitet. Um so viel Schwefelsäure im Alaun unschädlich machen zu können, muß der Drucker die eliminierte Schwefelsäure durch Essigsäure ersetzen, die den Mordant in der Kälte klar erhält und in der Hitze der Trockenstuben, Mansarden und Dampfkästen sich verflüchtigt, ohne die Faser geschädigt zu haben [4]. Wirkliche essigsaure Tonerde, normales oder basisches Salz von der Zusammensetzung [5] Al2(C2H3O2)6 ..... Al2(C2H3O2)5OH .... bis Al2(C2H3O2)2(OH)4 ist zu unbeständig, gleichviel ob das Aluminiumacetat durch doppelte Zersetzung oder durch Auflösen von Tonerdehydrat in Essigsäure erhalten wird. Sie kann aus diesen und andern Gründen in der Praxis keine Verwendung finden. Denn abgesehen von der Schwierigkeit der Aufbewahrung einer Lösung von schwefelsäurefreiem Acetat[165] erfolgt auch die Zersetzung eines solchen Acetats auf der Faser viel zu rasch, als daß eine innige Verbindung zwischen Baumwolle und Beize stattfinden könnte [6]. Alle Tonerdemordants der Baumwolldruckereien sind Sulfatacetate, die saß ihren ganzen Tonerdegehalt beim Trocknen an die Baumwollfaser abgeben und sich in ihrer Zusammensetzung dem Schema Al2(SO4)(C2H3O2)4 nähern, jedoch immer etwas mehr Schwefelsäure führen, als dieser Formel entspricht. Dies gilt wesentlich auch von einem in den Druckereien häufig benutzten 15 grädigen Mordant, der durch doppelte Zersetzung von 50 kg gewöhnlichem Alaun und 36 kg Bleizucker in 100 l Wasser hergestellt wird und neben Aluminiumsulfatacetat auch Kaliumsalz gelöst enthält. Gleichfalls ein Sulfatacetat ist der von Daniel Köchlin schon vor vielen Jahren vorgeschlagene, aber erst später in die Praxis übergegangene Mordant, der folgendermaßen bereitet wird: Man löst 16,8 kg gewöhnlichen Alaun in 112 l Wasser auf und setzt bei 50° C. vorsichtig 14 kg kristallisierte Soda zu. Der hierbei entstehende Niederschlag von basisch schwefelsaurer Tonerde wird auf einem Filter mit Wasser ausgesüßt, im Filter selbst ausgepreßt und in 10 l Essigsäure von 7° Bé bei 30° C. aufgelöst. Der so erhaltene Mordant zeigt 15° Bé und gibt satte Farblacke auf Baumwolle; er scheidet aber bei längerem Stehen und bei gewöhnlicher Temperatur gerne einen Niederschlag aus, wenn die bei 50° C. ausgefällte basisch schwefelsaure Tonerde einen kleinen Ueberschuß von Soda zurückgehalten hat, die nachher im Mordant als Natriumacetat sich vorfindet. Der Köchlinsche Mordant wurde erst wieder hervorgeholt, als die gleichzeitige Befestigung des roten Mordants und des Krappextrakts (später des künstlichen Alizarins) auf Baumwolle den Koloristen unerwartete Schwierigkeiten bereitete. Nachdem man sich endlich von der Natur der sogenannten essigsauren Tonerde einigermaßen Rechenschaft gegeben, glaubte man in D. Köchlins Rotbeize ein schwefelsäurefreies Aluminiumacetat vor sich zu haben, was sich nachträglich in doppelter Richtung als Irrtum erwies, sofern sie tatsächlich Schwefelsäure enthält, also ein Sulfatacetat ist, und sofern das aus einem Sulfatacetat auf der Faser sich ausscheidende, basische Tonerdesulfat Al2(SO4)(OH)4 fest genug auf der Baumwolle sich fixiert und sogar inniger mit dem Farbstoff sich verbindet als ein aus Aluminiumacetat dissoziiertes, wirkliches Tonerdehydrat. Aber so wenig man über die Natur der Beizen vordem im klaren gewesen, haben doch die Druckereien von jeher, wenn auch unbewußt, bei ihren Färbereiartikeln dem Schwefelsäuregehalt des aufgedruckten Mordants durch Neutralisationsmittel in den Aussied- oder Kuhkotbädern Rechnung getragen. Bei der Verwendung des Krappextrakts zu einem echten Dampfrot (1867) zeigte sich dann, daß die Neutralisation des Sulfatacetats in der Druckfarbe selbst vorzunehmen ist, und zwar mit Salzen, die flüchtige Säuren enthalten, z.B. mit Natriumacetat, Calciumthiosulfat und am besten mit Calciumacetat. Die Lösungen dieser Salze wirken in der Kälte nicht, in den heißen Mansarden aber und in den Dampfkästen verlieren sie ihre Säuren und neutralisieren durch die frei gewordenen Metalloxyde die Schwefelsäure des Mordants, um ein echtes Dampfrot zu geben, das man nach dem Dämpfen, ohne das Rot zu schwächen oder von der Baumwolle herunterzureißen, waschen und seifen kann. Die chemische Fabrik Goldschmieden bringt seit Anfang der achtziger Jahre die Löwigsche Patenttonerde in Handel, ein Aluminat, das in 21/2 Teilen Essigsäure von 6° Bé und in 6,6 Teilen Schwefelsäure von 5° Bé gelöst wird und einen ganz brauchbaren 10 grädigen Mordant liefert, der sich offen als Sulfatacetat bekennt.
Billiger als die gewöhnliche essigsaure Tonerde kommt die holzessigsaure oder holzsaure Tonerde zu stehen. Eine Vorschrift aus der Praxis einer Druckerei gibt an, daß 80 kg konzentrierter Alaun in 200 l Wasser gelöst und mit 88 kg holzessigsaurem oder holzsaurem oder sogenanntem braunen Bleizucker zersetzt werden sollen. Die von brenzligen Substanzen dunkelbraun gefärbte, 12° Bé starke Beize kann nur für Braun und Schwarz Verwendung finden, da ihre Färbung sich dem Baumwollfaden mitteilt. Noch billiger ist die Darstellung der käuflichen holzsauren Tonerde in den chemischen Fabriken, die sich mit der Verarbeitung des Holzteers befassen. Nach Mitteilung einer solchen Fabrik werden 60 kg gewöhnlicher Alaun im erforderlichen Wasser gelöst, mit 2,1 kg calcinierter Soda abgestumpft, mit der Lösung von (70- bis 75 prozentigem) holzessigsaurem Kalk versetzt und mit kaltem Wasser auf 12° Bé gestellt. Der hierbei unvermeidliche Gipsgehalt der dunkel gefärbten Beizflüssigkeit hat keinen Einfluß auf die Farbe und bereitet keinerlei Schwierigkeiten in der Fabrikation von Schwarz und Braun.
Chlorsaure Tonerde Al2(ClO3)6 kann dargestellt werden durch Versetzen einer Lösung von schwefelsaurer Tonerde mit einer Lösung von chlorsaurem Baryt. Billiger, aber weniger rein wird sie erhalten durch Zusammenbringen heiß gesättigter Lösungen von schwefelsaurer Tonerde (6 kg in 16 l Wasser) und chlorsaurem Kali (2 kg in 16 l Wasser). Beim Abkühlen der Mischung kristallisiert Kalialaun heraus und chlorsaure Tonerde bleibt in Lösung. Da die chlorsaure Tonerde in der Hitze des Dampfkastens leicht sich zerlegt und bleichendes Chlor liefert, so hat man sie im Jahre 1873 zum Weiß- oder Rotätzen von küpenblau gefärbter Baumwolle vorgeschlagen. Der Vorschlag kam aber nicht zur Ausführung im großen, weil es sich zeigte, daß bei diesem Verfahren die Cellulose von den Zersetzungsprodukten der Chlorsäure angegriffen wird. Erst neuerdings hat C.F. Brandt [7] das Verfahren verbessert, indem er der 15° Bé starken, verdickten Lösung der chlorsauren Tonerde in der Druckfarbe einen Zusatz von Bromnatrium, Jodkalium und Schwefelkupfer gegeben hat, um an Stelle der Zersetzungsprodukte der Chlorsäure freies Brom und unterbromige Säure beim kurzen Dämpfen im Mather-Platt (s. Anilinschwarz) auftreten zu lassen, die bleichend wirken, ohne die Baumwollfaser anzugreifen (s. Aetzfarben).
Unterchlorigsaure Tonerde oder Wilsons Bleichflüssigkeit findet bisweilen in der Baumwolldruckerei Verwendung zum Dampfchloren (s.d.) von solchen Stücken vor dem Appretieren, deren Farben man nicht dem Einfluß des beim Dampfchloren mit Chlorkalklösung auf der Baumwolle zurückbleibenden Kalks aussetzen will. Man vermischt zu diesem Zweck 10 l gewöhnliche, 7° Bé starke Chlorkalklösung mit der kalten Lösung von 1,4 kg[166] schwefelsaurer Tonerde in 100 l Wasser, wobei schwefelsaurer Kalk ausgeschieden wird. Die überstehende klare Flüssigkeit, die natürlich ebensowenig reine unterchlorigsaure Tonerde gelöst enthält, als eine gewöhnliche Chlorkalklösung reinen unterchlorigsauren Kalk, wird nach Bedarf weiter mit Wasser verdünnt und dann als »saures Dampfchlor« benutzt.
Rhodanalumiunium ist die modernste Rotbeize des Baumwolldruckers, deren technische Bedeutung für das Alizarindampfrot in dem Artikel Alizarin in der Druckerei und Färberei schon hervorgehoben worden ist. Der dort gegebenen Vorschrift für die Bereitung dieses Mordants reiht sich eine weitere an, die ebenfalls der Praxis entnommen ist und ein etwas basisches Rhodanaluminium liefert. Es werden 10 kg gewöhnlicher Alaun in 10 l kochend heißem Wasser gelöst, mit 620 g Kreide abgestumpft und mit 23 l einer 30 prozentigen Rhodancalciumlösung versetzt. Gips fällt hierbei nieder und die klare Flüssigkeit kommt zur Verwendung. Normales Rhodanaluminium Al2(CNS)6, wenn es nicht, wie in den meiden Druckrezepten, mit essigsaurer Tonerde und mit in der Dampfhitze neutralisierend wirkenden Salzen vermischt ist, gibt an die Baumwollfaser bedeutend weniger Tonerde ab als irgend ein basisches Aluminiumrhodanür und stimmt darin auch mit einem Sulfatrhodanür etwa von der Zusammensetzung Al2(SO4)(CNS)4, das bei Verwendung einer für die gänzliche Eliminierung der Schwefelsäure aus dem Aluminiumsulfat nicht genügenden Menge von Rhodancalcium oder Baryum entstehen wird, vollkommen überein. Ist schon das normale Rhodanür, zum Unterschied von den andern Rotbeizen, ein nicht saurer Mordant, so gilt dies noch mehr von dem basischen Rhodanür Al2(CNS)5(OH), dem obige Vorschrift nahezukommen bestrebt ist. Dieses basische Salz trübt sich ferner gleich dem normalen und gleich jenem Sulfatrhodanür beim Kochen seiner wässerigen Lösung in keiner Weise, während die basischen Salze Al2(CNS)4(OH)2 bis Al2(CΝS)2(OF)4 u.s.w. um so leichter in der Siedehitze sich ausscheiden, je mehr man das normale Salz mit Alkalikarbonat abgestumpft hat. Beim bloßen Verdünnen aber der Lösungen mit kaltem Wasser werden auch die basischen Salze nicht zersetzt oder dissoziiert.
Salpetersaure Tonerde, 15° Bé stark, wird erhalten durch Auflösen von 6 kg Alaun in 20 l kochendem Wasser und Ausfällen der Lösung mit 8 kg salpetersaurem Blei. Weder die Lösung des normalen Salzes Al2(NO3)6, noch eine durch Zusatz von Alkalikarbonat basisch gemachte Beize zersetzt sich beim Kochen der Flüssigkeit. Der salpetersauren Tonerde in Gesellschaft mit holzsaurer Tonerde begegnet man in manchen Chrompucerezepten, wo erstere zusammen mit Chlorkali, im Dampfkasten oxydierend, auf das Cachou und die in der Druckfarbe ebenfalls enthaltenen Farbholzextrakte wirken soll. Auch Dampffarben, die holzsaures Eisen enthalten, bekommen gerne einen Zusatz von salpetersaurer Tonerde, in welchem Fall sie wieder durch Oxydation der Holzfarbstoffe und des Eisenoxyduls zu einer kräftigeren Nuance verhelfen soll. Daß sie auch im Alizarindampfrot einen Teil des roten Mordants zu ersetzen hatte und zum Teil noch hat, flammt aus der Zeit, da es noch keine besonderen Alizarinmarken für Rosa, Rot und Gelbrot gab. Der Gehalt der Druckfarbe an salpetersaurer Tonerde sollte dem Alizarinrot einen gelberen Stich verschaffen, wie früher die salpetersaure Rosage dem gefärbten Krapprot und -rosa.
Tonerdenatron oder Natriumaluminat Al2Na2O4 kommt als Flüssigkeit im Handel vor, aber auch, mit Natriumkarbonat verunreinigt, in Form von Brocken. Es findet Verwendung bei Schlieper-Baums Verfahren, Alizarinrot aus alkalischer Flotte zu färben (s. Alizarin in der Druckerei und Färberei). Die Fixation der mit Tonerdenatron grundierten Baumwollstücke wird bei diesem Verfahren zum größten Teil der Kohlensäure der Luft überlassen. Ferner dient dieser alkalische Mordant, mit dunkel gebrannter Stärke verdickt, zum Reservieren eines Alizarinfärberots unter Anilinschwarz (s.d.), wo es durch seine alkalische Eigenschaft stellenweise die Entwicklung des überdruckten oder überklotzten Schwarz verhindert und gleichzeitig in der Hänge auf der Baumwolle Tonerde ablagert, die nachher in Alizarin rot gefärbt wird [8]. Zur gründlichen Fixation der Tonerde auf der Faser wird in diesem Fall die Ware noch durch ein Kuhkotbad gezogen, dessen wirksamer Bestandteil (neben etwas Soda und Kreide) aus kristallisiertem Salmiak besteht. Um sicher zu sein, daß die rote Reserve wegen zu großen Gehalts des Tonerdenatrons an Alkali nicht fließt, stellt man diesen alkalischen Mordant am besten in der Druckerei selbst her. Gefälltes Tonerdehydrat wird in einer nicht genügenden Menge von 36° Bé starker Natronlauge kochend aufgelöst, die trübe Flüssigkeit auf die Hälfte ihres Volumens eingedämpft, dann das Ganze mit Wasser verdünnt, zum Abklären stehen gelassen und die klare Flüssigkeit mit Wasser auf 24° Bé gestellt, womit sie für den Gebrauch fertig ist. Tonerdenatron ist auch benutzt worden, um die Unterlagen oder die als Unterlagen dienenden rohen Kattune für den Anilinschwarzdruck zu präparieren [8]. Wo das Anilinschwarz beim Drucken auf die Unterlage durchschlägt, wird es reserviert und kann das Gewebe der Unterlage nicht angreifen. Camille Schön kombiniert das Natriumaluminat mit Magnesiahydrat zu einem gemischten, alkalischen Mordant, um das Rouge St. Denis durch ihn auf Baumwolle zu beteiligen. Der mit Farbstoff und gemischtem Mordant getränkte Stoff wird schließlich durch ein Alaunbad genommen, um die Fixation der Farbe auf der Faser durchzuführen.
Aluminiumchlorid kommt im Handel als Lösung oder auch in Form eines weißen, zerfließlichen Kristallmehls vor und hat als solches die Zusammensetzung Al2Cl6 + 12H2O. Aluminiumchlorid gibt, auf über 100° C. erhitzt, Salzsäure frei, und hierauf beruht seine Anwendung weniger in der Druckerei als beim Karbonisieren von Wolle und Wollwaren (s. Karbonisieren); denn es ist in der Druckerei nur ein Fall bekannt, daß Aluminiumchlorid (durch Auflösen von Tonerde in Salzsäure bereitet) Verwendung gefunden hat, nämlich um Küpenblau auf Baumwolle weiß oder rot zu ätzen (s. Aetzfarben, Sagets Verfahren).
Literatur: [1] Knecht, Rawson & Löwenthal, Handbuch der Färberei der Gespinstfasern, Berlin 1900/01. [2] Dépierre, Traité de la teinture et de l'impression des matières colorantes[167] artificielles, Paris 1891, 1. Teil. [3] Bull. de la soc. industr., Mulh., Aprilheft 1889 und Januarheft 1891, S. 39. [4] Kielmeyer, in Lehnes Färberzeitung 1893, Heft 11, S. 164. [5] Liechti und Suida, Mitteilungen des technol. Gewerbemuseums in Wien, 1883, Heft 1. [6] O.N. Witt, Chem. Technologie der Gespinstfasern, Braunschweig 1891. [7] Bull. de la soc. industr., Mulh. 1892, S. 201. [8] Kielmeyer, Dingl. Polyt. Journal, Bd. 208, S. 230.
(Kielmeyer) R. Möhlau.
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