Fensterrahmen [1]

[696] Fensterrahmen (Fenstergerähme, Fenster- oder Kreuzstock) dient zum Verschluß der lichten Oeffnung und soll Schutz gegen Kälte und Hitze, Wind und Regen gewähren sowie den zu raschen Ausgleich der äußeren und inneren Temperatur verhindern. Die Anforderungen an ein gut und richtig hergestelltes Fenster sind: a) möglichst luftdichter Verschluß; b) Zulassung von möglichst vielem Tageslicht, daher kein zu breites Rahm- und Sprossenwerk; c) hinreichende Stärke der letzteren wegen Zerbrechlichkeit des Glases; d) bequemes Oeffnen und Schließen der Flügel; e) schöne und zweckmäßige Einteilung[696] der Stäbe, Sprossen und Scheiben. – Das Material des Fensterrahmens besteht in Holz oder Eisen und Glas. Das Holz hat den Vorzug, daß es als schlechter Wärmeleiter den Ausgleich der Temperaturunterschiede am bellen verlangsamt. Das Fensterholz muß geradfaserig und ganz astlos sein; als bestes gilt das Eichenholz, außerdem das harzreiche Lärchenholz und Föhrenholz. Tränken mit heißem Leinöl erhöht die Haltbarkeit und Dauer.

Der in Holz erstellte Fensterrahmen (s. Fig. 1) besteht aus 1. einem festen Teil, dem Futter, 2. beweglichen Flügeln, die entweder um eine senkrechte oder wagerechte Achse drehbar sind, oder 3. in ihrer Ebene verschiebbaren Teilen, dem Schiebefenster (s. unten). Feststehende Fenster ohne Flügel zum Oeffnen nennt man Blindfenster.

1. Das Fensterfutter, 3–4 cm stark, 6–10 cm breit, wird auf den Anschlag (s. Fenster) in Haarkalk aufgelegt und seitlich mit Bankeisen, besser mittels Steinschrauben (a – b, s. Fig. 1) beteiligt. Dessen unterster Teil (h – i), Unter- oder Wetterschenkel, ist verstärkt, letzt auf die Fensterbank dich: auf und dient zur Ableitung des Traufwassers. Für den Anschlag der Flügel innerhalb der Lichtweite dienen der scheitrechte verstärkte Kämpfer (Weitstab, f – g) (s.a. Fig. 2) mit Wasser schräge, Abfalzungen und Traufkante sowie die senkrechten (jetzt nur noch bei breiten Oeffnungen üblichen) Höhenstäbe oder Mittelpfosten, die mit dem Kämpfer das Fensterkreuz bilden.

2. Die Flügel, 5–7 cm stark, greifen durch sinnreiche Abfalzungen, den S-Falz, oder einen Spunten, in die Futter ein (a – b); am Mittelschluß überdecken sie (d – e) sich mit Schrägfalz oder dem Wolfsrachen (s. Fig. 3) sowie einer äußeren und inneren Schlagleiste. Der untere Weitstab der Flügel ist jeweils als Wetterschenkel ausgebildet mit Wasserschräge und Wassernase, um den Ablauf des Wassers zu begünstigen. Die einzelnen Rahmhölzer sind durch Schlitzzapfen miteinander verbunden. Die Einteilung der Flügel erfolgt nach der Größe der Lichtöffnung: Fenster unter 0,70 m Breite sind mit einem Flügel (einflügelig), bis 1,3 m Breite mit zwei Flügeln, darüber mit drei Flügeln anzuordnen. Bei Fenstern bis 1,5 m Höhe genügt ein Flügel, darüber sind der Höhe nach zwei Flügel nötig, um zu starke Rahmhölzer zu vermeiden. Dabei soll der untere Teil = 3/4–4/5 der lichten Höhe von hohen Flügeln gebildet sein, die in einem einzigen großen oder mehreren meist quadratischen Fachen verglast sind. Die oberen kleinen Flügel sind als Lüftungsfenster zu betrachten und werden meistens, um den unteren Weitstab sich drehend, als Klappflügel (s. Fig. Fig. 4) ausgebildet. Das um die wagerechte Mittelachse des Flügels sich drehende Fenster heißt Drehfenster (s. Fig. 5).

Bei kleinen Fensterscheiben erhalten die Flügel als Zwischenteilung Fenstersprossen (c), die tunlichst schmal zu halten sind. Sie bestehen aus Holz, Eisen oder Blei. Zur Einlage des Glases erhalten Flügel und Sprossen Falze (Kittsalz) oder Nuten. In Holzsprossen wird der Kittsalz 8–10 mm tief und breit angebracht, und dieser ist nach außen zu richten, damit die Scheiben durch den Wind nicht eingedrückt werden. Die Glasscheiben werden hierin mit Stiften oder Heftblechen befestigt und hierauf mit Fensterkitt (s.d.) schräg überdeckt. Die Holzsprossen sind 25–30 mm stark nach innen mit abgeschrägten Profilen versehen zum Einlassen des Lichtes und Ablaufen des Schwitzwassers. Eiserne Sprossen haben den Vorteil der Fertigkeit[697] bei geringstem Querschnitt. Zur Fassung der Rund- und Butzenscheiben dienen die 6–10 mm breiten Bleisprossen. Bei schweren und großen Scheiben (Spiegelglas) ist statt der Verkittung eine Befestigung durch Holzleisten (mit Gummizwischenlagen, s. Fig. 6) zu bewirken.

3. Das Schiebefenster (s. Fig. 7), besonders in Norddeutschland, England und Amerika gebräuchlich, erhält seine Teilung nach der Höhe in zwei gleichgroße Flügel, wovon entweder nur der untere, besser aber beide verschiebbar find; in der Mitte überdecken sich diese Flügel auf Rahmenbreite. Seitlich greifen sie in zwei hintereinander liegende Nuten ein und können, durch Gegengewichte gehalten, auf und ab geschoben und in jede Höhe gestellt werden. Um ein bequemes Bewegen zu ermöglichen, darf keine Reibung in den Laufnuten stattfinden; daher ist der Verschluß dieser Fenster nicht so dicht wie der von Flügelfenstern. Die neueste Ausbildung und Vervollkommnung des Schiebefensters bietet das Stumpfsche Reformschiebefenster, das als einfaches und Doppelfenster zur Anwendung kommen kann (Fig. 8 a, b, c) [1].

Der Gebrauch, die Fenster mit Glas zu verschließen, war den Römern schon bekannt; der hl. Hieronymus (4. Jahrhundert) beschreibt Fenster in Holzrahmen. Buntes Glas für Kirchenfenster wird etwa um 400 u. Chr. an[698] St. Paul bei Rom, 534 u. Chr. an der Sophienkirche in Konstantinopel und 856 u. Chr. in St. Maria in Trastevere in Rom als musivisch gemalte Fenster erstellt. Daneben waren durchbrochene und durchscheinende Steinplatten (Marienglas, Alabaster) in Gebrauch. Bleifenster werden Mitte des 11. Jahrhunderts erwähnt. Im übrigen dienten Teppiche, Vorhänge und Holzladen zum Schutz gegen die rauhe Witterung und Kälte. Bis in das 15. Jahrhundert war dies im Süden üblich, während im rauhen Norden die mit Glas geschlossenen Fenster schon lange verbreitet waren, so daß sich Aeneas Sylvius (Papst Pius II.) wunderte, während des Konzils zu Basel (1430) dort so viele Glasfenster zu sehen. Diese bestanden aus kleinen (ca. 10 cm) runden oder sechseckigen Scheiben in Bleifassung zwischen schwachen Holzrahmen. Bald kamen auch die größeren viereckigen Scheiben in Holzrahmen zwischen Steinkreuzen auf. Vor Ende des 16. Jahrhunderts werden letztere durch Fensterkreuze aus Holz verdrängt. Zu jener Zeit erhielten die Glasscheiben eine Größe von 30 cm, während die Spiegelscheiben heute in Größen von 2–10 qm erstellt werden. Mit der Zunahme der Größe und Stärke der Scheiben vergrößerten sich auch die Abmessungen des Flügelrahmens, welcher der Zerbrechlichkeit des Glases wegen sich nicht verziehen oder werfen darf. – Das Glas ist ein guter Wärmeleiter, d.h. die Ausgleichung des inneren und äußeren Wärmeunterschiedes erfolgt an ihm rasch, und die Wasserdünste des inneren Raumes schlagen sich nieder, sie kondensieren sich und bilden das Schwitzwasser, das bei strenger Kälte gefriert. Dieser Mißstand wird durch Erstellung einer stehenden Luftschicht (Isolierschicht) beseitigt. Dies geschieht durch Anordnung vom. Vorfenstern, die außerhalb des Fensters, oder 2. Winterfenstern (Fig. 9), die innerhalb eingestellt werden, oder durch 3. Doppelverglasung (Fig. 10 u. 11); s.a. Doppelfenster.


Literatur: Strack u. Hitzig, Der innere Ausbau von Wohngebäuden, Berlin, Bd. 1 u. 5; Baukunde des Architekten, Berlin 1890, Bd 1, II; Hochbaulexikon von G. Schönermack u. W. Stüber, Berlin 1903, Artikel »Fenster«, S. 395 ff.; Beiblatt der Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, 8. Jahrg., Nr. 7, Berlin 1905.

Weinbrenner.

Fig. 1., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 1., Fig. 3., Fig. 4., Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8a., Fig. 8b., Fig. 8c.
Fig. 8a., Fig. 8b., Fig. 8c.
Fig. 9., Fig. 10., Fig. 11.
Fig. 9., Fig. 10., Fig. 11.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 3 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 696-699.
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