Motorwagen [3]

[470] Motorwagen (Kraftwagen, Automobil). – Von den in Bd. 6, S. 503 ff., beschriebenen Motorwagen haben die elektrisch betriebenen nur wenig Umänderungen erfahren. Eine der vollkommensten Lastwagenkonstruktionen ist der 4–5-t-Bergmann-Elektromobillastwagen.

Derselbe besitzt einen normalen Pritschenaufbau mit einer Ladefläche von 3700 × 1900 mm, einen Führersitz für drei Personen, Klappverdeck und Windschutzscheibe. Die beiden Antriebsmotoren von je 7,6 PS. sind an der Hinterachse federnd aufgehängt. Die Kraftübertragung erfolgt mittels eines eingekapselten Zahnradvorgeleges. Die Schaltung besitzt fünf Vorwärts- und fünf Rückwärtsgeschwindigkeiten. Sie wird durch einen rechts vom Führersitz angebrachten Kontrollhebel bedient. Außerdem ist ein vom linken Fuß zu betätigender Notschalter angeordnet. Der Radstand des Wagens ist 4000 mm, die Spurweite 1520 mm. Das Gewicht des Untergestells ohne Batterie ist ca. 3000 kg. Die unterhalb des Führersitzes angeordnete Batterie besitzt 80 Zellen, 250 Ampèrestunden Kapazität, 160 Volt Betriebsspannung, Entladestrom 50 Ampere. Die Ladespannung ist 220 Volt, Ladestrom 50 Ampère oder 110 Volt Ladespannung und 100 Ampere Ladestrorn. Der Stromverbrauch des eisenbereiften Wagens bei 9 km Stundengeschwindigkeit und 165 Volt Spannung auf gutem Steinpflaster bei rund 9000 kg Gesamtgewicht ist 28 Ampere oder 54 Wattstunden pro Tonnenkilometer. Die Höchstgeschwindigkeit des Wagens auf gutem Wege ist ca. 16 km.

Kraftwagen mit Verbrennungsmotoren. Die Personenwagen haben keinerlei wesentliche Veränderungen erfahren. Während der Kriegsjahre waren die Fabriken derart mit Heeresaufträgen überlastet, daß keine Zeit erübrigt werden konnte, um durchgreifende konstruktive Neuerungen durchzuführen.

Als Brennstoff kam vor allem das Benzol, ein Steinkohlenteerdestillat, in Frage. Während des Krieges und nach Abschluß des Waffenstillstandes, also in der Zeit, da infolge der geringen Kohlenförderung auch die Benzolproduktion zurückging, hat man neben den verschiedensten Brennstoffgemischen, wie Benzolspiritus u.s.w., vor allem Benzolöl verbraucht, ein Gemisch von Benzol und Marineheizöl. Ende 1919 gelangte dann ein neuer Brennstoff, ein Gemisch von Benzol mit Petroleum, zur Einführung. Dieser Brennstoff besitzt vor allem keinen so üblen Geruch wie das Benzolöl.

Motoren. Entgegen in Amerika und England ist es dem Zweitaktmotor in Deutschland noch immer nicht gelungen, sich einzubürgern. Man verwendet immer noch den Viertaktmotor, und zwar selbst bei hochleistigen Wagen den Vierzylinder-, seltener den Sechszylindermotor. Die Zylinder werden meist in einem Block zusammengegossen, wobei man bemüht ist, dem [470] Ganzen ein möglichst glattes Aeußeres zu geben. Man verlegt deshalb alle Organe, wie Oelleitungen, Einlaß- und Auslaßrohre, Ventile u.s.w., in den Gußblock, was entschieden viele Vorteile mit sich bringt. Verschiedentlich verwendet man heute Aluminiumkolben, deren bedeutendster Fabrikant Basse & Selve in Altena ist. Stärkere Motoren werden zum Teil von oben gesteuert. Dabei wird die Nockenwelle über die Zylinderköpfe gelegt und von einer an der Stirnseite des Motors angeordneten Vertikalwelle mit Kegelrädern angetrieben.

Zweitaktautomobilmotoren verwendet man in größerem Umfange nur in Amerika und England, vereinzelt auch in Frankreich. Es sind aber auch bei uns namhafte Kräfte am Werk, so daß zu erwarten ist, daß der in verschiedener Hinsicht so vorteilhafte Zweitaktmotor doch noch das Feld erobern wird. Die wesentlichste Konstruktionseigenheit des Zweitaktmotors ist die, daß er keine Ein- und Auslaßventile besitzt, sondern die Gaszuführung und Entleerung erfolgt durch Schlitze in den Zylinderwänden, die durch den Kolben oder besondere Schieber freigegeben bezw. verdeckt werden.

Ein Viertaktschiebermotor ist der Mercedes-Knight-Motor (Fig. 1), Der Gasein- und -auslaß erfolgt hier durch zwei ineinander gleitende rohrförmige Schieber (Fig. 2 und 3), die an gegenüberliegenden Stellen je zwei lange horizontale Schlitze besitzen. Diese Schieber befinden sich zwischen Zylinderwand und Kolben. Der innere Schieber ist also zugleich die Zylinderlaufbahn; in ihm finden alle Phasen des Viertaktes statt. Die Einlaß- und. Auslaßleitungen enden oben an der Innenfläche des Zylinders ebenfalls in horizontalen Schlitzen von gleicher Größe der Schlitze in den Schiebern. Gleiten die beiden Schlitze der Schieber auf der Ansaugseite des Motors vor derjenigen des Zylinders, so geben sie den Weg zum Vergasen frei; geschieht dies mit den gegenüberliegenden Schlitzen, so steht den verbrannten Gasen der Weg ins Freie offen. Während der Kompression und Explosion sind die Schlitze durch die Kolbenringe des Zylinderkopfes, auf denen sich der innere Schieber höher hinausschiebt, geschlossen. – Durch die Notwendigkeit, schwerere Brennstoffe als das bisher gewohnte Benzin zu verarbeiten, mußten auch die Vergaser verschiedentliche Veränderungen erfahren. Zum Teil genügte aber ein Auswechseln der Brennstoffdüse. Eine beachtenswerte Neukonstruktion ist der Tuto-Sparvergaser der Sparvergaser-Gesellschaft in Berlin W 35. Der Vergaser ist ohne Schwimmer, was die Konstruktion desselben außerordentlich vereinfacht und seine Betriebssicherheit demgemäß erhöht. Seine Wirkung ist die folgende: Der Brennstoff tritt bei a (Fig. 4) in den Vergaser ein und passiert die von außen herausnehmbaren Filter b und den Kanal c bis zur Hauptdüse d. Unter derselben verschließt der Kegel e den Weg; dieser sitzt an der Spindel f, die unten die Scheibe g trägt. Beim Ansaugen entsteht nun an dem Lufttrichter h ein starker Unterdruck, der sich durch die Löcher des äußeren Mischrohres m auch nach unten zur Scheibe g fortpflanzt und diese sofort anhebt. In diesem Augenblick wird der Brennstoffkegel e geöffnet, der Brennstoff fließt in den Spindelraum i und wird gleichzeitig von der durch die Kanäle k eintretenden Korrekturluft, deren richtige Menge durch die auswechselbare Korrekturluftdüse n bemessen ist, in Schaum verwandelt, durch das innere Zerstäuberrohr l vollkommen zernebelt und durch das äußere Mischrohr mit der angesaugten Hauptlust aufs innigste vermischt. Hört der Unterdruck im Lufttrichter auf (durch Schließen der Drosselklappe oder Abstellen der Zündung), so fällt der Brennstoffkegel infolge seiner Schwerkraft auf seinen Sitz zurück, wodurch der Brennstoffzufluß sofort unterbrochen wird. Sollte infolge Hängenbleibens eines Ansaugeventils oder aus anderen Ursachen ein Explosionsrückschlag erfolgen, so wirkt[471] der im Lufttrichter entstehende Ueberdruck auf die Scheibe g nach unten und schließt sofort den Brennstoffkegel und damit die Brennstoffzufuhr. Damit wird auch der kleinste Vergaserbrand vermieden. – Die Hilfsdüse arbeitet nach demselben Prinzip wie die Hauptdüse. Der Brennstoff fließt durch die auswechselbare Leerlaufdüse zum Leerlaufkegel o. Zum Anlassen des Motors wird die Drosselklappe p nahezu geschlossen. Dadurch entsteht im Leerlaufkanal q ein sehr hoher Unterdruck, der die beiden mit der Kegelspindel verbundenen Scheiben r anhebt und den Leerlaufkegel o öffnet. Die für das Brennstoffgemisch erforderliche Luft strömt durch die Löcher t von außen und durch die Löcher u von unten aus dem Lufttrichter ein. Wird die Drosselklappe geöffnet, so sinkt der Unterdruck bei s und steigt im Lufttrichter bei u. Dabei werden die Scheiben r mit der Leerlaufkegelspindel nicht mehr nach oben sondern nach unten gesaugt, dafür aber die Scheibe g an der Spindel f mit dem Brennstoffkegel e gehoben und damit die Hauptdüse in Tätigkeit gesetzt. Der Vergaser reagiert sofort auf jede Einstellung der Drosselklappe, ohne sich zu verschlucken. Durch sofortiges Oeffnen der Hauptdüse bei geringstem Unterdruck wird eine große Elastizität erzielt. Dadurch verdient er sich seinen Namen »Sparvergaser«, ebenso wie durch ein allen Drehzahlen des Motors angemessenes richtiges Brennstoffluftgemisch und feinste Zerstäubung desselben.

Die Zündapparate der Automobilmotoren haben nur insofern Veränderungen erfahren, als sie heute fast ausnahmslos staub- und wasserdicht gekapselt werden. Dadurch ist eine der hauptsächlichsten Störungsquellen am Motor beseitigt. Fig. 5 Stellt den gekapselten Bosch-Magnet dar. Von den Zündkerzen ist neben der bewährten Bosch- Kerze mit drei Messerelektroden vor allem die Esha-Blaskerze von Siemens & Halske zu erwähnen. Bei dieser Kerze wird durch eine eigenartige Bauart das so häufige Verölen und Verrußen in zuverlässiger Weise verhütet. Im Gegensatz zu anderen Ausführungen wird bei der Esha-Blaskerze der durch den Isolationskörper hindurchführende Nickelstift an seinem unteren Ende, an dem die Funken übergehen, röhrenförmig ausgebildet. Dieser mittleren hohlen Elektrode steht in einem Abstande von etwa 0,5 mm eine zweite, aus Nickeldraht hergestellte hakenförmige Elektrode gegenüber, die in dem Stahlkörper der Kerze befestigt ist. Bei jeder Kompressionsperiode des Motors wird nun der vordere Teil der röhrenförmigen Elektrode mit frischen Verbrennungsgasen angefüllt und diese Gase werden durch den überspringenden Funken entzündet. Hierdurch erfolgt eine bedeutende Ausdehnung des in der röhrenförmigen Elektrode eingeschlossenen Gases und infolgedessen ein plötzliches Herausströmen der brennenden Gase in Form einer Stichflamme. Dadurch werden alle am unteren Teil der Röhre befindlichen Oel- und Rußteile mit fortgerissen.

Während die elektrischen Handanlasser weniger bei Automobil- als bei Flugmotoren Verwendung gefunden haben, bürgern sich jetzt allmählich elektrische Schwungradanlasser ein. Fig. 6 stellt den Bosch-Schwungradanlasser dar, während Fig. 7 den Anlaßmotor im Schnitt zeigt. Dieser Motor ist ein Hauptstrommotor, dessen Feldwicklung in eine Haupt- und eine Hilfsfeldwicklung unterteilt ist. Der Anker ist in seinen Lagern in der Längsrichtung der Achse verschiebbar. Er wird durch eine sehr elastisch wirkende Sender in die eine Endstellung gedrückt, bei welcher der Anker gegenüber den Polschuhen versetzt ist.[472] Das Ritzel auf der Achse des Anlassers greift in der Ruhestellung des Anlaßmotors nicht in den Zahnkranz des Schwungrades ein. Sobald nun der Anlaßdruckknopf bei Stillstand des Wagenmotors niedergedrückt ist, fließt der Batteriestrom durch die Erregerhilfswicklung wie auch durch den Anker des Elektromotors. Dadurch wird einerseits ein kräftiges Feld erzeugt und der Anker vom Feldmagneten in der Achsenrichtung kräftig in das Feld hineingezogen, andererseits aber infolge des hohen Widerstandes der Hilfswicklung dem Anker nur ein geringer Strom zugeführt. Dadurch dreht er sich während der Einzugsbewegung nur verhältnismäßig langsam, bis das auf dem Anker sitzende Zahnritzel mit dem Zahnkranz des Schwungrades in Eingriff gekommen ist. Zugleich aber fließt der Batteriestrom auch durch die mit der Hilfserregerwicklung hintereinander geschaltete Wicklung des elektromagnetischen Schalters, der den Zweck hat, den Hauptstromkreis des Elektromotors zu schließen, nachdem das Ritzel mit dem Schwungrad in Eingriff gekommen ist. Das durch diesen Strom im Magnetschalter erzeugte magnetische Feld genügt jedoch erst dann zum vollständigen Anziehen des Magnetschalters, wenn sein, die Schließung des Hauptstromkreises bewirkender Anker einen bestimmten Weg zurückgelegt hat. Diese Verschiebung des Ankers des Magnetschalters erfolgt auf mechanischem Wege gleichzeitig mit der Einzugsbewegung des Elektromotorenankers. Der Anker des Schalters wird von seinem Magnetfeld erst vollends angezogen, wenn das Zahnritzel mit dem Schwungrad in Eingriff gekommen ist und schließt dadurch den Hauptstromkreis, so daß der volle Batteriestrom durch die Haupterregerwicklung und den Anlasseranker fließt. Dadurch wird der Automobilmotor mit voller Kraft angedreht. Nachdem die ersten Zündungen erfolgt sind, nimmt der Strom im Anlaßmotor sehr schnell ab. Die Folge davon ist ein Nachlassen des magnetischen Feldes. Die Kraft der Sender im Anker überwiegt die magnetische Einzugskraft und bringt das Ritzel auf der Ankerachse selbsttätig außer Eingriff mit dem Zahnkranz des Schwungrades.

Damit ein unbeabsichtigtes Einschalten des Anlaßmotors bei laufendem Motor unmöglich ist, hat man die Anordnung getroffen, daß, sobald der Wagenmotor die Geschwindigkeit erreicht hat, bei der die Batterie durch den selbsttätigen Schalter parallel zu einer Lichtmaschine geschaltet wird, der Stromkreis des Anlassers durch den selbsttätigen Schalter an der Lichtmaschine unabhängig von dem Druckknopfschalter unterbrochen wird. Es kann dann, auch wenn der Druckknopf bei laufendem Wagenmotor niedergedrückt wird, kein Strom mehr durch den Anlasser fließen und demnach das Ritzel nicht in Eingriff mit dem Schwungrad gelangen. Fig. 8 zeigt ein Schaltschema des Bosch-Anlassers mit den Kabelverbindungen zur Batterie, dem Schallkasten und einer Lichtmaschine.

Auch die Automobilbeleuchtung hat einige Fortschritte zu verzeichnen. – Das von der Hanseatischen Autogasgesellschaft auf den Markt gebrachte Autogas, ein unter Druck in Stahlflaschen gefülltes Acetylengas (das sich aber in der Flasche mit einer Füllmasse verbindet und erst beim Oeffnen des Ventils wieder löst, so daß die geschlossene Flasche nicht unter Druck steht), gestaltet die Bedienung der Lichtanlage zur denkbar einfachsten. Es ist nur nötig, die gefüllte Autogasflasche mit den Scheinwerfern zu verbinden und das Ventil zu öffnen, um ein infolge der äußersten Reinheit des Autogases überaus klares Licht zu erhalten. Fig. 9 zeigt einen Autogaskoffer mit Flasche, wie er bequem auf dem Trittbrett des Wagens befestigt werden kann. Des weiteren werden von verschiedenen Firmen elektrische Lichtanlagen gebaut. Die Bosch-Lichtanlage (Fig. 10 und 11) besteht aus der Lichtmaschine zur Erzeugung des elektrischen Stromes mit den selbsttätigen Vorrichtungen für die Regelung des Lichtmaschinenstromes und für die Parallelschaltung der Batterie zur Lichtmaschine, der Batterie, die der Lichtmaschine parallel geschaltet ist, wenn der[473] Antriebsmotor in Betrieb ist und die bei stillstehendem oder langsam laufendem Motor die Stromlieferung allein übernimmt, dem Schallkasten mit dem Schalter zum Ein- und Ausschalten der Stromverbraucher und den Beleuchtungskörpern nebst Leitungen. Die Lichtmaschine ist eine vierpolige Gleichstrommaschine mit Nebenschlußerregung. Durch den Regler wird die Spannung des erzeugten Stromes bei normaler Leistung der Maschine auf 13,5–14 Volt gehalten.

Der Kühler als Bestandteil der Karosserie ist mit dieser steten Veränderungen unterworfen, vor allem, was die äußere Form anbetrifft. Am meisten wird heute noch die ogivale Form verwendet, da diese am besten zu der beliebten Torpedokarosserie paßt. Aber auch spitze Kühler (Fig. 12) werden gern eingebaut. Sie verleihen dem Wagen ein besonders rassiges Aeußere. Von Neuerungen aus dem Kühlerbau sei der Windhoff-Röhrchenkühler erwähnt, der aus zahlreichen oben und unten in die Wassersammler eingesetzten flachen, vertikal angeordneten Aluminiumröhrchen besteht. Dieser Kühler ist insofern praktisch, als er sehr einfach, wenigstens provisorisch, zu reparieren ist. Man braucht nur das betreffende leckgewordene Röhrchen zu teilen und sodann beide Hälften nahe an den Wassersammlern umzuknicken. – Ein Kriegskind ist der Elementenkühler, der sowohl von der Hans Windhoff-A.-G. in Berlin als von der [474] Süddeutschen Kühlerfabrik in Feuerbach (Württ.) fabriziert wird. Dieser Kühler (Fig. 13) besteht aus den Wassersammlern und einzelnen Kühlelementen, die einfach mit Hilfe zweier Schrauben in den Wassersammlern befestigt werden. Das Mitführen von Ersatzelementen verletzt den Fahrer bei Leckwerden des Kühlers in die Lage, denselben jederzeit und überall wieder gebrauchsfähig zu machen. Ist kein Ersatzelement zur Stelle, so werden die Gewindeöffnungen durch besondere Verschlußmuffen geschlossen.

Die Anordnung der einzelnen Organe im Fahrgestell hat sich erfahrungsgemäß äußerst zweckmäßig und einfach gestaltet. Vor allem ist auf bequeme Zugänglichkeit größter Wert gelegt worden. Das Fahrgestell selbst ist konstruktiv so ausgebildet, daß keinerlei Spannungen auftreten können, die den ordnungsmäßigen Betrieb gefährden. Fig. 14 läßt ein fahrfertiges Chassis von oben erkennen. Den Hebel für den Geschwindigkeitswechsel baut man neuerdings nicht mehr außen an den Chassisrahmen an, sondern ordnet ihn in einem Bock an, der mit dem Wechselgetriebekasten zusammengegossen ist (Fig. 15). Man vermeidet dadurch Klemmungen auf unebenen Wegen bezw. ein allzu schnelles Abnutzen des Wechselgetriebes. – Eine neuartige, mit Erfolg erprobte Federung (Benz) läßt Fig. 16 erkennen. Dadurch, daß sich die Sendern mit ihren hinteren Enden auf die Hinterachse aufstützen, werden alle Stöße zunächst vom elastischsten Teil der Sendern aufgefangen und so allmählich gedämpft. – Fig. 17 läßt das Chassis eines Lastwagens mit Zwillingsreifen erkennen. Man hat diese Doppelreifen eingeführt, um sowohl die Reibung der hinteren Antriebsräder zu vergrößern als auch den Verschleiß des einfachen Reifens zu vermindern.

Der durch den Krieg herbeigeführte Gummimangel zwang zur Konstruktion von Ersatzbereifungen, von denen einige wirklich beachtenswert sind und wohl auch in der Zukunft an schweren Lastwagen Verwendung finden dürften. Die bekannteste ist wohl die Sembusio-Bereifung. Sie[475] besteht aus der äußeren Lauf- und der inneren Felge, auf welchen eine Anzahl aus Blech gepreßter Pfannen angebracht sind. In diese Pfannen werden Gummiklötze eingelegt, die dem Rad eine ziemlich gute Elastizität verleihen. Bei den federnden Rädern von Moll und Arop sind an Stelle der Gummiklötze Drucksendern angeordnet. Die Sendern der Arop-Räder liegen vollständig frei, während bei den Moll-Rädern die Sendern ziemlich tief in den Federschuhen sitzen (vgl. Fig. 18 und 19).

Mit der Vervollkommnung der Automobile und der Erhöhung der an dieselben in bezug auf geschmackvolle und bequeme Ausstattung gestellten Ansprüche ist naturgemäß die Entwicklung der Karosserie Hand in Hand gegangen. Schon das Aeußere der modernen Wagenaufbauten verrät dies. Man steht heute nur noch glatte Flächen und elegant geschwungene, scheinbar in die Unendlichkeit verlaufende Linien. Die Stromlinienführung, die Gestaltung auf geringstmöglichen Stirn- und Luftwiderstand ist Motto. Dabei wird aber auch die Bequemlichkeit nicht außer acht gelassen. Fig. 20 zeigt ein Phaeton der Firma Alexis Keller, Berlin, das eine neue, eigenartige Anordnung der Sitze erhalten hat. Hierbei sind die Hauptsitze in den Fond verlegt, während die Rücksitze als Notsitze ausgebildet sind. Ein Fondsitz ist für den Durchgang zu den Notsitzen umklappbar. Mit dieser Anordnung bezweckt man, den in den Hauptsitzen befindlichen Fahrgästen das Fahren angenehmer zu gestalten (man fühlt die Federstöße weniger als hinten, die vor den Herren sitzenden Damen werden nicht mehr durch Rauchen belästigt u.s.w.).

In dem Bestreben, das Automobil dadurch volkstümlich zu gestalten, es den weitesten Kreisen zu eigen zu machen, daß man seine Anschaffungs- und Unterhaltungskosten reduzierte, ist das Kleinauto entstanden. Die hervorragendsten Vertreter dieser Type sind in Deutschland der kleine Adlerwagen, der kleine Wanderer und das Opel-Puppchen. Neuerdings sind eine ganze Reihe von Neukonstruktionen erschienen, die bis auf wenige aussichtsvoll erscheinen. Der Bobwagen, ein Fabrikat eines neuen Siemens-Unternehmens, ist eine erstklassige Präzisionsleistung und Stellt in jeder Beziehung die Kopie eines normalen Automobils dar.

Ein noch kleinerer Wagentyp ist der Cyclecar. Derselbe ist ein Mittelding zwischen dem Motorrad und dem kleinen Auto. Er ist, was das Wort besagt, ein Motorradwagen und aus dem Bedürfnis heraus entstanden, ein billiges und zugleich bequemes Motorfahrzeug zu besitzen, das den Ansprüchen des Fahrers bezüglich Bequemlichkeit und Mitführung kleiner Lasten oder einer weiteren Person besser gewachsen ist als das Motorrad, das aber hinsichtlich des Brennstoffverbrauchs wie der sonstigen Unterhaltungskosten rentabler ist als das Automobil. Man hat sich zuerst in Frankreich mit dem Bau von Cyclecars befaßt, später auch m Amerika und England. Während nun in diesen Ländern der Cyclecar die weiteste Verbreitung fand, hat man sich in Deutschland (wenigstens in Fabrikantenkreisen) nie für dieses Fahrzeug erwärmen können. Erst das Kriegsende hat hier einen Umschwung gebracht, der durch die hohen Gestehungskosten eines kleinen und mittleren Wagens wie auch durch die allgemeinen Verkehrsschwierigkeiten bedingt wurde. Der Cyclecar hat für die Zukunft als Nutz- und Sportwagen des kleinen Geschäfts- und Privatmannes die größte Bedeutung. Die Konstruktion des Cyclecars unterscheidet sich von derjenigen des normalen Automobils vor allem durch das[476] Fehlen des Differentials. Die Kupplung ist meist eine Klauenkupplung, während der Geschwindigkeitswechsel durch ein einfaches Friktionsgetriebe erzielt wird. Der Hinterradantrieb erfolgt durch Riemen oder Ketten.

Den Cyclecars verwandt und die Dreiradkraftwagen, von denen die bekannteren der Magnetselbstfahrer, die Zyklonette und das Phänomobil sind. Ersterer ist insofern interessant, als es ein doppelspuriger Wagen ist, dessen Vorderrad also zusammen mit dem rechten Hinterrad spurt. Der Motor sitzt im Fahrgestell hinter dem Vorderrad. Die Kraftübertragung auf das rechte Hinterrad erfolgt über ein Wechselgetriebe mittels Renold-Ketten.

Die Zyklonette (Fig. 21) ist ein Dreiradwagen mit Vorderradantrieb und über dem Vorderrad angeordneten luftgekühltem Zweizylindermotor. Zur Erhöhung der Wirkung der Luftkühlung ist auf den Zylindern ein sogenannter Vakuumkühler angebracht. Derselbe besteht aus einem allseitig geschlossenen, mit Kühlrippen versehenen Metallrohr für jeden Zylinder, das an einem Ende in den Zylinderkopf eingeschraubt, luftleer und zum Teil mit einer Flüssigkeit gefüllt ist. Im Betriebe gibt die heiße Zylinderwand ihre Wärme an den unteren Teil des Rohres ab und bringt die Flüssigkeit so lange zum Sieden, als überhaupt noch eine Temperaturdifferenz zwischen dem unteren und oberen Teil des Rohres vorhanden ist. Ebensolange kondensieren die Dämpfe im oberen Teil und das Kondensat fließt immer wieder nach unten. Das Ganze stellt also eine selbsttätig arbeitende Wärmeaustauschvorrichtung dar, bei welcher die auf einen sehr engen Raum zusammengedrängte Wärmequelle des Auslaßventils andauernd auf die sehr große und deshalb gut gekühlte Oberfläche der Kühlrippen verteilt wird. Der Vakuumkühler erfordert keinerlei Bedienung.

Wie alle Dreiradkraftwagen mit Vorderradantrieb ist auch das Phänomobil ein guter Bergsteiger und besonders für sandige Landwege geeignet. Es besitzt einen zwölfpferdigen luftgekühlten Vierzylindermotor (Fig. 22) mit einzelnstehenden Zylindern von 7490 mm Bohrung/Hub, deren Kühlung durch zwei Ventilatoren unterstützt wird. Er sitzt quer zur Fahrtrichtung über dem Vorderrade und trägt an dem linksseitigen Zapfen der Kurbelwelle das Getriebe, das zwei Vorwärtsgeschwindigkeiten sowie Rücklauf besitzt. Die Zahnräder des Getriebes befinden sich stets im Eingriff, es fällt also das Aus- und Einrücken derselben, das damit verbundene Geräusch wie auch die starke Abnutzung derselben fort. Die Kraftübertragung geschieht durch starke, nachstellbare Ketten unmittelbar auf das Vorderrad.

Auch die Solomobil-G. m. b. H., Berlin O 27, baut einen kleinen Dreiradwagen, das Solomobil, das bestimmt ist, den Halter des Kraftfahrzeuges von einer Garage unabhängig zu machen. In der Tat ist das Fahrzeug in allen seinen Abmessungen so gehalten, daß es nur wenig mehr Platz beansprucht als ein Motorrad, trotzdem aber dem Selbstfahrer alle gewünschten Bequemlichkeiten eines Kleinautos gewährt. Zum Antrieb dient ein vierpferdiger N.S.U.-Motor, der unter der Torpedokarosserie des Wagens hinter dem Vorderrad angeordnet ist. Es ist ein Wechselgetriebe[477] mit drei Vorwärtsgeschwindigkeiten und Rückwärtsgang vorhanden, von welchem die Kraft auf die Hinterräder weitergeleitet wird. Die Steuerung geschieht durch eine direkt angreifende Lenkstange mit einfachem Handgriff. Die Maximalgeschwindigkeit des Solomobils beträgt ca. 50 km.

Es sei noch das Walmobil der Maschinenfabrik Walter Loebel, Leipzig, erwähnt. Dieses Fahrzeug ist ebenfalls mit Vorderradantrieb versehen (Fig. 23), unterscheidet sich aber von anderen Konstruktionen vorteilhaft dadurch, daß der Antrieb des Vorderrades nicht wie üblich durch Ketten sondern durch eine Kardanwelle erfolgt. Beachtenswert ist, daß zur Demontage des Vorderrades nur der Achsbolzen entfernt zu werden braucht.

Bekanntlich ist durch die Subventionierung von Lastkraftwagen der Bau derselben in den Vorkriegsjahren stark gefördert worden.

Die militärischerseits aufgestellten Richtlinien, wenn sie auch die rein technische Gestaltung der Subventionslastwagen dem Können der einzelnen Konstrukteure überließen, bedeuteten eine Umwälzung im deutschen Lastautobau. Dabei war es interessant, zu beobachten, wie selbst ältere Werke, die bisher mit Stolz auf ihre Erfahrungen im Nutzautobau hinwiesen, erkennen mußten, daß sie vollkommen Neues schaffen müssen, wenn ihre Wagen den neuzeitlichen Anforderungen gerecht werden sollten. Sie sahen sich nun vielfach vor Probleme gestellt, die, wie z.B. Gewichtsverminderung, zwangsfreie und geräuschlose Kraftübertragung u.s.w., von ihnen bisher nur wenig beachtet worden waren.

In welchem Maße die getroffenen Neuerungen praktisch waren, verriet dann der Krieg mit seinen ungeheuren Anforderungen an Menschen und Material. Dabei wurden erstmalig wirkliche Erfahrungen gesammelt und diese führten zu weiteren Verbesserungen nicht nur der Lastkraftwagen sondern aller Motorfahrzeuge. Die Folge war, daß die letzten Typen auch den verwöhntesten Ansprüchen des Lastautokäufers zu genügen imstande sind.

Lastwagen mit einer Tragfähigkeit bis zu 21/2 t werden heute meist mit Differentialantrieb als sogenannte Schnellastwagen gebaut. Nur größere Lastwagen für Leistungen von 3, 4 und 5 t werden allgemein mit Kettenantrieb geliefert. Für den Transport schwerster Lasten und vor allem für gebirgiges Gelände baut man heute sogenannte Zugmaschinen, teilweise mit Vierräderantrieb. Der Motorwagen ist im Begriff, alle Fahrzeuge mit tierischem Antrieb zu verdrängen.


Literatur: Automobiltechn. Handbuch, 9. Aufl., Berlin 1919. – Lehmbeck, Th., Der Automobilmotor und seine Bestandteile, 5. Aufl., Berlin 1919.

C.W. Vogelsang.

Fig. 1.
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Fig. 3.
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Fig. 4.
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Fig. 5.
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Fig. 6.
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Fig. 7.
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Fig. 8.
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Fig. 9.
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Fig. 10.
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Fig. 11.
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Fig. 12., Fig. 13.
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Fig. 14.
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Fig. 15.
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Fig. 16.
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Fig. 17.
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Fig. 18.
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Fig. 19.
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Fig. 20.
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Fig. 21.
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Fig. 22.
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Fig. 23.
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Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 1 Stuttgart, Leipzig 1920., S. 470-478.
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