Pfeilerbau

[91] Pfeilerbau, Abbaumethode (s. Abbau) für reine Kohlenflöze, bei welcher das Flöz durch Auffahrung von Strecken in für den Abbau geeignete kleinere Abschnitte, Pfeiler genannt, geteilt wird.

Das Hangende wird eine Zeitlang zum Schütze der Arbeiter durch Zimmerung unterstützt; an dem benachbarten Bruche werden besondere Bruchstempel gestellt. Mit dem Vorrücken des Abbaues wird die Zimmerung allmählich herausgenommen (geraubt), und das Hangende bricht nieder. Im Bruche, dem abgebauten Teile des Grubenfeldes, zeigt sich meistens, da das Gebirge in Bewegung gekommen ist, starker Druck, so daß es schwer sein würde, Strecken in demselben offen zu erhalten. Die Beschaffenheit des Bruches hängt von der Natur der hangenden Gesteine ab; tonige Gesteine setzen sich gewöhnlich bald fest zusammen, dagegen bilden Sandsteine, Konglomerate u.s.w. in der Regel einen grobstückigen Bruch, in dem sich oft jahrelang ein System von Hohlräumen offen erhält. Derartiger Bruch kann namentlich dann, wenn unreine Kohlenschichten mit niedergebrochen sind, dadurch gefährlich werden, daß sich schädliche Gase, Kohlensäure oder Schlagwetter (Methan) bilden, ja er kann auch zu Grubenbrand Veranlassung geben. Deshalb führt man den Pfeilerbau immer derart aus, daß man von den Schächten aus Strecken bis an die Feldgrenzen auffährt und von dort aus rückwärts zum Schachte abbaut (Pfeilerrückbau). Wollte man vom Schachte nach den Feldgrenzen zu abbauen, so würde sich zwischen den Abbaufeldern und dem Schachte der Bruch befinden und zu vielerlei Störung des Betriebes Veranlassung geben.

Die Vorrichtung für die am häufigsten angewendete Methode, den streichenden Pfeilerbau (s. die Figur), findet in der Weise statt, daß durch zwei Streichstrecken (obere und untere Sohlstrecke) und durch eine als Bremsberg (s. Bremsbergförderung) einzurichtende Fallstrecke ein größeres Abbaufeld von etwa 100–300 m streichender Länge und 60–100 m flacher Höhe abgeteilt wird. Vom Bremsberge aus werden in Abständen von etwa 10 m streichende Abbaustrecken aufgefahren, und zwar beginnt man mit denjenigen, die der oberen Sohlstrecke am nächsten liegen. Ist die andre Grenze des Abbaufeldes, die in diesem Falle durch den Grenzsicherheitspfeiler S gebildet wird, erreicht, so beginnt rückwärts, d.h. nach dem Bremsberge zu, der Abbau der zwischen den Abbaustrecken belassenen Kohlenstreifen (Pfeiler). Der Sicherheitspfeiler S an der oberen Sohlstrecke wird mitgewonnen und diese selbst zu Bruche gebaut, während an der unteren Sohlstrecke zu deren Erhaltung ein Sicherheitspfeiler belassen wird. Schwebende Durchhiebe und eingebaute Wettertüren W regeln die Wetterführung; die frischen Wetter strömen auf der unteren Sohlstrecke zu, werden steigend an den Betriebspunkten entlang geführt und verlassen auf der oberen Sohlstrecke das Abbaufeld. Die Förderung findet auf den Abbaustrecken söhlig bis zum Bremsberge statt, auf diesem abwärts bis zur unteren Grundstrecke und auf dieser wiederum söhlig bis zum Schachte. – Je nach der Lage der Abbaustrecken in der Ebene der Lagerstätte unterscheidet man den eben beschriebenen streichenden Pfeilerbau und, nur bei sehr flacher Lagerung und Abwesenheit von Schlagwettern angewendet, den schwebenden und diagonalen Pfeilerbau. Außerdem richtet sich die Ausführung des Pfeilerbaues im einzelnen besonders nach der Mächtigkeit der[91] Lagerstätte und nach der Beschaffenheit des Hangenden. – Die beschriebene Methode ist die beim Abbau der Steinkohlenflöze übliche. Beim Abbau der Braunkohle wird, weil deren Wert ein erheblich geringerer ist und das hangende Gebirge weniger tragfähig ist, auch wohl Wasser führt, meistens ein etwas andres Verfahren angewendet, das jedoch auch zum Pfeilerbruchbau gehört, weil das Hangende zu Bruch gebaut wird. Die Ausführung besteht darin, daß in der Braunkohle von den Strecken aus einzelne Abbaukammern hergestellt werden, zwischen denen zum Tragen des Hangenden bis zur beendeten Gewinnung Kohlenpfeiler verbleiben. Die Abmessungen richten sich besonders nach der Standfestigkeit der Kohle und des Daches. In erdiger Braunkohle nimmt man die Kammern, dort auch Tummel genannt, etwa 4–6 m im Durchmesser und ebenso hoch, in der festeren böhmischen Braunkohle zieht man rechteckige Kammern von etwa 12 × 12 m Grundfläche und 6 m Höhe vor. Kurze Zeit, nachdem die Kohle aus einer solchen Kammer ausgefördert ist und die Zugänge durch Mauern abgesperrt werden, soll das Hangende zu Bruche gehen. In der Nähe wird dann eine neue Kammer angelegt (Kammer- oder Tummelbau). Das Verfahren ist billig, namentlich da wenig Holz zum Abbau nötig ist, aber es entsteht ein bedeutender Abbauverlust.

Der Pfeilerbau hat gewöhnlich eine Senkung der Oberfläche zur Folge, und zwar eine um so bedeutendere, je mächtiger die Lagerstätte ist und je weniger tief sie liegt. Für die Gegenstände an der Erdoberfläche ist es auch wesentlich, ob die Senkung gleichmäßig über größere Flächen erfolgt; dies hängt von der Regelmäßigkeit des Gebirgsbaues und davon ab, ob der Abbau selbst gleichmäßig fortschreitet. Namentlich verursachen zuweilen Verwerfungen in Verbindung mit der Senkung seitliche Verschiebungen der Oberfläche, welche auf Gebäude sehr schädigend einwirken. Sollen Senkungen der Oberfläche zum Schütze von Gebäuden, Flußläufen, Eisenbahnen, Straßen u.s.w. völlig vermieden werden, so müssen entsprechende Teile der Lagerstätte als Sicherheitspfeiler unabgebaut bleiben. Oder man durchfährt die Lagerstätte mit Strecken, die sich rechtwinklig kreuzen und die angenähert quadratische Pfeiler der Lagerstätte zwischen sich stehen lassen (Oerterbau, auch Schachbrettbau). Die Pfeiler sollen dann das Hangende auf die Dauer tragen. Durch Versetzen der abgebauten Räume mit Bergen wird die Senkung der Oberfläche erheblich vermindert. In neuerer Zeit füllt man auch die abgebauten Räume durch Spülversatz so dicht aus, daß die Senkung der Oberfläche nur etwa 5% der Mächtigkeit der Lagerstätte beträgt und außerdem sehr gleichmäßig stattfindet.


Literatur: Die in Bd. 1, S. 696, genannten Werke über allgem. Bergbaukunde.

Treptow.

Pfeilerbau
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 91-92.
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