Andorra

[498] Andorra (franz. Andorre), kleiner Freistaat auf der Südseite der östlichen Pyrenäen, zwischen dem französischen Departement Ariège und der spanischen Provinz Lerida, nördlich von Seo de Urgel, umfaßt das von hohen Schneebergen umgürtete Talbecken der Balira, eines Nebenflusses des Segre, mißt 452 qkm (8,2 QM.) und umfaßt 6 Gemeinden. A., San Julian de Loria, Encamp, Canillo, La Massana und Ordino. A. hat schöne Waldungen und saftige Bergweiden, Eisengruben und mehrere, aber noch unbenutzte Mineralquellen (z. B. Schwefelquellen in Escaldas); auch die in den Bergen enthaltenen Gänge von silberhaltigem Bleiglanz sind noch unerschlossen. Die Einwohner, deren Zahl 1890 Deverells auf 5231 schätzte, sind katalonischer Abkunft und mit katalonischem Dialekt. Ihre Hauptbeschäftigung bilden Ackerbau u. Viehzucht (namentlich Schafe) und ganz besonders Schmuggelhandel; außerdem treiben sie Handel mit Holz und Holzkohlen, Eisenerz und Schafwolle. – Die Sage führt die Gründung des Freistaates auf Karl d. Gr. zurück. Später (1278) erhielt der Graf von Foix das Recht der Souveränität über diese Täler unbeschadet der Rechte der Bischöfe von Urgel, und als die Grafen von Foix Könige von Navarra wurden, führten diese auch den Titel »Souveräne Fürsten par indivis des Tales von A.« Mit Heinrich IV. fiel sodann das Oberlehnsrecht an die Könige von Frankreich unter Gewährleistung der republikanischen Freiheiten, und so steht heute A. als neutrales Gebiet unter dem gemeinschaftlichen Protektorat Frankreichs und des Bischofs von Urgel. Die Republik wird durch einen Generalrat von 24 Mitgliedern regiert, die auf 4 Jahre von den mehr als 25 Jahre alten Familienchefs einer jeden Gemeinde erwählt werden. Präsident des Rates ist ein Erster Syndikus, der von den Räten selbst auf 4 Jahre erwählt wird. Mit der Exekutive ist der Erste Syndikus betraut; die Justizverwaltung ruht in den Händen zweier Viguiers (Vikare, Statthalter) und eines Zivilrichters. Frankreich und der Bischof von Urgel ernennen je einen der Viguiers, den Zivilrichter ernennen beide abwechselnd. Seit[498] 1882 vertritt der Präfekt des franz. Depart. Ostpyrenäen als ständiger Delegierter Frankreich den einheimischen Autoritäten gegenüber und in den Beziehungen zum Bischof von Urge. Alle Jahre bezahlt die Republik an Frankreich 960 Frank und an den Bischof von Urgel 425 Fr. Sitz der Regierung ist das in einer fruchtbaren Ebene 105 im hoch gelegene Dorf Andorra la Vieja, mit 600 (nach Rodriguez 2000) Einw. und einem alten Rathaus (Palais). Das Landeswappen s. auf Tafel »Wappen II«, Fig. 19. Vgl. Dalmau de Baquer, Historia de la republica de A. (Barcelona 1849); Bladé, Études géographiques für la vallée d'Andorre (Par. 1875); Berthet, Le val d'Andorre (das. 1879); Baudon de Mony, Origines historiques de la question d'Andorre (in der »Bibl. de l'École des chartes«, Bd. 46, 1885); Karte (nach Deverell) 1: 120,000 (Wien 1898).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 498-499.
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