[107] Augenkrankheiten (hierzu Tafel »Augenuntersuchung« mit Text). Der verwickelte Bau des Auges, die Ernährungseigentümlichkeiten seiner Gewebe, die Lage und die außerordentlich hohen, stets wachsenden Ansprüche an die Arbeit des Organs veranlassen die mannigfaltigsten Störungen. Männer sollen öfter von A. befallen werden als Frauen, Kinder bis zum zehnten Lebensjahr sollen besonders leicht an entzündlichen Affektionen des Auges erkranken; diese Veranlagung nimmt später ab, wächst aber zur Zeit der Geschlechtsentwickelung wieder. Vom 20.50. Lebensjahr ist die Neigung zu A. gering; von da an nimmt sie aber wieder zu, indem jetzt die Linsentrübungen häufiger werden. Oft hängen A. mit Krankheiten des Gesamtorganismus zusammen, namentlich kommen in Betracht die Syphilis, Tuberkulose, ferner rheumatische Erkrankungen, Ernährungsstörungen, wie Diabetes, Bleichsucht u. a., Erkrankungen des Herzens und des Gefäßsystems, der Nieren, des Gehirns und Rückenmarkes u. a. Man unterscheidet folgende Gruppen von A.: 1) Anomalien der Refraktion: Kurzsichtigkeit (Myopie), Weitsichtigkeit (Hypermetropie), Astigmatismus und der Akkommodation (Alterssichtigkeit, Lähmung u. Krampf der Akkommodation). 2) Krankheiten der Augenmuskeln: Lähmungen derselben und Schielen. 3) Krankheiten der Augenhöhle; 4) der Tränenorgane, besonders Entzündungen des Tränensackes; 5) der Augenlider. Hierher gehören: das Gerstenkorn, Hagelkorn und Entzündungen des Lidrandes (Blepharitis), Entropium und Ektropium sowie mannigfache Geschwülste. 6) Krankheiten der Bindehaut (Katarrh, Ekzem, Tripper, Diphtherie, Granulose, Tuberkulose, Xerose, Geschwülste der Bindehaut); 7) der Hornhaut (Entzündung [Keratitis], Geschwürbildung [Ulcus corneae], Gefäßneubildung [Pannus], Hornhautflecke [Maculae und Leucome], Altersring); 8) der Regenbogenhaut und des Strahlenkörpers (Iritis, Geschwülste, angeborne Anomalien, Beweglichkeitsstörungen, Cyclitis); 9) des Linsensystems (Starbildung und Lageveränderungen); 10) der Aderhaut (Entzündung, Geschwülste); 11) der Netzhaut (Entzündung, Ablösung und Geschwülste); 12) des Sehnervs (Entzündung, Stauungspapille, Atrophie); 13) der Lederhaut; 14) des Glaskörpers. Ferner sind noch wichtig das Glaukom (sogen. Grüner Star), Sehstörungen aus zentralen Ursachen (vom Gehirn ausgehend), Schwachsichtigkeit (s. d.) aus unbekannten Gründen oder aus Nichtgebrauch des Auges (s. Schielen) und die zahlreichen verschiedenartigsten Verletzungen des Auges. Über die zur Untersuchung der Augen angewendeten Apparate s. beifolgende Tafel mit Text.
[Augenkrankheiten der Haustiere.] Die A. der Haustiere stimmen im Wesen mit denen des Menschen überein. Star (s. d.) kommt bei allen Tieren vor. Der Schwarze Star (Erblindung infolge Erkrankung des Sehnervs, bez. der Netzhaut) heißt beim Pferd auch Schönblindheit (weil die unbeweglich erweiterte Pupille das Auge schön erscheinen läßt). Über Grünen Star der Pferde s. Glaukom. Am häufigsten entsteht der Graue Star, die Linsentrübung, bei Pferden und alten Hunden aus innern Gründen (Ernährungsstörungen) und durch Verletzungen, bei Pferden anscheinend auch durch Vererbung. Oft bilden sich hier zunächst kleinste Trübungen (Starpunkte), die sich allmählich vergrößern. Fohlen zeigen aber bisweilen auch Starpunkte, die wieder verschwinden. Innere Augenentzündungen (der Aderhaut und Iris) entstehen auch als Komplikationen andrer Krankheiten. Eine eigenartige innere Augenentzündung beim Pferd ist die Mondblindheit (s. d.). In der vordern Augenkammer des Pferdes findet sich selten ein Wurm (filaria papillosa). Entzündungen der Hornhaut (mit grauer Trübung) und Bindehaut entstehen häufig durch Erkältung, reizende Einwirkungen (Stallammoniak, Kalkstaub etc.), durch Verletzungen (Peitschenschlag), als Begleiterscheinungen bei andern Krankheiten, z. B. bei der Staupe der Hunde, auch als selbständige Infektion (s. Augenstaupe). Sie können auf das Augeninnere übergreifen, eiterige Zerstörung der Hornhaut oder dauernde Hornhauttrübung (Flamme) bedingen. Letztere stört das Sehen nur, wenn sie im Zentrum liegt. Für leichte Fälle Waschungen mit Borsäure, sonst tierärztliche Behandlung, die namentlich bei Hornhauttrübungen rasch eingeleitet werden muß. Bei Jagdhunden ist häufig Einrollung der Augenlider (Entropium), die eiterigen Bindehautkatarrh bewirkt (operative Behandlung). Hornhauttrübungen und Grauen Star kann auch der Laie bei Besichtigung des Auges erkennen. Starpunkte und sonstige innere Veränderungen erfordern tierärztliche Untersuchung mit dem Augenspiegel. Vgl. Peters, Der Schwarze Star der [107] Pferde (Berl. 1886); Möller, Lehrbuch der Augenheilkunde für Tierärzte (3. Aufl., Stuttg. 1898); Bayer, Bildliche Darstellung des gesunden und kranken Auges unsrer Haustiere (24 Tafeln mit Text, Wien 1891).