[712] Cambon (spr. kangbóng), 1) Peter Joseph, Mitglied des franz. Nationalkonvents, geb. 17. Juni 1754 in Montpellier, gest. 15. Febr. 1820 in Brüssel, war Fabrikant, als er zum Deputierten in die Gesetzgebende Versammlung und sodann in den Konvent gewählt ward. Er beschäftigte sich hier vorzugsweise mit dem Finanzwesen und veranlaßte die Veröffentlichung der Staatsschulden sowie die Vermehrung der Assignaten. Seit April 1793 Mitglied des Wohlfahrtsausschusses, trat er hier den Exzessen der Pariser Sektionen entgegen, verteidigte 19. April die Girondisten und deckte im März 1794 das Raubsystem der Terroristen und die Verschleuderung der öffentlichen Gelder durch die Kommissare schonungslos auf. Auch legte er 24. Aug. 1793 das große Buch der öffentlichen Schuld an. Robespierre mißfällig und 8. Thermidor von ihm auf die Ächtungsliste gesetzt, entfesselte C. die Opposition gegen den Diktator. Dagegen warf er sich als Verteidiger der angeklagten Ausschußmitglieder, Billaud-Varennes, Collot d'Herbois u. a., auf und ward deshalb von Tallien als mitschuldig angeklagt (April 1795). Er entging der Verhaftung und organisierte den jakobinischen Aufstand vom 1. Prairial (20. Mai 1795). Nach dessen Scheitern hielt sich C. auf einem Landgut bei Montpellier auf. 1815 in die Kammer gewählt, ward er nach der zweiten Restauration als Königsmörder verbannt.
2) Pierre Paul, franz. Diplomat, geb. 1840 in Paris, wurde Advokat und im November 1870 Kabinettschef des Seinepräfekten I. Ferry. Seit 1871 war er Generalsekretär mehrerer Präfekturen und selber Präfekt, 1882 Ministerresident in Tunis, 1886 Botschafter in Madrid, 1891 in Konstantinopel, 1898 in London. Sein jüngerer Bruder, Jules Martin C., geb. 1846, wurde 1882 Präfekt und machte sich als Generalgouverneur von Algerien (189197) durch sein Einschreiten gegen finanzielle Ausbeutungen bemerkbar. 1897 wurde er als Botschafter nach Washington, 1898 nach Madrid gesandt. Vgl. Guyot, L'œuvre de M. Jules C. La politique radicale socialisteen Algérie (Par. 1897).