Cavaignac

[819] Cavaignac (spr. kawanjack'), 1) Jean Baptiste, franz. General, geb. 1762 zu Gordon in der Gascogne, gest. 24. März 1829 in Brüssel, war 1789 Advokat beim Parlament zu Toulouse und wurde 1792 in den [819] Konvent gewählt, wo er zu der gemäßigten Linken gehörte. Am 13. Vendémiaire (5. Okt. 1795) befehligte er unter Bonaparte die Konventstruppen und half den Aufstand der Sektionen niederschmettern. Während des Direktoriums war er Mitglied des Rates der Fünfhundert. 1806 von Joseph Napoleon als Domänenverwalter nach Neapel berufen, wurde er unter Murat Staatsrat. Durch das Amnestiegesetz vom 12. Jan. 1816 sah sich C. als Königsmörder genötigt, nach Brüssel auszuwandern.

2) Louis Eugène, franz. General, Sohn des vorigen, geb. 15. Okt. 1802 in Paris, gest. 28. Okt. 1857 auf dem Landgute Ournes (Sarthe), besuchte die höhere Militärschule zu Metz. 1827 nahm er an der Expedition nach Griechenland teil und ward Hauptmann. Wegen Teilnahme an republikanischen Gesellschaften schickte ihn die Juliregierung 1832 nach Algerien, wo er sich 1836 bei der Einnahme von Tlemsen und auch sonst durch Umsicht, Ausdauer, Mut und Organisationstalent auszeichnete. Am 15. März 1840 stürmte er Scherschel und hielt den Platz zehn Wochen gegen eine Übermacht. Er wurde 1847 Gouverneur von Oran, nach der Februarrevolution Divisionsgeneral und Generalgouverneur von Algerien. Nach dem Attentat vom 15. Mai gegen die Nationalversammlung übernahm er das Kriegsministerium. Zur Unterdrückung des Aufstandes vom 23. Juni übertrug ihm die Nationalversammlung einstimmig die Militärdiktatur. Nachdem er in viertägigem Kampf den Aufstand niedergeworfen, wurde er von der Nationalversammlung zum Chef der Exekutivgewalt ernannt. Er stellte nun Ordnung und Ruhe in ganz Frankreich her, unterlag aber bei der Präsidentenwahl 10. Dez. 1848 dem Prinzen Napoleon. Er gehörte fortan zu den gemäßigten Republikanern in der Gesetzgebenden Versammlung. Nach dem Staatsstreiche hielt er sich vom politischen Leben fern. Er schrieb: »De la régence d'Alger, notes sur 1'occupation« (Par. 1839). Vgl. A. Deschamps, Eugène C. (Par. 1870, 2 Bde.); »Les deux généraux C., souvenirs et correspondance, 1808–1848« (das. 1898).

3) Godefroy, franz. Politiker, Sohn des vorigen, geb. 21. Mai 1853 in Paris, zog schon als Schüler die Aufmerksamkeit auf sich, indem er 1867 bei einer öffentlichen Preisverteilung sich weigerte, den ihm zuerkannten Preis aus der Hand des kaiserlichen Prinzen anzunehmen. 1870 nahm er als Freiwilliger am Kriege teil, studierte sodann die Rechte und wurde Requetenmeister im Staatsrat. 1882 wurde er zum Deputierten gewählt und gehörte zu den gemäßigten Republikanern. 1885 war er unter Brisson Unterstaatssekretär im Kriegsministerium und übernahm 1892 für einige Monate das Portefeuille der Marine, 1895–96 sowie 1898 Kriegsminister, stellte er sich in der Dreyfussache auf die Seite der Fälscher. Er schrieb: »La formation de la Prusse contemporaine« (Par. 1891 u. 1898, 2 Bde.) und gab die Lebenserinnerungen seiner Großmutter, der Frau des Generals Jean Baptiste C. (gest. 1829), heraus u. d. T: »Mémoires d'une inconnue« (das. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 819-820.
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