Corona

[293] Corona (lat.), Kranz, Krone, bei den Alten ein häufig vorkommendes Schmuck- und Ehrenzeichen. Bei den Griechen war der Kranz (stephănos) ein Amtszeichen, wie bei den Athenern der Myrtenkranz der Archonten, Ratsherren und der Redner, solange sie sprachen. Auch der Opfernde bekränzte sein Haupt mit dem der betreffenden Gottheit heiligen Laub. Als Siegeszeichen ward der Kranz bei den Spielen verliehen, als Ehrenzeichen an verdiente Bürger. Statt der ursprünglichen Ehrenkränze aus Ölzweigen kamen später goldene auf. Sie wurden erteilt vom Volk oder Rat, von Korporationen, auch von fremden Staaten, in welchem Fall der Kranz nicht dem Bekränzten, sondern dem Staat anheimfiel. Auch zwischen Staaten kam diese Ehrung vor. Die Verleihung durch Volk oder Rat ward in der Ekklesia oder im Buleuterion verkündet, im Theater nur auf besondern Volksbeschluß. Bei den Römern gab es verschiedene Ehrenkränze. Den ersten Rang nahmen ein die vom Triumphator getragene C. triumphalis (Fig. 5, S.294) aus Lorbeer (später aus Gold) und die C. obsidionalis (Belagerungskranz, Fig. 1) für Befreiung[293] einer eingeschlossenen Stadt oder eines umzingelten Heeres, dem Retter von den Befreiten überreicht, aus dem am Orte wachsenden Gras, daher auch C. graminea (Graskrone) genannt. Die C. myrtea (aus Myrte) oder ovalis trug der den kleinen Triumph (s. Ovation) feiernde Feldherr. Die C. civica (Bürgerkrone, Fig. 6) aus Eichenlaub erhielt, wer einen Bürger in der Schlacht gerettet hatte.

Fig. 1. Corona obsidionalis (Belagerungskranz).
Fig. 1. Corona obsidionalis (Belagerungskranz).
Fig. 2. Corona muralis (Mauerkrone).
Fig. 2. Corona muralis (Mauerkrone).

Aus Gold waren die C. muralis (Mauerkrone, Fig. 2), mit zinnenartigen Verzierungen, die C. navalis, auch classica oder rostrata (Schiffskrone, Fig. 3) genannt, mit Schiffsschnäbeln verziert, die C. vallaris oder castrensis (Lagerkrone, Fig. 4), mit Schanzpfählen ähnlichen Zacken, für diejenigen, die zuerst eine Mauer, ein Schiff und den Lagerwall der Feinde erstiegen. In der Kaiserzeit wurde der Lorbeerkranz ausschließlich Abzeichen der Kaiser und dadurch gewissermaßen zur Krone.

Fig. 3. Corona navalis (Schiffskrone).
Fig. 3. Corona navalis (Schiffskrone).
Fig. 4. Corona vallaris (Lagerkrone).
Fig. 4. Corona vallaris (Lagerkrone).

Den Strahlenkranz, das Abzeichen der vergötterten Kaiser, trugen die Kaiser erst seit dem 3. Jahrh. Goldene Kränze schenkten ursprünglich Provinziale und Bundesgenossen siegreichen Feldherren zur Verherrlichung des Triumphes; daraus entwickelte sich eine gezwungene Geldleistung an die Statthalter, aurum coronarium (Kranzgold), das auch den Kaisern von Italien und den Provinzen bei besondern Gelegenheiten dargebracht wurde.

Fig. 5. Corona triumphalis (Lorbeerkranz).
Fig. 5. Corona triumphalis (Lorbeerkranz).
Fig. 6. Corona civica (Bürgerkrone).
Fig. 6. Corona civica (Bürgerkrone).

In übertragenem Sinne bedeutet C. einen umgebenden Kreis von Zuhörern etc.; den bei der Tonsur stehenbleibenden Kranz von Haaren; ferner soviel wie Heiligenschein; die äußerste atmosphärische Hülle der Sonne, wie sie bei Sonnenfinsternissen hervortritt (s. Sonne). Meteorologisch, s. Hof; im Militärwesen die Umzingelung eines belagerten Ortes. In der Musik ist C. älterer Name der Fermate (s.d.).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1906, S. 293-294.
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