[191] Euter, die Milchdrüse bei Tieren, die ihrem Sitze nach selten (z. B. beim Affen und Elefanten) eine Brustdrüse ist, in der Regel vielmehr am Bauche sitzt. Bei den vielgebärenden Haustieren (Schweinen, Hunden, Katzen, Kaninchen) ist eine Anzahl kleiner Milchdrüsen mit zwei Reihen Zitzen (Gesäuge) längs des Bauches angeordnet. Nur Pferde und Wiederkäuer haben ein eigentliches E., das aber stets aus zwei gesonderten, seitlich symmetrisch dicht nebeneinander liegenden und nur durch eine innere Scheidewand getrennten Hälften besteht. Bei Pferd, Schaf und Ziege hat jede Hälfte eine Zitze, beim Rind zwei. Das Rind hat also am E. vier Zitzen (Striche), und man spricht daher von Eutervierteln, deren jedes seine Milch gesondert in den zugehörigen Strich entleert. Die vordern Viertel pflegen nicht so groß zu sein wie die hintern. Ursprünglich bildet das E. Milch nur, während das Junge saugt. Das E. ist dann groß und voll, jedoch beim Druck weich und unschmerzhaft. In der übrigen Zeit ist es untätig, leer, daher klein und welk, wenn es nicht etwa (bei Mastkühen) von Fett erfüllt ist. Die Milchabsonderung kann jedoch künstlich länger erhalten werden durch Abmelken der vorhandenen Milch, wie dies allgemein bei Kühen und Ziegen geschieht, jedoch auch bei Stuten und Mutterschafen geschehen kann. Kühe werden bis etwa acht Wochen vor dem nächsten Kalben gemolken. Hört man damit auf, so versiegt die Milch. Man nennt diese Unterbrechung der Eutertätigkeit das Trockenstehen. Solange das E. keine Milch absondert, ist es verhältnismäßig unempfindlich und viel seltener Krankheiten unterworfen, als wenn es sich in Tätigkeit befindet. Kühe neigen daher wegen ihrer langdauernden Milchproduktion am meisten zu Euterkrankheiten. Doch besteht die Gefahr von solchen auch bei Kühen hauptsächlich kurz vor der Geburt und in der ersten Zeit nachher, weil sich da das E. in höchster Tätigkeit befindet. Besonders häufig entstehen in dieser Zeit Euterentzündungen durch Quetschungen, Erkältung und ähnliche Einflüsse. Die leichte (phlegmonöse) Euterentzündung (Eutereinschuß) bedingt Fieber und eine erhebliche, schmerzhafte, mehr oder weniger weiche Anschwellung des ganzen Euters, wobei die Milch nicht verändert, ihre Menge jedoch verringert ist. In der Regel geht diese Entzündung in acht Tagen ohne bleibende Nachteile vorüber. Behandlung: Warmhaltung der Kuh, knappes, leichtverdauliches Futter, innerlich kühlende, entzündungswidrige Mittel, häufiges Ausmelken, mildes Einreiben des Euters mit ungesalzener Butter, später mit flüchtigem Liniment und ähnlichem. Hiermit ist nicht zu verwechseln die oft einige Tage vor der Geburt auftretende Schwellung des Euters, die ohne Schmerzen, Appetitstörung und Fieber entsteht und nur den Beginn der erhöhten Eutertätigkeit darstellt. Die schwere (parenchymatöse oder interstitielle) Euterentzündung wird durch Infektionsstoffe erzeugt und entsteht ebenfalls nach dem Kalben. Hierbei schwillt gewöhnlich nur ein Teil des Euters (ein oder zwei Viertel) an, der hart und knotig wird; daneben bestehen Fieber, Appetitlosigkeit, heftige Schmerzen; die Milch wird wässerig und enthält Gerinnsel, schließlich versiegt sie ganz. Günstigenfalls zerteilt sich die Schwellung in 35 Wochen. Meist bleiben begrenzte Verhärtungen (Milchknoten) zurück, und die Milchmenge ist dauernd vermindert; auch nimmt von den Milchknoten häufig nach dem nächsten Kalben eine neue Entzündung ihren Ausgang. Vielfach veröden auch die erkrankten Euterviertel unter Schrumpfung (Atrophie des Euters). Es entsteht dann der Fehler der Zwei- oder Dreistrichigkeit, d. h. die Kuh gibt nicht mehr auf allen vier, sondern nur noch auf zwei, bez. drei Strichen Milch. Wenn beide Viertel einer Seite geschrumpft sind, entsteht das schiefe E. Bisweilen bleibt das ganze E. verhärtet und vergrößert (Fleischeuter). Anderseits kann in den erkrankten Partien Eiterung, selbst Brand eintreten, wobei das Leben des Tieres sehr gefährdet ist. Die Behandlung ist im Anfangsstadium die oben angegebene, später ist sie je nach dem Verlauf verschieden; der zuletzt genannte schlimme Ausgang erfordert rasche operative Eingriffe. Wesentlich ist überall häufiges Ausmelken und Entfernung der Gerinnsel aus den Zitzenkanälen. Die Milch aus den erkrankten Eutervierteln ist nicht verwendbar; das Kalb darf bei der Kuh nicht saugen. Bei Kühen kommt auch eine ansteckende Euterentzündung (gelber Galt) vor, die zum Versiegen der Milch und Schwund des Euters führt. Auch bei Mutterschafen tritt bisweilen als Herdenkrankheit eine Euterentzündung auf, die öfter eiterig oder brandig wird. Seltener entsteht Euterentzündung bei Sauen, Stuten und Hündinnen (Verlauf und Behandlung wie bei der Kuh). Maul- und Klauenseuche bewirkt eventuell eine Euterentzündung, die sogar zu brandigem Absterben großer Teile führen kann. Bei tuberkulösen Kühen ist nicht selten das E. tuberkulös erkrankt; es bestehen partielle Schwellung und Knoten; die Milch ist nicht verändert, enthält aber Tuberkelbazillen und ist gesundheitsschädlich (s. Tuberkulose der Haustiere). Das Milchfieber (s.d.) ist keine Euterkrankheit. Auch Geschwülste kommen im E. der Haustiere vor, unter anderm Krebs (besonders bei Hündinnen), Sarkome, Lipome. An den Zitzen finden sich Warzen, die am besten während des Trockenstehens[191] operativ beseitigt werden, ferner verschorfte Knoten, bisweilen brandige Pocken, die abeitern und große Schmerzen machen. Infolge des Saugens wunde Zitzen bäht man mit warmem Kleienwasser und bestreicht sie mit Zinksalbe. Mitunter ist der Zitzenkanal (infolge vorangegangener Entzündung) verengert oder ganz verschlossen; derselbe ist dann zu öffnen, bez. (durch Einführung eines Katheters, Laminariastiftes etc.) zu erweitern. Anderseits kann durch Schwächung des Zitzenverschlusses ein Ablaufen der Milch eintreten. Beim Kauf einer Milchkuh muß man sich Gesundheit des Euters besonders zusichern lassen, da andernfalls nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch der Verkäufer nicht dafür haftbar ist.