Gleichen-Rußwurm

[18] Gleichen-Rußwurm, 1) Emilie von, Schillers jüngste Tochter, geb. 25. Juli 1804 in Weimar, 91/2 Monate vor dem Tode des Vaters, gest. 25. Nov. 1872 auf Schloß Greifenstein ob Bonnland, verbrachte ihre Kinderjahre unter den Augen ihrer Mutter zu Weimar, lebte 1827–28 in Berlin, eine Zeitlang in der Familie Wilhelm v. Humboldts, heiratete im Juli 1828 den nachmaligen bayrischen Kammerherrn Adalbert v. G. (geb. 28. Nov. 1803, gest. in Weimar 26. Juli 1887), mit dem sie in glücklicher Ehe auf Schloß Greifenstein ob Bonnland in Unterfranken lebte; in ihrem Alter war sie halb erblindet. Eine nach Intelligenz und Gemüt reichbegabte Frau, hat sie sich durch die Veröffentlichung interessanter Beiträge zur Lebensgeschichte Schillers und seiner Gattin verdient gemacht. Hierher gehören: der »Briefwechsel von Schiller und Lotte 1788–1789« (Stuttg. 1856; neue Ausg. von Fielitz 1879 u. 1897); »Schillers Beziehungen zu Eltern, Geschwistern und der Familie v. Wolzogen« (das. 1859); »Charlotte v. Schiller und ihre Freunde« (mit Urlichs hrsg., das. 1860 bis 1865, 3 Bde.); »Schillers Kalender«, ein Stück Tagebuch (das. 1865; neue Bearbeitung von E. Müller, das. 1893); »Schillers dramatische Entwürfe« (das. 1867); »Schillers Briefwechsel mit seiner Schwester Christophine und seinem Schwager Reinwald« (nach ihrem Tode hrsg. von W. v. Maltzahn, Leipz 1875). 1889 wurden von der Familie G. die nachgelassenen Papiere Schillers dem Goethe-Archiv zu Weimar überwiesen, das nun den Namen »Goethe- und Schiller-Archiv« erhielt.

2) Heinrich Ludwig, Freiherr von, Maler, Sohn der vorigen, geb. 25. Okt. 1836 in Greifenstein ob Bonnland in Unterfranken, gest. 9. Juli 1901 in Weimar, widmete sich erst seit 1869 der Kunst an der Kunstschule in Weimar, wo er sich unter Max Schmidt und Th. Hagen zum Landschaftsmaler ausbildete. Seine realistisch behandelten Landschaften und Straßenbilder (am Hafendamm bei Bregenz, Sommermittag, Herbstmorgen, Rehwechsel, Verödet, zur Erntezeit, das Potsdamer Tor in Berlin, Kanal Ponte longo in Venedig) strebten anfangs nach dem Ausdruck schlichter Naturwahrheit, schlossen sich aber später in ihrer skizzenhaften, fast impressionistischen Behandlung an den modernen Naturalismus an, wobei G. das Hauptgewicht auf den Gesamteindruck mit Vernachlässigung des Details legte. Die Motive zu den Landschaften dieser Art (im Wurzgarten, Waschbleiche, Sommermittag, am Weiher, ziehende Wolken) sind besonders der Umgebung von Bonnland entnommen. Er hat auch Aquarelle gemalt. Vgl. Berta Frenzel und M. Lehrs, Ludwig von G. (Wien 1902). – Sein Sohn Karl Alexander, geb. 6. Nov. 1865 in München, wo er als Schriftsteller lebt, hat sich durch mehrere Dichtungen, wie die Rokoko-Komödie »Amor und Psyche« (Berl. 1896), das Schauspiel »Die Komödie des Gewissens« (Würzb. 1897), Essays (»Vom Einfluß der Frauen«, Wien 1899) und den Roman »Vergeltung« (Stuttg. 1902), bekannt gemacht.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 18.
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