[129] Jacotot (spr. schakotō), Jean Joseph, Begründer der nach ihm benannten Unterrichtsmethode (Jacototsche Methode), geb. 4. März 1770 in Dijon, gest. 31. Juli 1840 in Paris, wurde im Collège seiner Vaterstadt gebildet und mit 19 Jahren Lehrer (Professeur) dieser Anstalt. Hierauf in buntem Wechsel Anwalt, Kapitän der Artillerie, Sekretär im Kriegsministerium, Substitut des Direktors und Professor der Logik, der alten Sprachen, der Mathematik an der Polytechnischen Schule in Paris und an der École [129] centrale (Lycée) in Dijon, war er, durch die Restauration aus Frankreich verdrängt, zuletzt Professor der französischen Sprache und Literatur in Löwen (Belgien), von wo er sich 1830 nach Frankreich, zunächst nach Valenciennes, 1838 nach Paris, zurückzog. Seit 1818 trat er in Löwen mit seiner Methode des Universalunterrichts hervor, die viele Anhänger, besonders in Belgien, Frankreich, England, Rußland und der Schweiz, aber auch gewichtige Gegner, namentlich in Deutschland (Alberti, Chr. Schwarz u. a.), fand. Seine Grundsätze klingen in ihrer Übertreibung paradox. Er geht von den Sätzen aus: »Alle Menschen haben gleiche Intelligenz« und »Alles ist in allem«, zu denen die praktischen Regeln treten: »Eins wissen, das Übrige darauf beziehen!« und: »Man behält nur, was man wiederholt!« »Jeder kann unterrichten selbst in dem, was er nicht weiß.« Von nachhaltigem Einfluß war eigentlich Jacotots Methode nur für den ersten Sprachunterricht (»Enseignement universel. Langue maternelle«, Löwen 1822), bei dem er von einem auswendig gelernten Satz (Calypso ne pouvait se consoler du départ d'Ulysse. Fénelon, Télémaque) analytisch zur Unterscheidung der Wörter, Silben und Laute fortschreitet. Er erwartet alles von der Übung und verwirft auch für die höhern Stufen jede systematische Sprachlehre. In Deutschland fand die Leselehrmethode Jacotots seit 1840 Eingang durch Seltzsam in Breslau und später in etwas veränderter Gestalt durch Karl Vogel (s. d.) in Leipzig und P. Böhme in Berlin als sogen. Normalwortmethode. Jacotots »Méthode d'enseignement universel« wurde mehrfach übersetzt, z. B. von Braubach (Marb. 1830), Krieger (Zweibr. 1833) und in Auswahl von Göring (Wien 1883).