Kiesel [2]

[893] Kiesel (Silicium) Si, chemisch einfacher Körper, findet sich nicht im freien Zustand in der Natur, sondern nur mit Sauerstoff verbunden als Kieselsäureanhydrid SiO2 (Quarz, Opal, Feuerstein etc.) und in Form kieselsaurer Salze (Silikate), welche die artenreichste Klasse der Mineralien bilden. Nächst Sauerstoff ist K. der Hauptbestandteil der Erdrinde. In Verbindung mit Eisen als Ferrosilicium entsteht K. in großen Mengen in den Hochöfen. Bei verhältnismäßig niedriger Temperatur kann es durch Kalium, Natrium, Magnesium, Aluminium aus seinen Verbindungen abgeschieden werden. Kieselfluorid gibt beim Schmelzen mit Natrium K., Natriumfluorid und Kieselnatriumfluorid. Beim Schmelzen des Produkts mit Natrium und Aluminium entsteht eine Kieselaluminiumlegierung, die bei Behandlung mit Salzsäure K. hinterläßt. Amorphes Silicium bildet ein braunes Pulver vom spez. Gew. 2,35, leitet die Elektrizität nicht, löst sich in Fluorwasserstoffsäure, ist leicht schmelzbar, destilliert im elektrischen Ofen, verbindet sich mit Fluor bei gewöhnlicher, mit Chlor, Brom, Schwefel bei höherer Temperatur, mit Stickstoff bei 1000°, mit Kohlenstoff und Bor im elektrischen Ofen. Beim Erhitzen an der Luft, leichter in Sauerstoff verbrennt es zu Kieselsäure SiO2. Nach dem Glühen entzündet es sich nicht bei Weißglut, ist sehr schwer schmelzbar, verbindet sich nicht mit Schwefel, verbrennt aber in Schwefeldampf und wird von schmelzendem Salpeter nicht angegriffen. Beim Schmelzen mit kohlensaurem Kali bildet es Kohlenoxyd und scheidet Kohle ab. Nicht geglühtes Silicium wird von Säuren nicht angegriffen, löst sich aber wie geglühtes in Kalilauge. Das Atomgewicht ist 28,4. Kristallisiertes Silicium, das neben amorphen aus der Aluminiumlegierung erhalten wird, bildet schwarze, metallglänzende, im reflektierten Licht rötliche, wie Eisenglanz irisierende Kristalle vom spez. Gew. 2,49, ist härter als Glas, weicher als Topas, schmilzt im elektrischen Lichtbogen, verbrennt in Fluor und in Fluorwasserstoff zu Kieselfluorid, in trocknem Chlor zu Kieselchlorid, in feuchtem Chlor und in Sauerstoff zu Kieselsäure. Es löst sich in heißer konzentrierter Kalilauge und wird von einem Gemisch von Flußsäure und Salpetersäure angegriffen. Auch eine graphitartige Modifikation des Siliciums ist dargestellt worden. K. ist, wie Kohlenstoff, vierwertig und besitzt im chemischen Verhalten große Ähnlichkeit mit diesem; die Ähnlichkeit erstreckt sich so weit, daß man Verbindungen mit Wasserstoff und Sauerstoff darstellen konnte, die vollständig den Kohlenstoffverbindungen entsprechen. K. wurde 1823 von Berzelius zuerst dargestellt; kristallisiertes Silicium wurde von Sainte Claire Deville entdeckt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 893.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: