Berzelĭus

[744] Berzelĭus, Johann Jakob, Freiherr von, Chemiker, geb. 29. Aug. 1779 in Väfversunda Sorgård im schwedischen Stift Linköping, gest. 7. Aug. 1843 in Stockholm, studierte seit 1796 Medizin und Chemie in Upsala, untersuchte 1799 das Wasser der Heilquellen von Medewi, wurde 1802 Adjunkt der Medizin und Pharmazie in Stockholm, 1806 Lehrer der Chemie an der Kriegsakademie zu Karlberg, 1807 Professor der Medizin und Pharmazie in Stockholm, 1810 Vorstand der Akademie der Wissenschaften und 1818 deren ständiger Sekretär. 1815 erhielt er die Professur der Chemie an dem mediko-chirurgischen Institut zu Stockholm. 1818 ward B. geadelt und 1835 zum Freiherrn ernannt. Seit 1832 lebte er nur seinen Untersuchungen. In Stockholm wurde ihm 1855 (auf dem Berzeliusplatz) ein Standbild errichtet, und 1898 daselbst ein Berzeliusmuseum begründet. B. schuf das elektrochemische System, bestimmte die Atomgewichte der einfachen Körper mit großer Sorgfalt und entdeckte Cerium und Selen. Calcium, Baryum, Strontium, Tantal, Silicium und Zirkonium stellte er zuerst in metallischem Zustande dar und untersuchte ganze Klassen von Verbindungen, wie die der Cyanverbindungen, Flußsäure, der Platinmetalle, des Tantals, Molybdäns, Vanadins, Tellurs, die Schwefelsalze u. a. Die Mineralien, die vorher nach äußern Eigenschaften eingeteilt waren, klassifizierte er nach ihrer chemischen Zusammensetzung. In der organischen Chemie stellte er auf Grund seiner Arbeit über Weinsäure und Traubensäure die Lehre von der Isomerie auf. Er war einer der Begründer der physiologischen Chemie. Besondere Verdienste erwarb er sich um die chemische Analyse, die Nomenklatur und die Klassifikation der chemischen Verbindungen. Er führte die Symbole für die chemischen Elemente ein und schrieb die ersten Formeln. Bei seinen Untersuchungen gab er stets die durchgreifendsten Erörterungen über größere Gebiete, wodurch die Chemie als Ganzes außerordentlich gewann. Chemiker aller Länder haben seinen Unterricht gesucht. Er schrieb: »Föreläsningar i djurkemien« (Stockh. 1806–1808, 2 Bde.), an die sich die »Oversigt om djurkemiens framsteg« (das. 1812; deutsch von Siegwart, Nürnb. 1815) anschließt; »Versuch, die bestimmten und einfachen Verhältnisse aufzufinden, nach welchen die Bestandteile der unorganischen Natur miteinander verbunden sind« (1811–12, hrsg. von Ostwald, Leipz. 1892); »Überblick über die Zusammensetzung der tierischen Flüssigkeiten« (deutsch von Schweigger-Seidel, das. 1815); »Neues System der Mineralogie« (deutsch von Gmelin und Pfaff, das. 1816); »Försök att genom anvendandet af den elektrokemiska theorien, samt läran om de kemiska proportionerna, grundlägga ett rentvetenskapligt system för mineralogien« (Upsala 1814; 2. Aufl., deutsch von Rammelsberg u. d. T.: »Versuch, durch Anwendung der elektrochemischen Theorie ein System der Mineralogie zu begründen«, Nürnb. 1847); »Essai sur la cause des proportions chimiques et sur l'influence chimique de l'électricité« (Par. 1819, 2. Aufl. 1835; deutsch von Blöde, Dresd. 1820); »Om blåsrörets användande i kemien och mineralogien« (Stockh. 1820; deutsch von Rose u. d. T.: »Von der Anwendung des Lötrohrs in der Chemie und Mineralogie«, Nürnb. 1821, 4. Aufl. 1844); »Über die Zusammensetzung der Schwefelalkalien« (deutsch von Palmstedt, das. 1822); »Lärebok i kemien« (Stockh. 1808–18, 3 Bde.; 2. Aufl. 1817–30, 6 Bde.; deutsch von Wöhler; 3. und 4. Aufl. nur deutsch von Wöhler; die 5. Aufl. deutsch von B., Leipz. 1843–48, 5 Bde.; in fast alle lebenden Sprachen übersetzt). Als Sekretär der Akademie der Wissenschaften gab B. die »Ars berättelser om framstegen i fysik och kemie« (Stockh. 1820–47,27 Jahrgänge) heraus, die von Gmelin, Wöhler u. a. als »Jahresberichte über die Fortschritte der Chemie und Mineralogie« (Bd. 1–27, Tübing. 1821–48) ins Deutsche übersetzt wurden. Vgl. H. Roses Gedächtnisrede in den Verhandlungen der Berliner Akademie, 1851; Söderbaum, B.' Werden und Wachsen 1779–1821 (Leipz. 1899); »B. und Liebig. Ihre Briefe von 1831–1845« (hrsg. von I. Carrière, Münch. 1892). Eine Auswahl aus B.' Briefwechsel mit Gustav Magnus gab Hjelt (Braunschw. 1900), den Briefwechsel zwischen B. und F. Wöhler gaben I. v. Braun u. Wallach (Leipz. 1901, 2 Bde.) heraus. Sein Bildnis s. Tafel »Chemiker I«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1905, S. 744.
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