Lindau [1]

[563] Lindau, 1) unmittelbare Stadt und klimatischer Kurort im bayr. Regbez Schwaben, auf einer Insel im Bodensee, die mit dem Festlande durch eine 219 m lange Holzbrücke und durch einen 555 m langen Eisenbahndamm in Verbindung steht, Knotenpunkt der Staatsbahnlinien München-L. und Friedrichshafen-L. mit Anschluß an die Vorarlberger Eisenbahn (Linie Bludenz-L.), 398 m ü. M., hat eine evangelische und und eine kath. Kirche, ein altes und ein neues Rathaus (im erstern, 1422 erbaut, 1886–88 restauriert und mit Wandgemälden ausgeschmückt, ein Museum für Altertümer etc., die Stadtbibliothek mit Handschriften, Inkunabeln und interessanter Bibelsammlung und das städtische Archiv), einen alten römischen WartturmHeidenmauer«), einen monumentalen Brunnen mit der Bronzefigur der Lindavia, einen großen Hafen mit einem 33 m hohen Leuchtturm und einem kolossalen Löwen als Staats-Hoheitszeichen am Eingang, an demselben eine Statue des Königs Maximilian II. im Hubertuskostüm (beide von Halbig), ein bedeutendes Getreidelagerhaus, ein neues Postgebäude, die schöne Luitpoldkaserne, ein Elektrizitätswerk und (1900) mit der Garnison (ein Infanteriebataillon Nr. 20) 5853 Einw., davon 2197 Katholiken. Die Industrie beschränkt sich auf Teigwarenfabrikation, Bierbrauerei und Herstellung kondensierter Milch, auch wird bedeutender Wein-, Obst- und Gemüsebau betrieben.

Wappen von Lindau.
Wappen von Lindau.

Der Handel, unterstützt durch eine Reichsbanknebenstelle, eine Filiale der Bayrischen Notenbank und den lebhaften Dampfschiffsverkehr auf dem Bodensee, ist vorzugsweise Speditions- und Transithandel nach der Schweiz und Italien. L. hat eine Real- und eine Lateinschule, ein Theater, 3 Seebadeanstalten, ein reich dotiertes Spital und ist Sitz eines Bezirksamts, eines Amtsgerichts und eines Hauptzollamts. In der Nähe der Hoyerberg (456 m) mit zwei Gasthäusern und prächtiger Aussicht und das Schachenbad mit Schwefelquelle und Seebad. – Bereits die Römer hatten auf der Insel ein Lager gegen die Vindelizier und Alemannen (Castrum Tiberii). Zur Zeit der Karolinger kommt (882) der Ort urkundlich unter dem Namen Lintowa, 1268 als Lindavia Civitas vor. In einer Urkunde Rudolfs von Habsburg von 1274 erscheint L. als Reichsstadt, doch war die Vogtei daselbst im 14. Jahrh. den Grafen von Montfort (am Oberrhein) verpfändet. L. war Sitz eines kaiserlichen Landgerichts und schloß sich 1331 dem Schwäbischen Städtebund an. 1496 fand ein Reichstag daselbst statt. Die Stadt trat 1530 der Reformation bei, unterzeichnete die Confessio tetrapolitana und schloß sich dem Schmalkaldischen Bund an. 1647 wurde sie von den Schweden unter Wrangel vergeblich belagert. Nachdem sie ihre Reichsunmittelbarkeit gegenüber der Äbtissin des dortigen Stifts Jahrhunderte hindurch behauptet hatte, fiel sie 1803 an den Fürsten von Bretzenheim, 1804 an Österreich und 1805 an Bayern. Auf derselben Insel, auf der L. liegt, befand sich ein gefürstetes freiweltliches Frauenstift, das angeblich bereits 866 bestand und 1803 aufgelöst wurde. Vgl. Boulan, L. vor altem und jetzt (Lindau 1872); Stettners »Führer durch L., Bregenz und Umgebungen« (3. Aufl., das. 1900) und die »Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seine Umgebung« (das. 1869 ff.). – 2) (L. in Anhalt) Stadt im Herzogtum Anhalt, Kreis Zerbst, an der Staatsbahnlinie Berlin-Blankenheim, hat eine evang. Kirche, eine Burgruine, Spiritus- und Stärkefabrikation und (1900) 1141 Einw. – 3) (L. am Harz) Flecken im preuß. Regbez. Hildesheim, Kreis Duderstadt, an der Ruhme, hat eine kath. Kirche, eine Oberförsterei, Jutespinnerei, Zigarrenfabrikation, Pechsiederei und 1500 Einw.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 563.
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