Nestroy

[535] Nestroy, Johann Nepomuk, Komiker und Possendichter, geb. 7. Dez. 1801 in Wien, gest. 25. Mai 1862 in Graz, studierte die Rechte, wandte sich aber 1822, mit einer schönen Baßstimme ausgestattet, zur Bühne und debütierte 1821 am Hofoperntheater als Sarastro in der »Zauberflöte« so glücklich, daß er sogleich ein Engagement erhielt. Nach zwei Jahren ging er als erster Bassist an das Theater in Amsterdam, 1824 nach Brünn und 1826 nach Graz, wo er seine Tätigkeit bald ausschließlich auf das komische Fach beschränkte und besonders durch die Darstellung des Sansquartier in Angelys »Zwölf Mädchen in Uniform«, den er bis an sein Lebensende immer wieder spielte (vgl. Vischer, Kritische Gänge: »Eine Reise«), beliebt wurde. 1831 erhielt er ein Engagement an das Theater an der Wien zu Wien, und 1854 übernahm er das Carl-Theater. 1861 zog er sich nach Graz zurück. N. war als Schauspieler ein origineller, scharf satirischer Charakterzeichner. Als Theaterdichter hatte er sich bereits 1827 in Graz versucht; in Wien trat er 1832 zuerst mit dem »Gefühlvollen Kerkermeister«, einer parodierenden Posse, dann mit »Nagerl und Handschuh« hervor, welche Stücke viele Wiederholungen erlebten. Bald folgte »Zamperl«, eine Opernparodie, und nun wandte sich N. mit derbem Realismus und scharfer Karikatur gegen alle Tragik und Sentimentalität, daher auch namentlich gegen Raimund und seine Geisterwelt. Sein Erstlings- und Hauptwerk in dieser Richtung war die (nach der Weisflogschen Novelle »Das Lotterielos« geschriebene) Posse »Der böse Geist Lumpacivagabundus« (1833), die ihren Weg über alle Bühnen machte. Auch seine folgenden Possen: »Eulenspiegel«, »Zu ebener Erde und im ersten Stock«, »Glück, Mißbrauch und Rückkehr«, »Die verhängnisvolle Faschingsnacht«, »Der Talisman«, »Mäd'l aus der Vorstadt«, »Tritsch-Tratsch«, »Einen Jux will er sich machen« u.a., hatten großen Erfolg. Von spätern Stücken sind »Der Zerrissene«, »Unverhofft«, »Der Unbedeutende«, »Nur Ruhe«, »Die Freiheit in Krähwinkel« (1848), »Kampl«, »Weiß man's denn?«, »Umsonst«, die Parodien »Judith und Holofernes«, »Tannhäuser oder die Keilerei auf der Wartburg« hervorzuheben. Seine »Gesammelten Werke« gaben Chiavacci und Ganghofer (Stuttg. 1890–91, 12 Bde.) und Rosner (Berl. 1903, 2 Bde.) heraus. Vgl. Necker, Johann N. (Stuttg. 1891); »Aus N., Erinnerungsgabe« (Zitate und Kernsprüche, 4. Aufl., Wien 1885); Schlögl, Vom Wiener Volkstheater (Teschen 1884).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 535.
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