Norddeutscher Bund

[753] Norddeutscher Bund, Bundesstaat, zu dem nach Auflösung des Deutschen Bundes infolge des Krieges von 1866 sich durch den Vertrag vom 18. Aug. d. J. folgende Staaten vereinigten: Preußen, Sachsen-Weimar, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Koburg-Gotha, Anhalt, die beiden Schwarzburg, Reuß jüngere Linie, Waldeck, Schaumburg-Lippe und Lippe sowie die Freien Städte Lübeck, Hamburg und Bremen. Am 21. Aug. 1866 folgten die beiden Mecklenburg, 3. Sept. der Großherzog von Hessen für seine nördlich vom Main gelegene Provinz Oberhessen, 26. Sept. Reuß ältere Linie, 8. Okt. Sachsen-Meiningen und 21. Okt. endlich das Königreich Sachsen. Somit umfaßte der Norddeutsche Bund 22 Staaten und ein Gebiet von 415,150 qkm (7540 QM.) mit fast 30 Mill. Einw. Am 15. Dez. 1866 traten die Vertreter jener Staaten zusammen, um die Verfassung dieses Bundesstaates zu beraten; 12. Febr. 1867 fanden die Wahlen zum konstituierenden Reichstag statt, 24. Febr. wurde dieser vom König von Preußen eröffnet. Am 16. April nahm der Reichstag die vorgeschlagene Verfassung an, die 24. Juni 1867 verkündet wurde und 1. Juli in Kraft trat. Am 26. Juli übernahm König Wilhelm die ihm als Präsidenten des Bundes übertragenen Rechte und Pflichten, 15. Aug. trat der Bundesrat zusammen, 31. Aug. fanden die Reichstagswahlen statt, und 10. Sept. wurde der erste und einzige Reichstag des Bundes eröffnet. Nachdem im November 1870 Baden, Hessen, Bayern und Württemberg sich dem Norddeutschen Bund angeschlossen hatten und die betreffenden Verträge 9. Dez. auch von dem am 24. Nov. wieder zusammengetretenen Reichstag genehmigt waren, beantragte 9. Dez. der Bundesrat, den erweiterten Bund »Deutsches Reich« zu nennen, was der Reichstag 10. Dez. genehmigte. Am 31. Dez. 1870 wurde die neue Verfassung des Reiches verkündet, womit der Norddeutsche Bund sein Ende nahm. Die Gesetze des Norddeutschen Bundes gingen meist auf das Deutsche Reich über, die Anleihen wurden aus der französischen Kriegsentschädigung getilgt. Genaueres über die Geschichte desselben s. Deutschland, S. 826 s. Vgl. Binding, Die Gründung des Norddeutschen Bundes (Leipz. 1889); Hiersemenzel, Die Verfassung des Norddeutschen Bundes (Berl. 1867 bis 1870, 3 Bde.); Hirth, Annalen des Norddeutschen Bundes und des Deutschen Zollvereins für Gesetzgebung, Verwaltung und Statistik (das. 1868–1870; fortgesetzt als »Annalen des Deutschen Reiches«) und die Geschichtskarte beim Artikel »Preußen«.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 14. Leipzig 1908, S. 753.
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