Pasteur

[490] Pasteur (spr. -ör), Louis, Chemiker, geb. 27. Dez. 1822 in Dôle (Depart. Jura), gest. 28. Sept. 1895 in Villeneuve l'Etang, studierte seit 1843 in Paris, wurde 1848 Professor der Physik am Lyzeum in Dijon, 1849 Professor der Chemie in Straßburg und ging 1854 nach Lille, um als Doyen die neuerrichtete Fakultät der Wissenschaften zu organisieren. 1857 übernahm er die wissenschaftliche Leitung der Normalschule in Paris, 1868 wurde er Direktor des chemisch-physiologischen Laboratoriums an der École des hautes études und 1887 ständiger Sekretär der Akademie der Wissenschaften. 1889 legte er alle Ämter nieder, um sich der Leitung des durch öffentliche Sammlungen errichteten »Instituts Pasteur« zu widmen. P. zerlegte die Traubensäure in zwei Säuren, die den polarisierten Lichtstrahl gleich stark, aber nach entgegengesetzten Richtungen drehen, wies die regelmäßige Bildung von Glyzerin und Bernsteinsäure bei der alkoholischen Gärung nach und zeigte, welche Rolle die Hefe und andre niedere Organismen bei den verschiedenen Gärungsprozessen als spezifische Fermente spielen. 1862 veröffentlichte er ein neues Verfahren der Essigdarstellung, und später arbeitete er über das Bier, über die Verwendung von Reinhefe etc. Er wies ferner nach, daß auch die Fäulnis nur unter der Einwirkung kleinster Organismen eintritt, die den zu ihrem Leben nötigen Sauerstoff durch Spaltung sauerstoffreicher Kohlenstoffverbindungen gewinnen. Auf Grund dieser Arbeiten bekämpfte er die Theorie von der Urzeugung und führte darauf bezügliche Experimente mit großem Geschick durch. Diese Experimente sind zum Teil Wiederholungen der von Schröder und Dusch durchgeführten Untersuchungen über die Konservierung des Fleisches. Er gab auch wertvolle Methoden zur Verhütung nachteiliger Zersetzungsprozesse, namentlich in gegornen Flüssigkeiten, an (Pasteurisieren des Weines und Bieres), erkannte die Ursache der Seidenraupenkrankheit und empfahl die Zellengrainierung als Vorbeugungsmaßregel.[490] 1877 begann P. seine Untersuchungen über den Milzbrandbazillus und 1880 über die Bakterie der Hühnercholera. Er begründete die Lehre von den abgeschwächten Krankheitsgiften und zeigte, daß mit solchen geimpfte Tiere gegen das nicht abgeschwächte Krankheitsgift immun werden. In dieser Richtung waren besonders seine Arbeiten über Milzbrand und Hundswut bedeutsam. Im Institut P. wurden zuerst viele von tollen Hunden gebissene Menschen geimpft und geheilt. Denkmäler wurden ihm 1897 in Melun, 1899 in Lille, 1901 in Arbois, 1902 in Dôle und in Besançon, 1904 in Paris errichtet. Er schrieb: »Nouvel exemple de fermentation déterminé par des animalcules infusoires pouvant vivre sans oxygène libre« (1863); »Études sur le vin, ses maladies, etc.« (1866, 2. Aufl. 1872); »Études sur le vinaigre, ses maladies, etc.« (1868; deutsch, Braunschweig 1878); »Études sur la maladie des vers à soie« (1870, 2 Bde.; neue Folge 1871); »Études sur la bière« (1876); »Les microbes« (mit Tyndall, 1878); »Sur les maladies virulentes et en particulier sur la maladie appelée Choléra des poules« (1880). Vgl. Bournand, »P., sa vie, son æuvre« (Par. 1896); Duclaux, P., histoire d'un esprit (das. 1898); Vallery-Radot, La vie de P. (das. 1900); »Louis P., Geschichte eines Gelehrten, erzählt von einem Ungelehrten« (deutsch von Monbart, Straßb. 1902); Fraitot, P., l'homme, le savant (Par. 1905).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 15. Leipzig 1908, S. 490-491.
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