[483] Pyrometer (Hitzemesser), Apparate zur Messung hoher Temperaturen. Als Normalmeßinstrument, auf dessen Angaben die aller andern Arten von Pyrometern bezogen werden müssen, dient das Luft- oder Gasthermometer (s. Thermometer), dessen Gefäß aus einem Stoff bestehen muß, der hohe Temperaturen verträgt, wie Porzellan oder Platin Platin ist bei hohen Temperaturen durchlässig für Gase (Wasserstoff); doch zeigt auch Porzellan eine geringe Durchlässigkeit, besonders für Wasserdampf. Das Gaspyrometer (Pouillet, Becquerel, Sainte-Claire-Deville) ist mit einem Quecksilbermanometer verbunden, und man mißt entweder die Ausdehnung des im Gaspyrometer eingeschlossenen Gases (am besten Stickstoff) bei gleichbleibendem Druck, oder man bestimmt die Druckänderung bei unverändertem Volumen. Hieraus berechnet man mit Hilfe des Ausdehnungskoeffizienten des betreffenden Gases die Temperatur des Pyrometers und damit die des mit dem P. im Wärmegleichgewicht befindlichen umgebenden Raumes. Das Gaspyrometer ist bis etwa 1300° zu benutzen mit einer Genauigkeit in der Temperaturbestimmung von etwa 1° bei 1000°. Daher kann die Eichung aller andern Arten von Pyrometern durch Anschluß an das Gaspyrometer auch nur bis 1300° erfolgen; darüber hinaus ist man bei der Temperaturbestimmung durch P. auf Extrapolation angewiesen. Von den etwa 20 verschiedenen pyrometrischen Methoden, die bisher vorgeschlagen wurden, haben sich die folgenden in der Praxis bewährt. Das kalorimetrische P. (Regnauld, Violle, le Chatelier) beruht auf der Erwärmung einer abgewogenen Wassermenge durch einen hineingeworfenen kleinen Zylinder aus Platin oder Nickel, den man vorher der zu messenden Temperatur ausgesetzt hatte. Aus der Temperaturerhöhung der Wassermenge und der spezifischen Wärme des Metallzylinders wird die gesuchte Temperatur berechnet, mit einer Genauigkeit von 10 bis 25°, je nach der Empfindlichkeit des bei der Messung der Wassertemperatur angewendeten Quecksilberthermometers. Das Strahlungspyrometer (Rosetti, Langley, du Bois) mißt die Gesamtstrahlung der Wärmequelle, deren Temperatur man bestimmen will (s. Bolometer und Pyrheliometer). Seine Angaben hängen von dem abweichendem Emissionsvermögen der verschiedenen Körper ab. Man benutzt das Strahlungspyrometer zur Bestimmung sehr hoher Temperaturen, denen kein thermometrischer Körper Widerstand zu leisten vermag (elektrischer Lichtbogen, Sonne). Wedgewoods Tonpyrometer beruht auf der Eigenschaft mancher Tonarten, beim Erhitzen zu schwinden; es besteht aus einer Anzahl kleiner Tonzylinder und einer Vorrichtung, deren Dicke zu messen. Diese Vorrichtung wird von einer Messingplatte mit zwei Leisten gebildet, deren Abstand an einem Ende 0,5 Zoll (engl.) beträgt und gleichmäßig bis 0,3 Zoll abnimmt, und zwischen denen die Tonzylinder um so weiter hineingeschoben werden können, je mehr sie in der Hitze geschwunden sind. Die ungleiche Zusammenziehung verschiedener Tonarten und die Unregelmäßigkeit des Schwindens, wodurch die Zylinder sich verziehen, hindern jede Genauigkeit. Zweckmäßiger sind die von Seger hergestellten 36 Brennkegel aus Mischungen von Kaolin mit verschiedenen Mengen von Feldspat (Orthoklas), Marmor und Quarz, die je nach ihrer Zusammensetzung leichter oder schwerer schmelzen. Die Brennkegel werden in zwei Serien hergestellt, deren eine, mit 138 bezeichnet, den Temperaturbereich von 11501890°, deren andre, mit 02201 bezeichnet, den von 5901130° umfaßt. Die Schmelztemperaturen zweier aufeinander folgender Brennkegel liegen im Mittel um etwa 25° auseinander. Man bringt mehrere solcher Kegel in den Ofen und beobachtet, welche von ihnen schmelzen, und welche dem Feuer widerstehen. Die Brennkegel ermöglichen also nur eine diskontinuierliche[483] Temperaturbestimmung. Dasselbe gilt von den Prinsepschen Legierungen. Goldsilberlegierungen mit regelmäßig steigendem Goldgehalt und Silberplatinlegierungen mit steigendem Platingehalt wurden zu Blech ausgewalzt und kleine Stückchen davon in Grübchen auf eine Tonplatte gelegt. Die Legierungen bilden gleichsam die Skala eines Thermometers, und das sukzessive Schmelzen der Legierungen gibt Anhaltspunkte zur Beurteilung der erreichten Temperatur. Das optische P. (Becquerel, Le Chatelier) beruht auf der photometrischen Messung der Intensität der von der zu untersuchenden Wärmequelle ausgesandten Strahlen einer bestimmten Wellenlänge, z. B. des roten, durch ein Rubinglas gegangenen Lichtes. Mittels einer Formel, welche die Abhängigkeit der Strahlungsintensität von der Temperatur ausdrückt, wird dann aus der experimentell ermittelten erstern die letztere berechnet. Das optische P. ist aus denselben Gründen wie das Strahlungspyrometer ein ungenaues Meßinstrument und gestattet nur eine sehr angenäherte Bestimmung der Temperatur (s. Photometrie, S. 837). Bei dem Photopyrometer von Holborn u. Kurlbaum ermittelt man die Stromstärke, die dem Faden einer elektrischen Glühlampe zugeführt werden muß, damit er sich, durch ein rotes Glas betrachtet, von dem zu messenden glühenden Hintergrund nicht mehr abhebt. Aus einer Tabelle oder mittels einer einfachen Formel ergibt sich die Temperatur des Hintergrundes. Das Widerstandspyrometer (Siemens, Kallendar) gründet sich auf die Tatsache, daß der Leitungswiderstand der Metalle für den elektrischen Strom mit zunehmender Temperatur wächst, und besteht aus einer Batterie B von sechs Leclanché-Elementen (s. Abbildung), einem Kommutator C, zwei Voltametern V und V1 und zwei Widerständen, deren einer N aus Neusilberdraht besteht und die gewöhnliche Temperatur behält, während der andre P, ein auf einen Porzellanzylinder gewickelter Platindraht, der zu messenden Temperatur ausgesetzt wird.
Die Drahtverbindungen zwischen diesen einzelnen Teilen sind in der schematischen Figur angedeutet. Die Teile C, N, V, V1 sind auf einem gemeinschaftlichen Stativ befestigt, die drei Leitungsdrähte c, x und x1 in einem Kabel vereinigt. Wenn der Widerstand P durch Erwärmung des Platindrahtes zunimmt, so entwickelt sich in dem Voltameter V1 weniger Knallgas als in dem Voltameter V. Bezeichnet man mit V und V1 die in den gleichnamigen Voltametern in gleicher Zeit entwickelten Knallgasmengen und mit Rt den der Temperatur t (Celsiusgrade) entsprechenden Widerstand der Platinrolle, so ist Rt = 20V/V1-3, und die Temperatur kann nun aus der Formel Rt = R0 (α√T+βT+T+γ), worin T die absolute Temperatur (T = t+273), R0 (= 10 Siemens-Einheiten) den Widerstand der Platinrolle bei 0° bedeutet und α = -0,039369, β = 0,00216407, γ= -0,24127 ist, aus einer Tabelle entnommen werden. Das thermoelektrische P. (Becquerel, Barus, Le Chatelier) besitzt vor den andern Methoden folgende Vorteile: Kleinheit des thermometrischen Körpers, Schnelligkeit der Angaben, Möglichkeit der Ausstellung der Meßapparate in jeder beliebigen Entfernung von der zu untersuchenden Wärmequelle. Lötet man zwei Drähte aus verschiedenen Metallen an beiden Enden aneinander und erhitzt die eine Lötstelle, so entsteht im Kreis ein elektrischer Strom, dessen Stärke von der Temperaturdifferenz der beiden Lötstellen abhängt und mit einem in den Kreis eingeschalteten Galvanometer gemessen werden kann. Chatelier verwendet als Metalle reines Platin und eine Legierung von Platin mit 10 Proz. Rhodium oder Iridium. Von den Drähten des Thermoelements wird der eine bis zur Lötstelle durch ein 1,2 m langes biskuitgebranntes, unglasiertes Kapillarrohr von schwer schmelzbarem Porzellan geführt, so daß eine Isolierung gegen den angelöteten Draht erreicht wird. Zur Aufnahme des Thermoelements mit der Porzellankapillare dient ein einseitig geschlossenes, etwas weiteres, außen glasiertes Porzellanrohr von gleichfalls 1,2 m Länge. Dasselbe kann durch einen Hartgummistopfen oder einen Porzellanflausch, der den Durchtritt der Drähte getrennt voneinander gestattet, verschlossen werden. Das Thermoelement ist mit einem d'Arsonvalgalvanometer verbunden, dessen Zeiger auf zwei Skalen spielt, deren eine die elektromotorische Kraft des Elements in Volt angibt, während die andre direkt die Temperaturgrade trägt. Bei Messungen bringt man das die Kapillare mit dem Element enthaltende Porzellanrohr in das Innere des Ofens, so daß dasselbe an der Lötstelle der beiden Drähte die Temperatur des zu messenden Raumes annehmen kann. Um das Zerbrechen des durch die Ofenwandung in das Innere des Ofens zu führenden Porzellanrohres zu verhüten, wird es in ein horizontal liegendes Schamotterohr gesteckt, das außen leicht verschmiert wird. Das Porzellanrohr ragt vorn etwa 10 cm aus dem Schamotterohr, und die Drähte hängen etwa 30 cm aus dem Porzellanrohr heraus. Sie werden durch Kupferdrähte mit dem Galvanometer verbunden. Vgl. Bolz, Die P. (Berl. 1888); Barus, Die physikalische Behandlung und die Messung hoher Temperaturen (Leipz. 1892); Le Chatelier und Boudouard, Mesure des températures élevées (Par. 1900).
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