[303] Pyrometer, Thermometer für hohe Temperaturen.
Der Bereich des Quecksilberthermometers erstreckt sich noch über den Siedepunkt des Quecksilbers (357°) hinaus. Indem man den Raum des Thermometergefäßes über dem Quecksilberfaden nicht luftleer herstellt, sondern mit Stickstoff- oder Kohlensäuregas füllt, wird durch den Gasdruck das Sieden verzögert und bei genügend schwerer Schmelzbarkeit des Glases kann man Quecksilberthermometer bis 550° gebrauchen. Es steht zu hoffen, daß bald die Herstellung von Quarzglasthermometern mit Quecksilber gelingen wird, die den Bereich des Quecksilberthermometers noch etwas erhöhen und seinen Gebrauch bei hoher Temperatur durch ihre schwere Zerbrechlichkeit erleichtern würden.
Alle der Temperaturbestimmung über 500550° dienenden Vorrichtungen bezeichnet man als Pyrometer; doch wird der Name teilweise auch unterhalb dieser Grenze gebraucht. Das Quecksilberpyrometer von G.A. Schultze in Berlin-Charlottenburg hat ein Gefäß aus Jenenser Borsilikatglas 59 III und enthält im Räume über dem Quecksilber eingepreßte Kohlensäure von 20 Atmosphären Druck; das Quecksilberfederpyrometer von J.C. Eckardt in Stuttgart-Cannstatt hat ein Gefäß aus Stahl mit eisernem Schutzrohr. Vom Gefäß führt ein stählernes Kapillarrohr, nach Wunsch eine biegsame, bis zu 50 m lange Leitung bildend, zu einer Stahlrohrfeder. Der Ausdehnungsdruck des Quecksilbers hat das Bestreben, das Stahlrohr zu strecken, und überträgt sich von dem federnden Rohr auf das Zeigerwerk; die Teilung geht bis 500°.
Für die Ermittlung der Glühtemperaturen stehen der Wissenschaft und noch mehr der Technik verschiedene Mittel zu Gebote. Die Technik hat ja häufig kein Bedürfnis, die Temperaturen nach dem wissenschaftlichen Maße in Graden zu messen, sie begnügt sich vielfach mit den Unterschieden von 1. beginnender Glut, 2. dunkler Rotglut, 3. Kirschrot, 4. Orangerot, 5. Gelbglut, 6. Weißglut, 7. blendende Weißglut (Blauglut), ohne nach den entsprechenden Temperaturzahlen 1. 525°, 2. 700°, 3. 900°, 4. 1100°, 5. 1200°, 6. 1300°, 7. 1500° zu fragen. Oder sie hat ihre besonderen, dem einzelnen Betrieb eigentümlichen Temperaturmerkmale. In der Tonindustrie hat sich ein eigentümliches Verfahren mit besonderem Temperaturmaß ausgebildet und allmählich eingebürgert, das den Vorzug hat, vom Arbeiter ohne wissenschaftliche Vorbildung leicht ausgeübt zu werden: das Verfahren der Temperaturprüfung mittels Segerkegeln. Das chemische Laboratorium von Seger & Cramer G.m.b.H. in Berlin, stellt aus systematisch zusammengesetzten Silikatmassen numerierte kleine Körper her in Form schlanker dreiseitiger Pyramidchen, die eine Stufenfolge der Schwerschmelzbarkeit darstellen und die Temperaturen zwischen schätzungsweise 590° und 2030° in 60 Stufen teilen. Diejenigen Kegel, welche für die zu prüfende Temperatur in Betracht kommen, werden in Reihe auf einer Schamotteplatte bezw. in dazu hergestellter Kapsel in den mit Schaukanal versehenen Ofen eingesetzt. Der durch Fig. 1 bezeichnete Zustand läßt z.B. erkennen, daß die Ofentemperatur zwischen Nr. 8 und Nr. 9 liegt, denn Nr. 7 ist ganz niedergeschmolzen, Nr. 8 berührt mit der Spitze den Boden, Nr. 9 beginnt nur zu erweichen. Vom Standpunkt der Wissenschaft kann man gegen dieses Verfahren den Einwand erheben, daß neben der Temperatur auch die Zeit ein das Schmelzen der Kegel bedingender Faktor sei; vom Standpunkt der Technik wird man in diesem Umstand einen Vorzug erblicken, weil auf das Brennen der Tonwaren auch der Faktor Zeit von ebenso großem Einfluß ist. Man wird aber darauf verzichten, eine bestimmte Segerkegelnummer mit einer genau bestimmbaren Temperatur zu bezeichnen.
Einen gleichen Einwand kann man gegen ein länger eingeführtes Pyrometer, dasjenige von Wedgewood, erheben. Hier werden Tonzylinder bestimmter Größe und gleicher Beschaffenheit der zu bestimmenden Temperatur ausgesetzt. Alsdann wird ihr Durchmesser, der sich durch das Schwinden des Tons verkleinert, an zwei auf einer Messingplatte beteiligten konvergierenden Messingstäben mit Teilung bestimmt.
In mannigfacher Weise wird die ungleiche Ausdehnung der Metalle durch die Wärme zur Herstellung von Pyrometern verwertet. Bordas Pyrometer besteht aus einem Platin- und einem Kupferstreifen, die an einem Ende vernietet sind, Muschenbrock übertrug die Ausdehnung[303] von Metallstäben auf Hebel, Räderwerk und Zeiger. Allen solchen Apparaten haftet der große Nachteil an, daß die Metalle, wenn sie großen Temperaturdifferenzen ausgesetzt werden, sich bleibend verziehen, so daß die Teilungen der Instrumente steter Nachprüfung bedürfen, wenn nicht ganz unbrauchbar werden.
Am besten haben sich die Graphitpyrometer bewährt, wie solche von Steimle & Hartung in Quedlinburg oder von der obengenannten Firma Eckardt hergestellt werden. Im Boden eines Eisenrohrs ist ein Graphitstab beteiligt, dessen Ausdehnungsdifferenz gegen das eiserne Rohr durch Hebel und Gestänge auf das Zeigerwerk übertragen wird (Fig. 2). Die Teilung geht je nach Bestimmung bis 400, 600 oder 1000°. Das Pyrometer wird von letzterer Firma auch mit Selbstregistrierung versehen, so daß es den Verlauf des Temperaturzustandes für den Lauf eines Tages aufzeichnet.
Verschiedene andre Wirkungen der Wärme auf die Naturkörper werden zur Pyrometrie verwertet. In J. Wiborghs Thermophon [1] ist es die Wärmeleitung. Kleine Tonzylinder von 2,8 cm Länge und 2 cm Durchmesser enthalten in ihrem Innern eine bei bestimmter Temperatur explodierende Masse in Metallkapsel, die durch eine schwache Detonation den Moment anzeigt, zu dem die Mitte des Zylinders in die Explosionstemperatur versetzt wurde. Je höher die den Zylinder umgebende Temperatur, um so kürzer ist die Zeit vom Einsetzen des Thermophons bis zur Detonation. F. Müller (Geißlers Nachf.) in Bonn liefert die aus bestimmter Schamottemasse bestehenden Zylinder in Schachteln von 50 Stück zur Temperaturbestimmung von 300 bis 2000° mit Gebrauchsanweisung und Temperaturtabelle zum Preis von 13 ℳ. In Quinckes akustischem Pyrometer [2] wird die mit der Luftdichte veränderliche Wellenlänge eines Tons bestimmter Höhe zur Temperaturbestimmung benutzt. Mittels eines Interferenzapparates aus feuerfesten Röhren wird die Länge der Welle eines Stimmgabeltons ermittelt. D. Berthelot [3] benutzt die Aenderung des optischen Brechungsvermögens der Gase zur Ermittlung ihrer Verdünnung in hoher Temperatur und damit der Temperatur. Auch eine neuerdings empfohlene Art der Temperaturmeldung mag hier erwähnt werden. Salze verschieden aber sicher bestimmter hoher Schmelzbarkeit können die Erreichung ihrer Schmelztemperatur in einem Räume anzeigen, wenn man die getrennten Teile einer Stromleitung zwischen die Salzprobe einbettet, so daß beim Schmelzen Stromleitung eintritt und eine Alarmklingel ertönt (Wildermanns Jahrbuch der Naturwissenschaften 1908, S. 117).
Besonders aber sind es fünf weitere Wirkungen der Wärme, die für die wissenschaftliche und für die technisch-exakte Temperaturbestimmung verwertet werden: der mit der Temperatur wachsende Druck der Gase bei gleichbleibendem Volumen, das mit der Temperatur veränderliche elektrische Leitungsvermögen, die mit der Temperatur veränderliche Spannung der Kontaktelektrizität sich berührender Körper, die mit der Temperatur veränderliche Lichtemission glühender Körper und der mit der Temperatur steigende Wärmeinhalt.
Unter den Körpern sind es die Gase und unter diesen der Wasserstoff, welchen gleiche zugeführte Mengen von Wärme gleiche Volumzunahmen bei konstantem Druck erteilen bezw. gleiche Druckzunahmen bei konstantem Volumen und zwar mit einer ideal gesetzmäßigen Genauigkeit. Das Luftthermometer, besonders das Wasserstoffthermometer dient daher als Normalthermometer, auf welches, soweit möglich, die Teilung der andern Thermometer zurückzuführen ist. Von dem freilich für den technischen Gebrauch besonders als Pyrometer ganz ungeeigneten Instrument nach der von Jolly [4] ihm gegebenen Einrichtung mag Fig. 3 eine Vorstellung geben. An einer vertikalen Säule mit Teilung sind zwei Schlitten verschiebbar, welche zwei durch einen Kautschukschlauch kommunizierende Röhren A und B tragen. Die Röhre B setzt sich in ein zweimal (horizontal und vertikal) umgebogenes Kapillarrohr K fort, welches in das samt der Kapillaren mit trockenem Wasserstoff gefüllte kugelige Gefäß V mündet, das aus schwer schmelzbarem Glas geblasen ist und etwa 50 ccm hält. Die Röhren A und B samt dem Schlauch enthalten Quecksilber, dessen Stand in B an einer innen im Rohr angeschmolzenen Spitze S aus schwarzem Glas genau eingestellt werden kann. Bei den Versuchen wird das Gefäß V bis zur nächsten Biegung der Kapillare zuerst in schmelzendes Eis und dann in den Raum gebracht, dessen Temperatur zu ermitteln ist. Vor dem Versuch hat man durch Quecksilberfüllung und Wägung den Raum V des Ballons und den Raum der Kapillare bis zur Marke S genau ermittelt. Aus den beiden Quecksilberständen der Röhre A über der Marke S bei der Temperatur 0° und bei der zu messenden Temperatur, unter Berücksichtigung des Barometerstandes, der Gefäßausdehnung, der Temperatur des Versuchsraums berechnet sich dann die gesuchte Temperatur. Dabei ist der Versuch nicht auf die Anwendungsgrenze des Glasthermometers beschränkt, auf 550°. Man stellt für höhere Temperaturen das Gefäß aus Porzellan her mit angesetztem Kapillarrohr. Bei 1400° erweicht auch das Porzellan und die außen aufgeschmolzene Glasur schon bei 1100°. Um das Durchbrechen des Glases durch die Glasur zu verhindern, muß daher für Temperaturen über 1100° die Füllung des Gefäßes anfänglich mit Gas von geringem Druck mit Quecksilberstand in A niederer als in B vorgenommen werden. Für noch höhere Temperaturen haben Holborn und Wien in der Physikalischen Reichsanstalt[304] Versuche mit Gefäßen aus noch schwerer erweichender Tonmasse gemacht, ohne die aus der Porosität der nur außen glasierbaren Masten entspringenden Fehler ganz zu überwinden. Neuerdings haben Holborn und Day sich wieder den Platiniridiumgefäßen zugewendet, die man früher verlassen hatte, weil das Platin sich für Gase bei hoher Temperatur durchlässig zeigte. Man fand, daß diese Eigenschaft zwar für Wasserstoff und für Sauerstoff zutrifft, nicht aber für Stickstoff, doch sind heutzutage die optischen Methoden pyrometrischer Messung, welche unten zu besprechen sind, so gut auf exakte Gesetze begründet, daß die Erhöhung des Bereichs des Luftpyrometers über die jetzt erreichte Grenze von 1800° entbehrlich ist.
Ein zweites der wissenschaftlich wertvollen Prinzipien pyrometrischer Messung, das auch zu technisch wertvollen Apparaten geführt hat, ist die Temperaturbestimmung aus der elektrischen Leitfähigkeit. Die metallischen Leiter der Elektrizität erhöhen ihren Widerstand mit steigender Temperatur. Unter den feuerbeständigeren Metallen zeichnet sich das Platin durch seinen großen Temperaturkoeffizienten aus, und man ist imstande, aus der veränderlichen Größe des Widerstands einer Widerstandsrolle aus Platin, welche der zu messenden Temperatur ausgesetzt wird, die Temperatur mit sehr großer Genauigkeit abzuleiten, weil die Widerstandsbestimmungen sehr großer Schärfe fähig sind. Nur hat sich die Hoffnung, den Meßbereich bis nahe an den Schmelzpunkt des Platins auszudehnen, also etwa bis 1800°, nicht bestätigt, weil die als Isoliermittel dienenden feuerfesten Materialien, Metalloxyde, in umgekehrtem Verhalten der metallischen Leiter, ihre Isolierfähigkeit bei hoher Temperatur erniedrigen. Man beschränkt daher den Meßbereich, der nach unten sich bis zu den niedersten Temperaturen erstreckt, nach oben auf unter 1000°, um so eher, da man für höhere Temperaturen das andre nachher zu beschreibende Meßprinzip verwertet.
Hartmann & Braun A.-G. in Frankfurt a.M. beschränken ihre Widerstandsthermometer, welche die Meßschärfe der feinsten Quecksilberthermometer erreichen, auf 500°. W.C. Heraeus in Hanau gibt der Platinspirale einen ganz vorzüglichen Schutz sowohl gegen chemische als gegen mechanische Veränderungen. Ein Stäbchen aus Quarzglas, ausgezeichnet durch schwere Schmelzbarkeit und sehr kleinen Ausdehnungskoeffizienten, wodurch es vor Zerspringen bei raschen Temperaturwechseln bewahrt bleibt, wird mit dem Platindraht umwickelt (Fig. 4) und alsdann in ein dünnwandiges Röhrchen aus demselben Stoffe eingeschoben, worauf dieses dicht auf das Stäbchen aufgeschmolzen wird, so daß der Widerstandsdraht, ganz in Quarz eingebettet, sich nahe der Oberfläche befindet (Fig. 5). Ein dickeres Quarzrohr, das die Fortsetzung des ersteren bildet, enthält, durch Kapillaren isoliert, die Zuleitungsdrähte aus Silber. Der Meßbereich geht bis 900°. Die Länge der Spirale wird je nach Bedarf verschieden gewählt; in der Regel hat der wirksame Teil des Pyrometers eine Länge von 40 mm bei 4 mm äußerem Durchmesser, der Widerstand bei 0° beträgt 50 Ohm.
Es ist ein unschätzbarer Vorzug der elektrischen Pyrometer, daß die Meßvorrichtung und der bei den Widerstandspyrometern nötige Stromerzeuger (Akkumulatoren) durch beliebig lange Stromleitung vom erhitzten Apparate getrennt werden können, daß sie Fernbeobachtung von bequemem Orte aus gestatten. Der Meßapparat von Heraeus ist eine Wheatstonesche Brücke, deren Galvanometer direkt die Temperatur abzulesen gestattet, wenn durch angebrachte Reguliervorrichtung dafür gesorgt wird, daß die Brücke unter der richtigen Stromspannung steht. Der Anzeigeapparat von Hartmann & Braun ist von der Spannung des Meßstromes unabhängig und eignet sich daher auch zu kontinuierlicher Temperaturanzeige und damit zur Selbstregistrierung mittels Uhrwerks. Bei nichtkontinuierlicher Anzeige kann derselbe Meßapparat mittels Umschaltern mit einer beliebigen Anzahl an verschiedenen Orten aufgestellter Pyrometer verbunden werden.
Von größerem Umfang als bei den Widerstandspyrometern ist der Meßbereich bei den thermoelektrischen Pyrometern. Die an der Kontaktstelle zweier verschiedener Metalle auftretende und mit der Temperatur der Kontaktstelle veränderliche Potentialdifferenz bildet im geschlossenen Stromkreis die Ursache von Thermoströmen, deren Stromspannung mit der Temperaturdifferenz der Kontaktstellen (Lötstellen) veränderlich ist. Der Meßapparat ist daher hier nicht ein Widerstandsmesser (Ohmmeter), sondern ein Spannungsmesser, Voltmeter bezw. Millivoltmeter mit direkter Temperaturanzeige. Er gibt die Differenz der Temperaturen des Pyrometers und des Anzeigeapparats, wenn die Anschlußklemmen des Pyrometers auf gleicher Temperatur erhalten werden. Der um die Entwicklung der Pyrometrie hochverdiente französische Gelehrte und Techniker Le Chatelier [5] hat als die für hohe Temperaturen geeignetste Metallkombination das Platin und das Platinrhodium (eine Legierung von Platin mit 10% Rhodium) eingeführt, die als Drähte durch Schmelzung ihrer Enden zum Kügelchen, der Lötstelle, verbunden sind. In Fig. 6 ist ein solches Pyrometer dargestellt. Es bezeichnet darin a ein Kugelrohr aus Porzellan oder feuerfestem Ton, b eine Füllung der Kugel mit metallischem Wolfram und Holzkohle, die ein Zusammensinken des Kugelrohres verhindern soll, c einen Asbestpfropfen, d d die Drähte des Thermoelements, d'' die Lötstelle desselben, e zwei Pfeifentonrohre, f eine Asbestumwicklung der letzteren, g eine Asbestumwicklung des Kugelrohrs und h eine Asbestkappe, die das ganze Instrument umgibt und durch eine Asbestschnur i gehalten ist.[305]
Vereinfachungen und wichtige Vervollkommnungen verdankt das Pyrometer Le Chateliers den Gelehrten Holborn und Wien von der Physikalisch-technischen Reichsanstalt. Nach deren Angaben hat Heraeus in Hanau dem Instrument die durch Fig. 7 erläuterte Form gegeben, die z.B. zur Messung der Temperatur von Oel- und Bleibädern sich eignet (Länge des vertikalen Teils 60 cm). Bei der Verwendung für flüssige Metalle, Silber, Bronze, Messing, Eisen u.s.w., wird das Porzellanschutzrohr von einem Graphitrohr umgeben. Von Stahl wird das letztere angegriffen, kann aber ausgewechselt werden wie auch die dem Zerspringen ausgesetzten Porzellanröhre. Für Temperaturen bis 1200° empfiehlt die Firma statt der Porzellanschutzrohre solche aus Quarzglas. Als Maß der Genauigkeit geben Holborn und Wien an, daß bei 1000° der Fehler den Wert von ±5° nicht übersteige. Die Grenze der Verwendbarkeit dürfte bei 1800 o liegen.
Ueber thermoelektrische Pyrometer von Heraeus mit einem Meßbereich bis 2100°, aus Iridium und Iridium-Ruthenium als Kontaktmetallen, berichtet der Art. Feuerfestigkeit, Bd. 3, S. 763. Hartmann & Braun in Frankfurt a. M., die für Temperaturen bis 600° ihr sehr empfindliches Constantan-Silberthermoelement empfehlen, haben für sehr hohe Temperaturen bis 1600° gleichfalls das System Le Chatelier. Zur Isolation der beiden Drähte dienen entweder Rohre aus der von der Berliner Porzellanmanufaktur hergestellten schwer schmelzbaren Marquardtschen Masse, die aber gegen Stoß und rasche Temperaturwechsel zu schützen sind, oder eine von der Firma hergestellte besondere Armatur aus feuerfestem Material, die aus mehreren von einem festen Metallstab durchsetzten und durch eine Mutterschraube und starke Feder zusammengehaltenen Rohrstücken besteht. Ueber 1100° wird der untere Teil des aus Nickel bestehenden Metallstabs durch Platin ersetzt, unter 1000° kann man eine Armatur aus ovalem Mannesmannrohr, mit Serpentinknopf und Anschlußklemmen benutzen. Für geschmolzene Metalle wird eine Quarzgraphitarmatur empfohlen, Quarzglas mit Graphitrohr umgeben.
Neben den genannten Firmen ist Keiser & Schmidt in Berlin für Thermostrompyrometer zu nennen. Diese Firma wie auch Hartmann & Braun in Frankfurt a.M. und Siemens & Halske in Berlin liefern, die als Meßapparate dienenden Galvanometer zur direkten Ablesung der Temperaturen. Fig. 8 zeigt eine mit thermoelektrischem Pyrometer armierte Heißwindleitung eines Hochofens, von Siemens & Halske eingerichtet. Die Pyrometer samt Meßapparaten werden von der Physikalisch-technischen Reichsanstalt geprüft und mit Prüfungsschein versehen.
Das weitesttragende Prinzip der Pyrometrie ist das optische, es reicht von der dunkeln Rotglut bis zu den höchsten Temperaturen. Die alte Uebung der Feuerarbeiter, den Stärkegrad der Glut aus deren Farbe zu beurteilen, bildete die Aufforderung, mit Photometer (s.d.) und Spektralapparat wissenschaftlich den Zusammenhang zwischen der absoluten Temperatur T und der Strahlungsintensität J, letztere je nach Wellenlänge λ der Strahlung, festzustellen. Zur Zeit, wo das thermoelektrische Pyrometer durch die Physiker der deutschen Reichsanstalt seine weitere Vervollkommnung erfuhr, hatte sich Le Chatelier [6] dem neuen Prinzip zugewandt. Er Hellte eine freilich mit den Gesetzen von Stefan und Wien nicht übereinstimmende mathematische Beziehung zwischen J und T auf und begründete auf seine Formel ein optisches Pyrometer, ein Photometer, das Pellin in Paris herstellt, mittels dessen z.B. die Temperatur der Sonne zu 7600° bestimmt wurde.
Eine nach den Gesetzen der Lichtemission gemachte Temperaturbestimmung eines Körpers ist indessen nur zutreffend für vollkommen schwarze Körper, die, wie annähernd der Ruß, Strahlen aller Wellenlängen gleichmäßig und vollständig absorbieren. Auch die glühenden Wände eines Hohlraums, wenn auch von nicht vollkommen schwarzer Beschaffenheit, verhalten sich wie schwarze Körper, so daß also die Temperatur eines Feuerraums (Heizraums) mit dem optischen Pyrometer richtig bestimmt wird. Für Körper von nicht vollkommen schwarzer Oberfläche nennt man die mit dem optischen Pyrometer bestimmte Temperatur ihre schwarze Temperatur, zum Unterschied von der mehr oder weniger abweichenden wahren Temperatur.
Theoretisch durch Anwendung der Strahlungsgesetze von Stefan und Wien und praktisch durch Ausbildung bequemer photometrischer Methoden des Messens wurde das optische Pyrometer weitergebildet durch J. Paschen und H. Wanner [7] und durch Holborn und Kurlbaum [8]. Die Beziehung zwischen T und J bekommt die Form J = c1 λ -5 e-c2/λT wo c1 und c2 Konstante sind, die F. Paschen [9] experimentell bestimmt hat. Es ist also log J eine lineare Funktion des reziproken Wertes von T, wodurch sich die Eichung der auf bestimmte[306] Spektralgebiete λ einzustellenden photometrischen Meßapparate einfach gestaltet. Wanners Pyrometer ist ein Spektralphotometer, das die Intensität einer bestimmten Spektralfarbe des zu prüfenden glühenden Körpers mit derjenigen eines Glühlampenbügels von bekannter, durch Stromstärke und Spannung bestimmter Temperatur vergleicht. Bei dem optischen Pyrometer von Holborn und Kurlbaum wird von dem glühenden Körper durch eine Linse ein reelles Bild entworfen in der Ebene des glühenden Kohlebügels einer viervoltigen Glühlampe. Beides wird durch ein Okular mit rotem Glase betrachtet unter Regulierung der Stromstärke, bis bei gleicher Helligkeit das Bild des Glühfadens auf seinem Hintergrunde verschwindet. Ein Amperemeter läßt die Temperatur ablesen. Da die Temperatur der Glühlampe zur Schonung der Lampe nicht über 1500°, besser nur bis 1200° gesteigert werden sollte, ist eine Vorrichtung zur Lichtschwächung des entworfenen Bildes angebracht, so daß das Temperaturgebiet, über das sich der Meßbereich des optischen Pyrometers erstreckt, von 600° an nach oben unbegrenzt ist. Dieses optische Pyrometer wird hergestellt von Siemens & Halske A.-G., Wernerwerk in Berlin, deren Prospekt das Schaltungsschema (Fig. 9) gibt. Die einzigen der Abnutzung unterworfenen Teile dieses vervollkommneten Apparats sind die Glühlampe und die Akkumulatoren. Erstere kann nicht willkürlich erneuert werden. Es sind daher jedem Apparat zwei Ersatzlampen beigegeben, zusammen mit ihren Prüfungsscheinen. Gleichfalls hierher gehört die Erwähnung zweier Pyrometer von Fery, da sie ebenfalls, das eine thermoelektrisch, das andre als Ausdehnungspyrometer die Wärmestrahlen glühender Körper zur Temperaturbestimmung benutzen, also die »schwarze Temperatur« liefern. Bei beiden werden die Strahlen durch einen Hohlspiegel in dessen Fokus gesammelt, wo sich bei dem einen ein aus zwei Bändern von Eisen und Konstantan gebildetes Thermoelement befindet, bei dem andern eine Art Bordasches Thermometer (s. oben). Vgl. darüber [10] und [11].
Zum Schluß sei noch ein in vielen Fällen bequemes Verfahren zur Bestimmung hoher Temperaturen erwähnt, das kalorimetrische (vgl. die Beschreibung des Wasserkalorimeters im Art. Brennstoffe, Bd. 2, S. 282). Das an sich wenig genaue Verfahren leidet noch durch die Veränderlichkeit der spezifischen Wärme mit steigender Temperatur, wofür sichere Gesetze noch zu ermitteln sind. Bequem zu handhabende Kalorimeter liefert G.A. Schultze, Berlin SW.
Literatur: [1] Oesterr. Zeitschr. für Berg- und Hüttenwesen 1896, S. 405. [2] Annalen der Physik 1899, 68, S. 66. [3] Comptes rendus 1898, 126, S. 410 und 473. [4] Winkelmann, Handbuch der Physik, Breslau 1896, 2. 2, S. 16. [5] Journal de Phys. 1887, (2) 6, S. 26. [6] Ebend. 1892, (3) 1, S. 185, und Comptes rendus 1892, 114, S. 737. [7] Physik. Zeitschr. 1899, 1, S. 226; 1901, 3, S. 112. [8] Ebend. 1902, 3, S. 187. [9] Sitzungsber. der Berliner Akademie 1899, S. 405420. [10] Preisverzeichnis Nr. 39 (Juni 1906) der engl. Cambridge Scientific Instrument Co. Ltd. [11] Journal de phys., 6, 1907, S. 889, und Zeitschr. für Instrumentenkunde, 28, 1908, S. 189.
A. Schmidt.
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