Sankt Helena

[562] Sankt Helena (engl. Saint Helena, spr. ßent hellīnǟ), brit. Insel im Atlantischen Ozean, zwischen 15°54´-16°1´ südl. Br. und 5°38–5°47´ westl. L., zwischen Afrika (1863 km) und Brasilien (3562 km), 122 qkm mit (1904) 3882 Einw. Die Insel erhebt sich mit 180–300 m hohen senkrechten, buchtenarmen Ufern aus einem über 4000 m tiefen Meer, im Innern im Dianapeak bis 823 m ansteigend. Die vulkanische Insel besteht aus basaltischen Gesteinen, Laven und Tuffen und mag der letzte Rest eines untergegangenen Südkontinents der mesozoischen Zeit sein. Im südlichen Teil mit ausgehöhlten und zerklüfteten Küstenfelsen finden sich mehrere ausgebrannte Krater. Der Waldreichtum, den die Insel bei der Entdeckung durch Portugiesen aufwies, ist verschwunden, durch Bepflanzung mit Gewächsen verschiedenster Länder die ursprüngliche Pflanzenwelt völlig verdrängt; das gleiche gilt von der Fauna. Kartoffel und Kiefer sind heimisch geworden. Der Südostpassat weht das ganze Jahr hindurch, oft sturmartig. Auf der 600 m hohen zentralen Ebene (Longwood) stand Napoleons I. bescheidenes Wohnhaus; 1857 von der Königin Viktoria nach Paris geschenkt, wurde es in Longwood durch getreue Nachbildung ersetzt, die mit dem umliegenden Grund und Boden, dem Grab Napoleons und dem Wohnhaus eines französischen Brigadiers Frankreich gehört. Die Bevölkerung besteht größtenteils aus Negern, von denen jährlich viele in die Kapkolonie auswandern, so daß sie immer mehr abnimmt (1861 noch 6860). Der Ackerbau ist unbedeutend, das Land wird von einigen Großgrundbesitzern zur Viehzucht verwandt; Leder und Häute sind daher die vornehmsten Ausfuhrartikel. Der Walfischfang der umliegenden Gewässer ergibt jährlich an 20,000 Pfd. Sterl. S., das 128 km Telegraphendrahtlänge hat, ist mit Kapstadt und St. Vincent durch Kabel verbunden. Von den Ostindienfahrern regelmäßig angelaufen, hat das rege Leben seit Eröffnung des Suezkanals und der Dampfschiffahrt aufgehört. Nur die Schiffe der englischen Flottenabteilung für Westindien und einige Segelschiffe versorgen sich hier mit Kohlen (S. ist Kohlenstation), Wasser und Gemüse. Während des Burenkrieges waren hier viele Gefangene interniert. 1903 betrug die Einfuhr 60,459, die Ausfuhr 12,235 Pfd. Sterl. (1904: 75,978, bez. 740), der Schiffsverkehr 1904: 201,730 Ton., die Einnahmen 14,102, die Ausgaben 18,551 Pfd. Sterl.; die Kolonialschuld betrug 1903: 2000 Pfd. Sterl.; für 1904 wird keine mehr angegeben. Der einzige Landungsplatz ist Jamestown (s. d. 1). S. ist Sitz eines deutschen Konsuls. – S. wurde 21. Mai 1502 von den Portugiesen entdeckt und bepflanzt; ihre kleine Kirche wurde gegen 1600 von den Holländern zerstört. 1650 erhielt die Englisch-Ostindische Kompanie die Insel von den Holländern gegen Abtretung des Kaplandes, legte 1660 eine Niederlassung an und baute das Fort St. James. Am 1. April 1815 übernahm die britische Regierung die Verwaltung. Weltbekannt ward S. als Verbannungsort Napoleons, der hier 1821 starb und begraben wurde; 1840 ward seine Leiche[562] nach Paris übergeführt. Vgl. Melliss, Saint Helena, a physical, historical and topographical description (Lond. 1875); Jackson, Saint Helena, the historic island (das. 1903).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 562-563.
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