Schlik

[868] Schlik (auch Schlick), böhmische, reichbegüterte Adelsfamilie bürgerlichen Ursprungs. Die älteste Geschichte der S. ist unsicher und durch spätere Urkundenfälschungen entstellt. Wahrscheinlich gehen sie zurück auf die im Gebiete von Plauen und Ölsnitz (im Königreich Sachsen) ansässigen »Slicher«, von denen sich ein Zweig nach Adorf und Wunsiedel, ein andrer nach Eger zog. Hier erscheint 1394 ein Heinrich S. als bescheidener Bürger. Seiner Ehe mit Konstanze (aus Eger?), deren Abstammung von den italienischen Grafen von Collalto wohl in das Reich der Fabel gehört, entstammten fünf Söhne, von denen der zweite, Kaspar, die Größe des Hauses begründete, während sich vom dritten, Matthias, die weitere Linie ableitet.

1) Kaspar, geb. um 1400, gest. 1449, deutscher Reichskanzler, kam 1415 in die Kanzlei Siegmunds, wurde 1418 unter die Familiaren aufgenommen, aber erst 1427 Protonotar. Spätestens 1432 ward er Vizekanzler, begleitete 1431–33 den Kaiser nach Italien, wurde dort Kanzler und 31. Mai 1433 mit zwei Brüdern in den Freiherrenstand erhoben. Auch in den nächsten Jahren des Kaisers steter Berater, erntete er reiche Belohnungen und hohe Ehren; König Albrecht II. übertrug ihm ebenfalls pfandweise Herrschaften etc. Eine allgemein anerkannte politische Rolle spielte S. noch unter Friedrich III., unterhandelte 1445 mit König Wladislaw II. von Polen und Ungarn, mit den ungarischen Magnaten über das ungarische Thronrecht des Ladislaus Posthumus, später mit dem burgundischen Hof über dynastische Heiratspläne und stand 1447 an der Spitze einer Gesandtschaft nach Mailand. Doch 1448 fiel er in Ungnade. Vgl. A. Pennrich, Die Urkundenfälschungen des Reichskanzlers Kaspar S. (Gotha 1901); M. Dvořák, Die Fälschungen des Reichskanzlers Kaspar S. (»Mitteilungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung«, Bd. 22, Innsbr. 1901).

2) Stephan, Graf von, geb. 24. Dez. 1487, eröffnete die reichen Silberminen in Joachimsthal und ließ 1517 zuerst Joachimstaler, auch Schlikentaler genannt, prägen; er fiel 1526 in der Schlacht bei Mohács.

3) Franz, Graf von S. zu Bassano und Weißkirchen, österreich. General, geb. 23. Mai 1789 in Prag, gest. 17. März 1862 in Wien, widmete sich dem Studium der Rechte, trat beim Ausbruch des Krieges 1809 als Leutnant in ein Kürassierregiment ein, war 1813 Ordonnanzoffizier des Kaisers Franz, erhielt bei Wachau eine gefährliche Kopfwunde, die ihm ein Auge kostete. In den folgenden Friedensjahren rückte er zum Feldmarschalleutnant und Inhaber eines Husarenregiments vor. Nach der Wiener Märzrevolution von 1848 wurde er Kommandant von Krakau, Ende November aber zum Befehlshaber eines Korps von 8000 Mann ernannt, mit dem er sich in hervorragender Weise an der Pazifikation Ungarns beteiligte. Danach ward er Kommandant des 2. Armeekorps und kommandierender General in Mähren. Seit Juni 1854 Oberbefehlshaber der vierten, in Galizien stehenden Armee, ging er mit ihr 1859 nach Italien, wurde dort nach der Schlacht von Magenta an Stelle Gyulays Kommandant der zweiten österreichischen Armee und focht bei Solferino an der Spitze des rechten Flügels. Nach dem Frieden von Villafranca nahm er seinen Abschied. Vgl. Kocžicžka, Die Winterkampagne des Graf Schlikschen Armeekorps 1848–1849 (Olmütz 1850).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 868.
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