Stör [2]

[65] Stör (Acipenser L.), Gattung der Schmelzfische (Ganoidei) aus der Ordnung der Störe (Acipenseridae, vgl. Fische, S. 606), Fische mit gestrecktem, mit fünf Reihen großer, gekielter Knochenschilder bedecktem Körper, unbeweglicher, gestreckter Schnauze, unten mit vier Barteln und unterständigem, weit nach hinten gerücktem, kleinem, zahnlosem Maule.

Kopf des Störs mit rüsselartig vorgestrecktem Maule.
Kopf des Störs mit rüsselartig vorgestrecktem Maule.

Der Kopf ist von Knochenplatten eingehüllt, und über dem Kiemendeckel befindet sich jederseits ein Spritzloch. Die nicht mit Knochen belegten Hautstellen sind durch kleinere oder größere Knochenkerne oder Knochenspitzen rauh. Die zwei Flossenpaare sowie die drei unpaarigen Flossen werden von biegsamen Knochenstrahlen gestützt, und die beiden Brustflossen besitzen außerdem einen starken Knochen als ersten Flossenstrahl. Das[65] nach aufwärts gebogene, den obern Lappen der großen Schwanzflosse bildende Schwanzende ist sensenförmig gekrümmt. Der gemeine Stör (A. sturio L.), bis 6, meist nur 2–3 m lang, mit mäßig gestreckter Schnauze und einfachen Bartfäden (s. Abbildung, S. 65), ist oberseits bräunlich, unterseits weiß, bewohnt den Atlantischen Ozean vom Nordkap bis 32.° nördl. Br., die Nord- und Ostsee und das Mittelmeer, nährt sich, im Schlamm und Moder wühlend, von kleinem Getier aller Art und geht, um zu laichen, bis Mainz, Minden, Böhmen, Galizien. Die Zahl der schwarzen Eier beträgt mehrere Millionen. Die bald ausschlüpfenden Jungen wandern sehr frühzeitig ins Meer. Das Fleisch des Störs ist frisch, mariniert und geräuchert sehr wohlschmeckend, der Rogen wird auf feinkörnigen (wenig haltbaren) Kaviar verarbeitet. Der Sterlett (A. ruthenus L., s. Tafel »Fische I«, Fig. 3), meist 30–50 cm, selten 1 m lang, bis 12 kg schwer, mit langgestreckter, dünner Schnauze und ziemlich langen, nach innen gefransten Bartfäden, ist oberseits dunkelgrau, unterseits heller, bewohnt die Zuflüsse des Kaspischen und Schwarzen Meeres und steigt in der Donau bis Ulm empor; sein Fleisch ist sehr geschätzt, er liefert Kaviar und Hausenblase. Der Scherg (Sternhaufen, Sewruga, A. stellatus Pall.), 2 m lang, bis 25 kg schwer, mit sehr langer, schwertförmiger, spitzer Schnauze und einfachen Bartfäden, ist auf dem Rücken rötlichbraun, oft blauschwarz, an den Seiten und am Bauch weiß, bewohnt das Schwarze und Kaspische Meer und liefert Kaviar und Hausenblase. Der Offeter (Esther, Waxdick, A. Gueldenstaedtii Brandt), 2–4 m lang, mit kurzer, stumpfer Schnauze, einfachen Bartfäden und sternförmigen Knochenplättchen, ist dem S. ähnlich gefärbt, bewohnt die Flußgebiete des Schwarzen und Kaspischen Meeres, gelangt bisweilen nach Bayern, liefert Kaviar und Hausenblase. Der Hausen (A. huso L.), bis 8 m lang und 1600 kg schwer, mit kurzer Schnauze und platten Bartfäden, ist oberseits dunkelgrau, unterseits schmutzig weiß, bewohnt das Schwarze Meer und dessen Zuflüsse und liefert die größte Menge des russischen Kaviars, auch Hausenblase. Durch die rücksichtslose Verfolgung hat die Zahl der Störe stark abgenommen. Die großartigsten Fischereien befinden sich in den Strömen, die ins Schwarze und Kaspische Meer münden, an den Mündungen der Wolga, des Dnjestr, Dnjepr, der Donau und in der Meerenge von Jenikale oder Kassa. In Schleswig-Holstein und Amerika ist die künstliche Erbrütung von Störlaich mehrfach mit gutem Erfolg ausgeführt worden. Die künstliche Zucht empfiehlt sich um so mehr, als die jungen, bald auswandernden Tiere den Süßwasserfischen keine Konkurrenz machen. Das Fleisch aller Störe wurde schon von den Alten hochgeschätzt, und in England und Frankreich gehörte es zu den Vorrechten der Herrscher, Störe für den eignen Bedarf zurückzuhalten.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 65-66.
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