Stieler

[29] Stieler, 1) Kaspar von, Schriftsteller, geb. 2. Aug. 1632 in Erfurt, gest. daselbst 24. Juni 1707, hat Erbauungsbücher sowie stilistische und sprachwissenschaftliche Werke verfaßt, unter denen sein »Teutscher Sprachschatz« (Nürnb. 1691) am bedeutendsten ist. Neuerdings wurde von A. Köster nachgewiesen, daß S. auch der Dichter der »Geharnschten Venus« ist, die man früher irrtümlich J. Schwieger (s. d.) zuschrieb. Vermutlich dichtete er auch die unter dem Pseudonym Filidor der Dorfferer (oder Erfforder, d. h. Erfurter) in Rudolstadt erschienenen Dramen. 1668 wurde er mit dem Beinamen »Der Spate« in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Vgl. C. Höfer, Die Rudolstädter Festspiele aus den Jahren 1665–1667 und ihre Dichter (Leipz. 1904).[29]

2) Adolf, Kartograph, geb. 26. Febr. 1775 in Gotha, gest. daselbst 13. März 1836, studierte die Rechte, erhielt 1797 eine Anstellung beim Ministerialdepartement in Gotha, ward 1813 zum Legationsrat und 1829 zum Geheimen Regierungsrat befördert. S. hat sich um die Geographie besonders durch gründliche und geschmackvolle Behandlung des Kartenwesens verdient gemacht. Sein Hauptwerk ist der bekannte »Handatlas«, den er unter Mitwirkung von Reichard (Gotha 1817–23) in 75 Blättern herausgab, und der in neuester (9.) Bearbeitung 1900–05 in 100 Blättern erschienen ist. Auch sein »Schulatlas« und seine »Karte von Deutschland« in 25 Sektionen fanden weite Verbreitung.

3) Karl Joseph, Maler, geb. 1. Nov. 1781 in Mainz, gest. 9. April 1858 in München, bildete sich als Autodidakt zum Pastell- und Miniaturmaler, widmete sich dann seit 1805 als Schüler Fügers in Wien der Ölmalerei und eröffnete sich hier eine glänzende Tätigkeit als Porträtmaler. Sein Ruf führte ihn von da nach Ungarn und Polen, wo er zahlreiche Bildnisse malte, dann nach Paris, wo er zwei Jahre verweilte und sich weiter bei Gérard ausbildete, dessen elegante und anmutige, aber oft oberflächliche Art für ihn maßgebend blieb. Nach einem Besuche Roms, wo er das jetzt in der Leonhardskirche zu Frankfurt a. M. befindliche große Altarblatt malte, ließ er sich 1812 in München nieder. 1816 nach Wien gerufen, um den Kaiser Franz zu malen, verweilte er dort bis 1820 und kehrte dann nach München zurück. Von seinen Arbeiten sind noch hervorzuheben: die Bildnisse Goethes (1828), Schellings, Tiecks, A. v. Humboldts, Beethovens, der Familie des Königs Maximilian von Bayern und die Galerie weiblicher Schönheiten in der königlichen Residenz zu München.

4) Karl, Dichter und Schriftsteller, Sohn des vorigen, geb. 15. Dez. 1842 in München, gest. daselbst 12. April 1885, studierte die Rechte und trat 1870 in das bayrische Reichsarchiv als Beamter ein. Daneben unternahm er Reisen nach England, Frankreich, der Schweiz, Belgien, Italien, Ungarn und Norddeutschland, über die er meist in der »Allgemeinen Zeitung« berichtete. Sein Ruf als Dichter gründet sich auf seine volkstümlich frischen und von köstlichem Humor gewürzten Dichtungen in oberbayrischer Mundart, von denen mehrere Sammlungen vorliegen, wie: »Bergbleameln« (Münch. 1865), »Weil's mi freut!« (Stuttg. 1876, 14. Aufl. 1906), »Habt's a Schneid?!« (das. 1877, 12. Aufl. 1906), »Um Sunnawend« (das. 1878), »In der Sommerfrisch« (das. 1883) und »A Hochzeit in die Berg« (das. 1884), letztere beiden mit Zeichnungen von H. Kauffmann. Seine »Gesammelten Gedichte in oberbayrischer Mundart« erschienen Stuttgart 1907. Alle diese Bücher fanden, wie auch seine hochdeutschen »Hochlandslieder« (Stuttg. 1879, 11. Aufl. 1905), »Neue Hochlandslieder« (das. 1881, 6. Aufl. 1902) und das Liederbuch »Wanderzeit« (das. 1882, 5. Aufl. 1904), die günstigste Ausnahme. Außerdem beteiligte sich S. an der Herausgabe mehrerer illustrierter Prachtwerke, so: »Aus deutschen Bergen« (mit H. Schmid, Stuttg. 1871), »Weidmanns-Erinnerungen« (Münch. 1874), »Italien« (mit E. Paulus und W. Kaden, Stuttg. 1875) und »Rheinfahrt« (mit H. Wachenhusen und Fr. W. Hackländer, das. 1877). Nach seinem Tod erschienen noch: »Ein Winteridyll« (Stuttg. 1885, 37. Aufl. 1906); »Kulturbilder aus Bayern« (das. 1885, 2. Aufl. 1895); »Natur- und Lebensbilder aus den Alpen« (das. 1886, 2. Aufl. 1890); »Aus Fremde und Heimat«, vermischte Aufsätze (das. 1886); »Durch Krieg zum Frieden. Stimmungsbilder aus den Jahren 1870/71« (das. 1886, 2. Aufl. 1895). Am Tegernsee wurde dem Dichter ein Denkmal (Bronzebüste) errichtet. Vgl. K. v. Heigel, Karl S. (Bamb. 1891); Dreyer, Karl S., der bayrische Hochlandsdichter (Stuttg. 1905).

5) Eugen von, Maler, Bruder des vorigen, geb. 19. Sept. 1845 in München, studierte anfangs in Berlin und München die Rechte und machte 1872 hau Staatsexamen, entschied sich aber dann für die Malerei und trat 1873 in die Münchener Kunstakademie. 1875 wurde er Schüler Pilotys und malte unter dessen Leitung die Kirchhofsszene aus »Hamlet«. Später entstanden noch einige Genrebilder, wie z. B. die ersten Künstlerleiden, ein Volkstheater und die alte Wiege. Doch fand er den Schwerpunkt seines Schaffens mehr im Bildnisfach, in dem er sich durch seine Charakteristik und geschmackvolle Auffassung auszeichnet. Als Vorstand der Münchener Kunstgenossenschaft (seit 1880 und nach kurzer Unterbrechung 1885–94) machte er sich um ihre Organisation und ihre würdige Vertretung nach außen sehr verdient. Seit 1900 ist er Sekretär der Münchener Akademie. Er wurde geadelt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 29-30.
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