[181] Sudēten (hierzu die »Geologische Karte der Sudeten«), im weitern Sinne Bezeichnung einer Anzahl nach Form und geognostischer Beschaffenheit (s. unten) sehr verschiedener Gebirgszüge und Gebirgsgruppen, die sich vom Elbdurchbruch an in südöstlicher Richtung bis zu der Einsenkung erstrecken, die das deutsche Bergland von den Karpathen trennt (s. Karte »Schlesien«). Ihre Längenachse beträgt über 310, die Breite an 49 bis 80 km. Die Kuppen und Hochkämme ragen zum Teil über die obere Grenze der Nadelholzregion (1230 m) hinaus und zeigen hinsichtlich der Form der Gipfel und der Talränder wie des Pflanzenwuchses alpinen Charakter. Das südöstlichste Glied ist das Mährisch-Schlesische Gebirge, bestehend aus dem bis zu 821 m Höhe ansteigenden Mährisch-Schlesischen Gesenke (s. Gesenke), das zwischen Oder und Betschwa auch Odergebirge heißt, als dem südöstlichen, und dem Altvatergebirge oder den S. im engern Sinn, im Altvater 1490 m hoch, als dem nordwestlichen Teil. Vom Altvater breiten sich die allmählich abfallenden Züge nach Süden und SO., N. und NW. gegen die Täler der Mohra, March und Oppa strahlenartig aus, indem die nördlichen Verzweigungen in der Bischofskoppe noch 890 m und im Hirschbadkamm bei Gräfenberg noch 994 m (Hirschbad) hoch ansteigen, sich dann aber in das Tiefland der obern Oder und in das Neißetal verflachen. In der Längenachse erstreckt sich weiter nach NW. der Hunsrück, im Fichtlich 1128 m hoch, dann das Reichensteiner Gebirge mit dem Heidelberg (902 m) bis zu dem Warthaer Kapellenberg (584 m), wo das Durchbruchstal der Glatzer Neiße (280290 m) diesen Gebirgszug begrenzt. Von dem Knotenpunkt des Hunsrücks nach SW. zieht sich längs der böhmisch-schlesischen Grenze das Glatzer Schneegebirge, mit dem Großen oder Spieglitzer Schneeberg[181] (1422 m), dann von dem südlichen Ende der Grafschaft Glatz das Habelschwerdter Gebirge, mit dem Kohlberg (962 m), nach NW., und von diesem durch das Tal der Erlitz geschieden, laufen die Böhmischen Kämme oder das Adlergebirge, mit der Deschnayer Koppe (1114 m) und der Hohen Mense (1085 m), beinahe parallel. Östlich von letztgenannter Kuppe trennt ein tief einschneidender Paß die an ihrem Nordende durch die sumpfige Hochfläche der Seefelder (753 m) verbundenen Habelschwerdter Gebirge und Böhmischen Kämme, zusammen auch Erlitzgebirge genannt, von dem scharf begrenzten Plateau der Heuscheuer, auf dessen bewaldeter, 700 m hoher Fläche sich die Kuppe der Großen Heuscheuer (919 m) erhebt. Die nordwestliche Fortsetzung derselben ist das stark zerklüftete Adersbacher Gebirge. Von dem Durchbruch der Neiße bei Wartha aber gegen NW. erstreckt sich das Eulengebirge, mit der Hohen Eule (1014 m), bis an die Weistritz, und aus dem nördlichen Vorland desselben steigt der Zobten (718 m) empor. Westlich von der Weistritz breitet sich eine Berglandschaft aus, das Niederschlesische Steinkohlengebirge, das in einzelnen Teilen auch Waldenburger und Schweidnitzer Gebirge genannt wird, im Großen Wildberg 836, im Dürren Berg 928 m erreicht und im NW. in das längs des Bobers verlaufende Katzbachgebirge (Hohgolje [Hohe Kullge] 720, Kammerberg 724 m) übergeht. Der bedeutend niedergedrückte und verbreiterte Hauptkamm zieht sich nach W. im Überschar- oder Rabengebirge (Königshaner Spitzberg 879 m) bis an die Boberquelle fort. Dann folgen, von Süden nach N. sich aneinander reihend, das Rehorngebirge mit dem Quetschenstein (1001 m) und der Landeshuter Kamm mit den Friesensteinen (940 m), sämtlich mit breiten, abgerundeten Kuppen. Da, wo das Rehorngebirge und der Schmiedeberger Kamm (Tafelstein 1281 m, Forstberg 982 m) zusammentreffen, beginnt das Riesengebirge, das eigentliche Hochgebirge des Systems, mit der 1603 m hohen Schneekoppe, dem südlich parallel der Böhmische Kamm (Brunnberg 1555 m) zieht, und an das sich im NW. das Isergebirge mit dem Hinterberg (1126 m) und der Tafelfichte (1122 m) anschließt. Das Ende bildet das Lausitzer Gebirge, im Jeschken 1013, in der Lausche 792 m hoch. Von diesem, als dem letzten Gliede, treten einzelne Vorhöhen, darunter die Landeskrone (427 m) bei Görlitz, auf preußisches Gebiet über. Näheres s. die einzelnen Artikel.
Der geologische Aufbau der S. (s. beifolgende Karte) ist ziemlich verwickelt. Sie stellen eine in ihrem nördlichen Teil von NW. nach SO., in ihrem südlichen Teil von N. nach Süden gestreckte Kette dar. An die Granitplatte des Lausitzer Gebirges, die auf ihrer Ostseite zwischen Görlitz und Zittau vielfach von Eruptivgesteinen (Basalt und Phonolith) durchbrochen ist, schließt sich das ausgedehnte Granitmassiv des Iser- und des Riesengebirges (s. d.) an, dem sich sowohl nach N. als nach Süden und O. hin archäische Schiefer (Gneis, Glimmerschiefer etc.) in weiter Verbreitung anlegen. Jenseit der wesentlich von Karbon und Rotliegendem (auch etwas Devon) gebildeten Senke zwischen Landeshut und Trautenau beginnen die mittlern S. In ihnen herrschen am Nord- und Südrand, im Eulengebirge und im Adlergebirge, kristallinische Schiefer. Zwischen beiden Gebirgen liegt ein breites Senkungsfeld, dessen Rand im N. und W. (von Glatz über Waldenburg und Landeshut bis Trautenau und Nachod) von produktiver Steinkohlenformation und von Rotliegendem mit mächtigen Melaphyr- und Porphyrdecken gebildet wird und das in der Mitte, im Heuscheuergebirge, weit verbreitete Ablagerungen der Kreide und zumal Quadersandstein, oft mit eigentümlichen Verwitterungsformen (Adersbacher und Weckelsdorfer Steine), südwärts bis zum Westfuß des Glatzer Schneeberges sich erstreckend, enthält. Auch das Habelschwerdter Gebirge, das sich nordöstlich von dem Adlergebirge erhebt, von diesem durch einen Graben cenomaner Kreide getrennt, besteht ganz aus Gneis und Glimmerschiefer. Östlich von der Glatzer Bucht, an deren Aufbau sich außer Karbon und Rotliegendem auch noch silurische Ablagerungen beteiligen, fällt in die Fortsetzung des Eulengebirges das Reichensteiner Gebirge und das Altvatergebirge, beide aus Gneis, Glimmerschiefer, Granit und Serpentin gebildet, und nach Süden hin durch das Glatzer Schneegebirge mit dem kristallinischen Adlergebirge verbunden. Das plateauartig ausgebreitete archäische Gebirge stößt in der Richtung über Schönberg nach Brünn an die kristallinische böhmische Masse, ist aber von dieser durch den großen, durch einen Granit-Syenitzug und einen Saum von Rotliegendem ausgezeichneten Bruch von Brünn getrennt. Zugleich taucht weiter nach O. hin, in dem Mährisch-Schlesischen Gesenke, das kristallinische Gebirge in der Richtung von Zuckmantel nach Würbenthal unter devonische Ablagerungen und mit diesen unter den Culm und das Karbon des Troppau-Olmützer Beckens ein; letzteres verschwindet dann weiter östlich auf der durch die Linie Mährisch-Ostrau-Weißkirchen-Prerau bezeichneten Senke unter der Flyschzone der Karpathen. Sowohl nach NO. hin, gegen das schlesische Tiefland, als nach SW., gegen das nordböhmische Senkungsfeld, sind die S. ziemlich scharf begrenzt. Für den Südwestrand der S. sehr bezeichnend ist die große Bruchlinie, längs der von Brünn nordwärts über Landskron, Neustadt bis nach Zittau hin ein mehrfach unterbrochenes, zwischen Trautenau, Hohenelbe und Gitschin aber sehr verbreitertes Band von Rotliegendem sowie einzelne beschränkte Vorkommnisse von Jura, unter Granit und auf überkippten Schichten mittlerer und oberer Kreide gelagert, nachgewiesen worden sind. Diese Lagerungsverhältnisse sprechen für ein der böhmischen Masse gegenüber erst spät zur Ruhe gelangtes Gebiet, also für ein ziemlich junges Alter des Gebirges. In der Eiszeit drangen die nordischen Eismassen bis an den Nordrand der S. vor und bewirkten auch hier noch den Absatz von nordischen Geschieben; auch der höhere Teil der S. (s. Riesengebirge, S. 926) trug damals Gletscher. Vgl. Literatur zum Artikel »Riesengebirge«; Fox, Die Pässe der S. (Stuttg. 1900); Winkler, Sudetenflora (Dresd. 1900); Engelmann, Aus den mährisch-schlesischen S. (Olmütz 1904); Herrich, Spezialkarte der schlesischen Gebirge etc., 1:150,000 (2 Blatt, Glogau 1904); »Spezialkarte der mährisch-schlesischen S.«, 1:75,000 (Wien 1904).
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