Abälard

[11] Abälard, Peter, geb. 1079 in Palais (Palets) in der Bretagne (daher sein Zuname Palatinus), studirte in Paris bei Wilh. v. Champeaux Philosophie u. gerieth mit demselben in Streit, da er gegen dessen Realismus den Nominalismus Roscellins vertheidigte. Von Paris ging er als Lehrer nach Laon; nach Paris zurückgekehrt fand er in seinen theolog. Vorlesungen sehr viel Zuhörer, wodurch zum Theil der Grund zur dasigen Universität gelegt wurde. Unter seinen Schülern war Heloise, die Nichte des Abts Fulbert; er lebte mit ihr in vertrautem Verhältniß u. entführte sie, um sie vor ihrem Oheim zu sichern, in die Bretagne. Dort gebar Heloise einen Sohn (der jedoch bald wieder starb) u. vermählte sich nun, mit Fulberts Wissen, mit A., hielt aber die Ehe nach ihrer Rückkehr nach Paris geheim, um A. nicht in seiner kirchl. Laufbahn zu hindern. Als Heloise von Fulbert gemißhandelt wurde, entführte A. sie von Neuem, wurde aber von ihren Verwandten, auf [11] Fulberts Anstiften, entmannt u. floh in die Abtei St. Denis, von wo aus seine Schüler ihn auf seinen Lehrstuhl zurückzukehren nöthigten. Von den Scholastikern u. Mystikern der Ketzerei angeklagt, wurde 1121 auf der Synode von Soissons seine Lehre über die Trinität verdammt, u. er floh in eine Einöde bei Nogent; seine Schüler folgten ihm, u. er gründete hier die Abtei Paraclet; 1126 als Abt nach St. Gildes de Ruys in der Bretagne berufen, überließ er jene der durch den Abt von St. Denis, Suger, aus ihrem Kloster zu Argenteuil vertriebenen Heloise. Er wurde aufs Neue der Ketzerei angeklagt. Bernhard von Clairvaux stand an der Spitze seiner Gegner, u. auf der Synode zu Sens 1140 wurde er verurtheilt; er appellirte an Papst Innocenz II., aber von diesem auf Bernhards Bericht zu ewiger Klosterhaft verurtheilt, widerrief er die ihm aufgebürdeten Ketzereien in der Trinitäts- u. Erlösungslehre, u. der Abt Peter v. Clugny gab ihm eine Freistätte im Kloster St. Marcel bei Chalons sur Saone, wo er 1142 starb. Er wurde neben Heloise, welche 20 Jahre später starb, in Paraclet begraben. Sein Grabmal u. seine u. Heloisens Asche ward 1808 von da nach dem Museum histor. Denkmäler zu Paris versetzt, aber 1817 in eine besondere Capelle zu Monamy u. 1828 in ein besonderes Grabmal auf dem Kirchhofe des Pére la Chaise gebracht. Seine als Ketzerei verdammte Lehre war: Gott der Vater habe die völlige Gewalt, der Sohn nur einige, der h. Geist keine; der h. Geist sei nicht aus dem Wesen des Vaters u. Sohnes, er sei die Seele der Welt; Christus habe nicht darum das Fleisch angenommen, um die Menschen zu erlösen, denn das habe Gott durch einen unbedingten Befehl bewerkstelligen können; Gott könne u. dürfe das Böse nicht verhindern; der Mensch könne aus eigener Kraft gut handeln; keine Begierde an sich sei sündhaft, weil jede in der Natur des Menschen liege etc. Schr.: Theologia christiana; Scito te ipsum; Sic et non (herausg. von Hanke u. Lindenkohl, Marb. 1851), latein. Lieder, Sermone, Commentar zum Brief Pauli an die Römer u. a.; Werke herausg. von Du Chesne, 1616, Martene, Cousin 1849; neu aufgefundene Werke herausgeg. von Cousin u. Rheinwald 1831 u. 1836; Goldhorn, De summis principiis theologiae Abelardeae, Lpz. 1838. Ueber ihn: Berington, History of A. and Heloise, Lond. 1787 (deutsch v. Hahnemann, Lpz. 1789); Gervaise, Vie de P. A. et Héloise. Par. 1720; Feßler, A. u. Heloise, Berl. 1806; Schlosser, A. u. Dulcin, Gotha 1807; Guizot, Par. 1839, Feuerbach, Lpz. 1844; Carrière, Gieß. 1844; Remusat, 1845; Jacobi, Berl. 1650.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 11-12.
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