Allegorie

[331] Allegorie (v. gr.), 1) die Andeutung einer Sache mittelst einer andern ihr ähnlichen. 2) (Ästh.), Figur, gehört zu den Tropen u. ist eine fortgesetzte Metapher, macht eine Reihe von Begriffen anschaulich, einen Gegenstand mit mehreren seiner Eigenschaften u. Wirkungen in einem fortgeführten Bilde ausmalend, erfordert also auch in den Nebenzügen eine ausgeführte Ähnlichkeit der beiden Hauptbegriffe; z.B.: die Dichtkunst war zu Rom eine ausländische Blume, ist Metapher; A.: die römische Dichtkunst ward aus griechischem Samen in den Garten eines Kaisers verpflanzt, wo sie als schöne Blume dastand u. blühte. Oder wie in der Horazischen Ode (I. 14), wo die Metapher: das Schiff des Staates, mit Übergehung des Urbildes (Staat) durch Ausführung u. Benutzung allegorischer Nebenbilder (der Hafen als Friede, das stürmisch tobende Meer als Bürgerkrieg) zu einem poetischen Ganzen erhoben ist. In der personificirenden A. werden Begriffe, Vernunftideen, überhaupt Gegenstände der geistigen u. übersinnlichen Welt in der Einbildungskraft zu Wesen umgeschaffen, wie sie in der Sinnenwelt vorkommen, z.B. Weisheit, Schönheit, Freiheit, Andacht etc. in Gestalt selbständiger Wesen. Besonders werden in den bildenden Künsten allegorische Personen angewendet, wo eine Idee, eine Beschäftigung etc., durch gewisse, derselben beigegebene, der Natur entlehnte, auf das Wesen selbst sich beziehende Nebendinge (Attribute) anschaulich dargestellt wird; z.B. die Jagd durch eine Jungfrau mit aufgeschürztem Gewand, Bogen, Köcher, Wurfspieß, Hunde. Auch gibt es A-n, als zusammengesetzte, ein Ganzes bildende Kunstwerke (z.B. historisch-allegorische Gemälde), wo das Interesse der einzelnen allegorischen Figuren dem Gesammteindrücke weicht, z.B. Eros u. Anteros (Gemälde von Hartmann in Dresden), das Leben des Menschen bis zum Mannesalter darstellend, das aus Liebe (Harmonie, als Leier) entspringt, dann durch Streben u. Ringen (Ausübung der Kunst u. Wissenschaft, in vielen einzelnen allegorischen Darstellungen) zu einem bestimmteren Wirkungskreise gelangt u. endlich wieder zur Liebe (Harmonie, als Umarmung, Häuslichkeit) zurückkehrt. Mimische A-n sind Aufführung allegorischer Personen im Ballet (s.d.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 331.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: