Amŭlet

[441] Amŭlet (gr. Phylakterion, lat. Praebium, Amuletum, arab. Talisman), leerer od. mit Charakteren, Formeln etc. bezeichneter Körper (Kräuter, Korallen, Steine etc.), welchen die Alten zur Verwahrung gegen Krankheiten, Bezauberungen, Beschreien (dann Abaskanton) am Halse, als Armband od. Fingerring trugen. Die Ägyptier bedienten sich dazu der Scarabäen (vgl. Abraxas); die Juden trugen Pergamentstreifen bei sich, worauf die 10 Gebote geschrieben standen, denen man die Kraft zuschrieb, alle Übel abzuwenden u. bes. die Wirkung böser Geister von sich abzuwehren; die Chaldäer trugen kleine, mit Keilschrift beschriebene Zylinder an einer durchgezogenen Schnur am Halse; auch bei den Christen waren sie früher gewöhnlich, wurden aber seit dem Concil zu Laodicea bis auf Karl den Gr. herab zu verschiedenen Malen verboten. Sehr gewöhnlich waren A-e mit den Buchstaben ΙΧΘΥΣ (Anfangsbuchstaben der Worte Ιησοῠς Χριςὸς, Θεοῠ Υιὸς. Σωτήρ [Jesus Christus, Gottes Sohn, Heiland]) bezeichnet. Als A-e gebrauchte Münzen u. Schaustücke (Amuletmünzen) galten Ablaß-, Benedicts-, Fraischbeins- od. Jesus-, Peters-, Sebastianspfennige, mansfeldische, ungarische Georgenthaler, Johannisgroschen, Lödgerthaler, Rabenducaten u. a. Im Orient sind die Talismane noch jetzt im gewöhnlichen Gebrauch. Mit Koranstellen beschriebene A-e nennen die Neger Grisgris. Die A-e galten früher u. auch bei Manchen noch jetzt in gewissen Fällen als wirkliche Arzneimittel, die auch thierisch magnetisch wirken sollten, s. Thierischer Magnetismus. Daher Amuletologie, Lehre von den Amuleten u. ihrer vermeintlichen Kraft.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 441.
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