Anisotropes Mittel

[514] Anisotropes Mittel (Heterotropes Mittel, Optik), ist ein Körper, von welchem zur Erklärung der optischen Erscheinungen anzunehmen ist, daß der Lichtäther in ihm nicht nach allen Richtungen hin gleich constituirt sei. Diese Vorstellung gründet sich zugleich auf die Wahrnehmung, daß solche Körper auch hinsichtlich anderer physikalischer Eigenschaften nach verschiedenen Richtungen verschiedener Beschaffenheit sind. Während nämlich einige Körper, wie z.B. Luft, Wasser, Glas, überhaupt die amorphen Körper, nach allen Richtungen gleiche Cohäsion, gleiche Elasticität, gleiches Leitungsvermögen für Elektricität u. Wärme, u. damit auch gleiche Durchsichtigkeit, gleiches Brechungsvermögen besitzen, u. deshalb isotrop heißen, so gibt es im Gegensatz dazu Körper, welche nach gewissen Richtungen am leichtesten spaltbar sind, die Elektricität u. Wärme am besten leiten, auch äußerlich von regelmäßigen, mit jenen Richtungen in genau mathematischem Zusammenhang stehenden Flächen begrenzt sind u. zugleich nach diesen Richtungen verschiedenes optisches Verhalten zeigen; dies sind die Crystalle, von denen man daher annimmt, daß die Äthertheilchen innerhalb derselben auf besondere, der Richtung der krystallographischen Axen entsprechende Weise angeordnet seien. Unter den Krystallen zeichnen sich die dem ersten, regelmäßigen Krystallsystem angehörigen durch gleiche Länge der drei rechtwinkelig auf einander stehenden Axen aus; bei ihnen ist in Übereinstimmung hiermit auch ein gleicher Bau des Äthers nach diesen drei Hauptrichtungen anzunehmen, so daß sie sich in den Resultaten der optischen Erscheinungen nicht von den isotropischen Mitteln unterscheiden. Dagegen folgen aus dem Anisotropismus der Krystalle die übrigen Systeme, die Erscheinungen der Doppelbrechung u. der Farben solcher Krystallplatten im polarisirten Licht.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 514.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: