Censor

[801] Censor (lat.), 1) eigentlich Beurtheiler, Schätzer, Taxirer; 2) (röm. Ant.), in Rom waren die Censoren eine der höchsten Staatsbehörden (Magistratus majores), welche die Staatsfinanzen u. das Sittenrichteramt verwalteten; sie wurden früher nur aus Patriciern gewählt u. hatten alle Auszeichnungen der Consuln, ausgenommen die Fasces. Ihre amtliche Wirksamkeit war: a) das Halten des Census, d.h. der Zählung u. Schätzung des Vermögens der Bürger, s.u. Census 1); b) das Sittenrichteramt; vor ihr Forum gehörten Vergehen, welche von den ordentlichen Gerichten nicht geahndet wurden, wie ungegründete Ehelosigkeit, schlechte Kinderzucht, Härte gegen Sklaven, liederlicher Haushalt, unordentlicher Lebenswandel, Impietät, Meineid, unwürdiges Betragen gegen Magistratspersonen etc. Die Strafen, welche sie verhängten (C. nota, C. animad. ersio), bestanden in Ehrenstrafen; Senatoren stießen sie aus, mit Angabe der Gründe (Censoria subscriptio), Rittern nahmen sie das Pferd, andere Bürger versetzten sie aus den Tribus rusticae in die minder geachteten Tr. urbanae od. gehörten. Sie hatten in dieser Beziehung auch die Befugniß, zur Erhaltung der altrömischen Sitten Verbote gegen Luxus u. allerhand das Römerthum gefährdende Neuerungen zu erlassen (Censoria edicta) c) ihre finanzielle Thätigkeit bestand in der Verpachtung der öffentlichen Grundstücke, Nutzungen u. Gefälle (Vectigalia), z.B. der Zölle, Bergwerke etc. an die Publicani (s.d.); in der Aufsicht über die Neubauten u. Erhaltung öffentlicher Bauten u. Anlagen (Opera publica). wie der Tempel, Landstraßen, Brücken, Wasserleitungen etc., welche sie dem Mindestfordernden übertrugen; endlich in der Veraccordirung der Herstellung u. Lieferung von Militärgegenständen u. deren Transport. Die Register u. Rechnungen der C-en hießen Censorum taonlae (Censorĭae tabulae). Das Censoramt (Censura, Census), früher durch die Consuln mit verwaltet, wurde seit 443 v. Chr. eine besondere Magistratur aus 2 Patriciern bestehend. Ihr Amt dauerte Anfangs 5 Jahre, seit 334 v. Chr. durch die Aemilia lex nur 18 Monate (Censura annua et semestris). Von 352 v. Chr. an konnten auch Plebejer zu diesem Amte gelangen, u. 340 v. Chr. setzte der Dictator Q. Publius Philo das Gesetz durch, daß jedesmal ein Plebejer mit C. sein solle, auch beide Plebejer sein könnten. Niemand konnte, nach der Marcia lex. zwei Mal C. werden, u. starb ein C. während seines Amtes, so ward dasselbe bis zur nächsten Wahl nicht wieder besetzt, u. der andere C. mußte auch abdanken. Julius Cäsar verband die Censur als Praefectura morum mit der immerwährenden Dictatur, u. seit Augustus wurde sie mit der Macht des Kaisers verschmolzen; der Kaiser Decius versuchte vergebens sie wieder einzuführen. Vgl. Rovers, De censoribus apud Romanos, Utr. 1825; 3) Bücher-C., s.u. Censur.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 801.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika